Politik

Merkel will Überwachung des Internets in Deutschland beschleunigen

Bundeskanzlerin Merkel hat angekündigt, die Überwachung des Internets wegen der Sicherheitslage in Deutschland beschleunigt vorantreiben zu wollen. Die vom Kanzleramt herausgegebene Pressemitteilung im Wortlaut.
28.07.2016 15:16
Lesezeit: 2 min

Freiheit und Sicherheit in Gleichklang bringen

Bundeskanzlerin Merkel sieht Deutschland und Europa angesichts des Terrors vor einer großen Bewährungsprobe. Man werde alles tun, um die barbarischen Taten aufzuklären. Es gelte, "Freiheit und Sicherheit ins Gleichgewicht zu bringen".

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Anschläge von Würzburg und Ansbach als "islamistischen Terror" verurteilt. Diese Anschläge seien erschütternd, bedrückend und auch deprimierend, sagte die Kanzlerin zu Beginn ihrer Sommerpressekonferenz in Berlin. "Es werden zivilisatorische Tabus gebrochen. Die Taten geschehen an Orten, wo jeder von uns sein könnte."

"Den Opfern und ihren Angehörigen schuldig"

Zugleich sicherte Merkel zu, dass die Behörden alles tun würden, um die Taten aufzuklären. "Das sind wir den Opfern und ihren Angehörigen schuldig, unserer Sicherheit und auch den Flüchtlingen, die bei uns Schutz suchen." Die Anschläge in Würzburg und Ansbach seien von zwei Menschen, die als Flüchtlinge kamen, verübt worden - sowas "verhöhnt das Land, das sie aufgenommen hat". Es verhöhne zugleich die Helfer und Ehrenamtlichen und auch "die vielen anderen Flüchtlinge, die Hilfe vor Krieg und Gewalt bei uns suchen".

Die Attentate stellten unser Verhältnis von Freiheit und Sicherheit auf die Probe. Die Täter säten "Hass und Angst zwischen Kulturen und in unserer Gesellschaft". Merkel erinnerte daran, dass bereits viele Maßnahmen ergriffen worden seien. Als Beispiele nannte sie den Passentzug bei Gefährdern, die verbesserte Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern, die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung, die Beendigung des sorglosen Umgangs mit Prepaid-Handys und die Erhöhung der Zahl der Stellen der Sicherheitsbehörden. Das oberste Gebot sei, dort zu handeln, wo Lücken bestünden. "Wir tun alles, um die Sicherheit in unserem freiheitlichen Rechtsstaat zu garantieren", sagte die Kanzlerin.

Deutschland bleibt Prinzipien treu

Merkel bekräftigte, dass Deutschland als starkes Land sich dieser Herausforderung stelle und dabei bei seinen Grundsätzen bleibe: Politisch Verfolgte erhielten Asyl und Menschen, die vor Krieg flüchteten, Schutz nach der Genfer Menschenrechtskonvention.

Sie habe vor einem Jahr gesagt: "Wir schaffen das." Sie habe nicht gesagt, dass es eine leichte Aufgabe werden würden, so Merkel. Auch heute sei sie überzeugt, dass Deutschland diese nationalen Aufgabe bewältigen könne. Deutschland helfe Menschen in Not, müsse zugleich auch den Terror bekämpfen, den Bürgern Sicherheit geben und die Integrationsmaßnahmen vorantreiben. Es gehe darum, Freiheit und Sicherheit in eine Balance zu bringen, damit "wir unsere Art zu leben, weiterleben können". Deshalb müsse der Staat seiner Aufgabe gerecht werden, das weitest mögliche Vertrauen wieder herzustellen. "Daran arbeiten wir", so Merkel.

Neun-Punkte-Plan

Merkel skizzierte als Reaktion auf die jüngsten Anschläge in Deutschland einen Neun-Punkte-Plan für mehr Sicherheit. Dazu zählen unter anderem eine Senkung der Hürden für die Abschiebung von Asylbewerbern, ein "Frühwarnsystem" für Radikalisierungen bei Flüchtlingen und gemeinsame Übungen von Polizei und Bundeswehr sowie der beschleunigte Aufbau einer Zentralen Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (Zitis) zur Entschlüsselung der Internetkommunikation. Immer dort, wo es Lücken gebe, müsse gehandelt werden, so die Kanzlerin.

Bewährungsprobe für Europa

Deutschland und Europa stünden vor einer historischen Bewährungsprobe. Es habe noch nie so viele Flüchtlinge wie nach dem 2. Weltkrieg gegeben. Sie sei auch enttäuscht über die mangelnde Bereitschaft einiger in der Europäischen Union, hier mitzutun. Die EU-interne Verteilung der Flüchtlinge zum Beispiel aus Griechenland müsse schneller gehen.

Durch den Druck der Flüchtlingskrise seien aber auch positive Entwicklungen möglich geworden. Als Beispiele nannte sie den gemeinsamen Europäischen Grenz- und Küstenschutz, die EU-Türkei-Vereinbarung und die Entwicklung von Migrationspartnerschaften mit afrikanischen Partnerländern. Es bleibe viel Arbeit in Europa zu tun.

Türkei: Rechtsstaatlichkeit wahren

Die Bundeskanzlerin forderte die türkische Führung auf, bei der Verfolgung mutmaßlicher Putschisten die Rechtsstaatlichkeit zu wahren. Es sei selbstverständlich, in einer solchen Situation wie in der Türkei "mit allen Mitteln des Rechtsstaats" gegen die Putschisten vorzugehen. Aber in einem Rechtsstaat müsse immer unbedingt das "Prinzip der Verhältnismäßigkeit" gewahrt werden.

Türkei: Rechtsstaatlichkeit wahren

Merkel äußerte die Sorge, dass in der Türkei nach dem gescheiterten Putsch sehr hart vorgegangen werde. Für Deutschland sei es angesichts der drei Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln "sehr wichtig", dass die Verhältnismäßigkeit in der Türkei gewahrt bleibe.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...