Deutschland

EZB-Chef Draghi bereitet Deutschland aufs Gelddrucken vor

In einem Zeitungsbeitrag erklärt Mario Draghi ausführlich, warum die EZB jetzt „außergewöhnliche Maßnahmen“ ergreifen wird. Der Artikel ist eine Rechtfertigung gegenüber den Deutschen, weil Draghi weiß, dass es am Ende um die Ersparnisse der Deutschen gehen wird. Die Tatsache, dass sich Draghi direkt an das deutsche Volk wendet, ist auch ein Affront gegen Bundebank-Präsident Weidmann.
29.08.2012 16:15
Lesezeit: 2 min

In einem Artikel für die „Zeit“ hat sich EZB-Chef Mario Draghi ausführlich zu den geplanten Maßnahmen der EZB geäußert. Die Europäische Zentralbank wird ja, auch gegen den Widerstand von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, demnächst mit der großen Geldschwemme beginnen und, wie von den südeuropäischen Staaten gefordert, Staatsanleihen im großen Stil aufkaufen. Draghi betont zwar, dass die EZB die Inflation weiter niedrig halten wolle. Aber: „Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass die Treue zu unserem Mandat es gelegentlich verlangt, über die üblichen geldpolitischen Maßnahmen hinauszugehen. Wenn an Kapitalmärkten Angst und Irrationalität vorherrscht, wenn sich der gemeinsame Finanzmarkt wieder entlang der Ländergrenzen aufspaltet, dann erreicht das geldpolitische Signal der EZB nicht alle Bürger der Euro- Zone gleichermaßen. Diesen Störungen müssen wir begegnen. Nur so können wir eine gemeinsame Geldpolitik, und schlussendlich auch Preisstabilität für alle in der Euro-Zone gewährleisten. Dies kann hin und wieder außergewöhnliche Maßnahmen erfordern. Diese, wenn nötig, zu ergreifen ist unsere Verantwortung als Zentralbank für die Euro-Zone als Ganzes.“

Draghis Beitrag (ganzer Text - hier) ist ein klassischer „sowohl-als auch“ Text, in dem der ehemalige Goldman Sachs Banker zeigt, dass er es bei der Anhäufung von Allgemeinplätzen durchaus mit den europäischen Berufspolitikern aufnehmen kann. Allerdings verstrickt sich Draghi dabei auch in erheblich Widersprüche: Draghi fordert eine enge wirtschaftliche Union, aber keine Vereinigten Staaten von Europa. Er will nicht die Wirtschaftspolitik in Brüssel zentralisieren, aber eine zentrale Steuerung der Wirtschaftspolitik in Brüssel. Er findet den Nationalstaat gar nicht verkehrt, will jedoch, dass es kein nationales Haushaltsrecht mehr geben soll.

Der Hauptzweck ist des Beitrags ist jedoch, dass Draghi sich, an Bundesbank-Präsident Jens Weidmann vorbei, gewissermaßen direkt an das deutsche Volk wendet - ein sehr ungewöhnlicher Vorgang, den man mit einigem Recht als Affront bezeichnen kann. Draghi wählt für sein programmatisches Statement das altehrwürdige Medium „Zeit“, weil er hier hofft, besonders autoritativ rüberzukommen und die ältere Generation in Deutschland zu erreichen, um deren

Sparbücher natürlich geht.

Draghi weiß nämlich genau, dass es in Deutschland eine große Abneigung gegen das weitere unbegrenzte Gelddrucken und gegen die europäische Schuldenunion gibt - und dass Bundesbank-Chef Weidmann hier keine unbedeutende Einzelmeinung vertritt, sondern ausspricht, was sich viele Deutsche denken. Draghi ist sich darüber im Klaren, dass es im Falle einer Inflation vor allem um die Ersparnisse der Deutschen gehen wird. Diese sind das letzte große Reservoir einer globalen Schuldenpolitik, das angezapft werden kann, um das System noch eine Weile am Leben zu erhalten („to kick the can down the road“). Draghi weiß auch, dass der zweite Vertreter in der EZB, Jörg Asmussen, seinem Kurs der Inflationierung der Schulden bereits zugestimmt hat.

Dass der EZB-Chef jedoch den Deutschen die Politik der Zentralbank direkt erklären muss, weil der wichtigste deutsche Vertreter in den entscheidenden Punkten komplett anderer Meinung ist, zeigt, dass verfahren die Lage bei der EZB ist. Sie ist offenkundig so tief gespalten, dass sie Entscheidungen nicht mehr nach sorgfältiger Beratung, sondern nur noch im Parforce-Ritt treffen kann.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Daimler Truck-Aktie trotz Prognosesenkung an DAX-Spitze: Lkw-Bauer wehrt sich erfolgreich gegen US-Zölle
14.05.2025

Die Daimler Truck-Aktie trotzt schlechten Nachrichten, überrascht Anleger – doch bleibt der Aufwärtstrend stabil? Zwischen US-Zöllen,...

DWN
Politik
Politik Trumps Arznei-Schock: USA wollen Europas Medikamentenpreise diktieren
14.05.2025

US-Präsident Donald Trump kündigt einen Preissturz bei Arzneimitteln um bis zu 90 Prozent an – doch der Widerstand wächst, auch aus...

DWN
Politik
Politik Regierungserklärung: Merz ruft zum gemeinsamen Aufbruch auf – "Der Staat, das sind wir alle"
14.05.2025

Die erste Merz-Regierungserklärung verspricht klare Antworten auf große Herausforderungen. Doch wie viel Wandel steckt wirklich hinter...

DWN
Politik
Politik Zollschock für Ukraine – EU will Agrarimporte drastisch begrenzen
14.05.2025

Ausgerechnet mitten im Krieg plant Brüssel drastische Zollgrenzen für ukrainische Agrarprodukte – ein Signal der Schwäche, das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Preisdruck lässt nach: Inflation schwächt sich im April auf 2,1 Prozent ab
14.05.2025

Die Inflation in Deutschland hat im zweiten Monat nacheinander an Dynamik verloren. Dahinter steckt vor allem ein Faktor. Im Alltag fällt...

DWN
Finanzen
Finanzen Schenkung statt Erbe: Steuern sparen durch die Nutzung der Freibeträge
14.05.2025

Nicht erst beim Erbe kann man Vermögen innerhalb der Familie übertragen. Oft ist es sinnvoll, bereits Vermögenswerte zu Lebzeiten an...

DWN
Finanzen
Finanzen Tui-Aktie verliert deutlich nach Quartalszahlen - wie geht's weiter beim Reisekonzern?
14.05.2025

Die Tui-Aktie ist nach Veröffentlichung der Zahlen für das zweite Geschäftsquartal deutlich unter Druck geraten. Am Mittwochmorgen...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Unklare Details vor Friedensgesprächen in Istanbul
14.05.2025

Kurz vor dem geplanten Dialog zur Lösung des Ukraine-Kriegs bleibt unklar, in welchem Rahmen die Friedensgespräche in Istanbul...