Politik

TV-Duell in Frankreich: Statt Lösungen ein Streit über Hitler und Stalin

Das Fernsehduell der beiden französischen Präsidentschaftskandidaten zeigte: Trotz Rhetorik und Pathos wird keiner der beiden Kandidaten den Abwärts-Trend in Europa stoppen. Hollande ist zu unerfahren, Sarkozy fehlt der Mut. Keiner der Kandidaten hat das Format, das man sich von Frankreich eigentlich erwarten würde.
02.05.2012 23:55
Lesezeit: 1 min

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Das französische TV-Duell zeigte Nicolas Sarkozy überraschend als den Angreifer – obwohl er eigentlich der Präsident ist. Francois Hollande wirkte dagegen so präsidial, als hätte er stundenlang vor dem Spiegel geübt. In der Disziplin Dynamik: 1:0 für Sarkozy.

Beide betonten, dass sie Präsident aller Franzosen sein wollten. Hollande nimmt das eher ab, von Sarkozy weiß man, dass er vor allem Präsident für Carla Bruni sein will: 1:1

Der Griff in die Kiste der historischen Schmähungen durfte nicht fehlen: Sarkozy empört sich darüber, dass ihn die Sozialisten mit Hitler verglichen; Hollande konterte, dass die Konservativen ihn mit Stalin verglichen – 2:2.

Beim Thema Arbeitsplätze verspricht Hollande 60.000 neue Stellen für Lehrer. Sarkozy sagt, lieber weniger Lehrer und die besser bezahlen – ein Argument, dass kein Mensch versteht: 2:3 für Hollande.

Hollande wirft Sarkozy vor, das Land mit 600 Millionen Euro Defizit zu belasten. Sarkozy kontert, es seien nur 500 Millionen – und spottet über Hollande, weil er sich um 100 Millionen verrechnet hat. Keine Punkte an dieser Stelle – das Verrechnen ist peinlich, aber 500 Millionen Euro sind schlimm genug.

In der Europa-Frage präsentiert sich Sarkozy als der Weltmann: Er habe bisher jeden EU-Gipfel miterlebt, Hollande noch keinen – angesichts der mageren Ergebnisse für Frankreich ein klassisches Eigentor – 2:4 für Hollande.

In Sachen Europa kann Hollande indessen nicht verbergen, dass er mit seinen Wachstums-Drohungen nur geblufft hat. Auch wenn er seine Anti-Merkel Thesen – allerdings sanft – wiederholt: Man merkt, dass Hollande nach der Wahl das tun wird, was ihm Brüssel und die schlechten wirtschaftlichen Zahlen vorschreiben: Er wird noch mehr sparen müssen als Sarkozy – Punkt für den Präsidenten, 3:4.

Streitthema Atomkraft: Hollande kündigt an, ein Werk schließen zu wollen, aber alle Arbeitsplätze zu erhalten – ein konfuser Vorschlag: Denn weder sieht so ein Atomausstieg aus, und die Erhaltung von Arbeitsplätzen durch den Staat ist die Todsünde, die Europa dorthin gebracht hat, wo es sich heute befindet: Punkt für Sarkozy – 4:4.

Fazit: Hollande ist sympathisch, aber ein Ideologe. Sarkozy ist schlagfertig, aber charakterlos. Keiner der beiden ist eine visionäre Führerfigur für Frankreich mitten in der Krise. Die Grande Nation wird in den kommenden fünf Jahren viel leiden müssen.

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