Finanzen

Libor-Skandal: Ex-Mitarbeitern der Deutschen Bank droht Verhaftung

Lesezeit: 2 min
23.07.2012 00:39
Im Libor-Manipulationsskandal bereiten die Behörden erste Verhaftungen vor. Auch zwei ehemalige Mitarbeiter der Deutschen Bank stehen offenbar ganz oben auf der Liste. Unterdessen versucht der Britische Bankenverband seine Haut zu retten - und verändert still und leise einen Text, der den Lobbyisten unangenehm hätten werden können.
Libor-Skandal: Ex-Mitarbeitern der Deutschen Bank droht Verhaftung

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Untersuchungsbehörden im Londoner Manipulations-Skandal um die Libor-Festsetzung haben den Anwälten einiger verdächtiger Trader mitgeteilt, dass es in den nächsten Wochen zu den ersten Verhaftungen kommen solle. Diese Praxis ist nicht ungewöhnlich: Auf diesem Wege versuchen die Behörden, die verdächtigen Trader zur Zusammenarbeit zu bewegen - was unter Umständen strafmildernd wirken kann. Informationen der Nachrichtenagentur Reuters zufolge sollen sich unter den Verdächtigen, die eine erste Verhaftung treffen könnte, auch zwei ehemaliger Mitarbeiter der Deutschen Bank befinden. Die Deutsche Bank wollte dazu keine Stellungnahme abgeben. Der neue Chef der Deutschen Bank, Anshu Jain, war viele Jahre Chef des Investment-Bankings in London gewesen. Auch gegen die Deutsche Bank laufen, wie gegen mehrere internationale Großbanken, Ermittlungen wegen der Manipulationen. Zuletzt war der Chef von Barclay's, Bob Diamond, wegen des Skandals zurückgetreten. Er hatte zunächst versucht, die Schuld einigen Tradern in die Schuhe zu schieben und hatte gesagt, er wisse von nichts. Schließlich machte er zu seinem Rücktritt ein Memo öffentlich, aus dem hervorgeht, dass es eine politische Intervention gegeben habe soll, die von der Bank of England an Diamond gerichtet worden sei (hier).

Für die Ermittlungsbehörden wäre die Zusammenarbeit mit einzelnen Tradern von großem Wert. Denn normalerweise werden bei Vorfällen dieser Dimension gerne ein paar Sündenböcke aus den unteren Chargen als die alleinigen Schuldigen benannt. Systemische Mängel werden so nicht offengelegt. Die Deutsche Bank strebt den Status eines Kronzeugen in dem Verfahren an. Zwar gehen Kenner der Materie in der Deutschen Bank nach Informationen der Deutschen Wirtschafts Nachrichten davon aus, dass der Nachweis eines konkreten Schadens durch die Manipulationen nur sehr schwer rechtsfest zu erbringen ist. Daher herrscht im Hinblick auf die zivilrechtlichen Verfahren, die gegen die Deutsche Bank in den USA laufen, eine gewisse Gelassenheit in der Bank. Allerdings ist man sich offenkundig bewußt, dass der Skandal nicht nur zu erheblichen Strafzahlungen, sondern vor allem zu einem großen Vertrauensverlust der Deutschen Bank führen kann. Daher ist die Bank um eine möglichst weitgehende Kooperation mit den Behörden bemüht.

Die zwei verdächtigen Mitarbeiter arbeiten schon seit längerem nicht mehr für die Deutsche Bank. Eine der beiden könnte jedoch als Angestellter einer Schweizer Schattenbank auch nach seinem Ausscheiden aus der Deutschen Bank Gebrauch von seinem Insider-Wissen im Libor-Business gemacht haben (mehr dazu hier). Anders als die Deutsche Bank oder Barclays operieren die Schattenbanken jedoch gänzlich unter dem Radar der Regulierer - was die Wahrheitsfindung für die Ermittler doch sehr erschweren dürfte.

Zumal andere Beteiligte alles tun, um angesichts einer bevorstehenden strafrechtlichen Verfolgung ihre Haut zu retten. Die hat der Britische Bankenverband (BBA) - also die zentrale Banken-Lobbyvereinigung - einem Bericht des Finanzblogs Zerohedge zufolge, still und leise seine offiziellen Texte zur Verantwortlichkeit bei der Libor-Erstellung verändert. Nun stellt die BBA den Wokflow so dar, als wären die Berichte der Banken mehr oder weniger direkt an Thompson Reuters übermittelt worden - ohne direkte Verantworlichkeit der BBA. In der alten Fassung, die noch bis vor wenigen Tagen offiziell publiziert wurde, stand dagegen, dass das Reporting an die BBA zu erfolgen habe (mehr dazu hier bei ZH).


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifrunde der Chemieindustrie: Gewerkschaft fordert mehr Lohn
26.04.2024

Im Tarifstreit in Ostdeutschlands Chemieindustrie fordert die Gewerkschaft IG BCE eine Lohnerhöhung von 7 Prozent. Arbeitgeber warnen vor...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...