Deutschland

Uni Düsseldorf erkennt Annette Schavan den Doktortitel ab

Die Heinrich Heine-Universität Düsseldorf ist mit 12 zu 2 Stimmen zu der Auffassung gelangt, dass Bundesbildungsministerin Annette Schavan bei ihrer Doktorarbeit vorsätzlich und umfangreich plagiiert habe. Daher wurde ihr der Doktor-Titel aberkannt. Die Ministerin will dagegen klagen. Politisch haltbar ist sie eigentlich nicht mehr.
05.02.2013 21:57
Lesezeit: 3 min

Das eindeutige Votum der Uni Düsseldorf überrascht: Es war keine hauchdünne Entscheidung, mit der die Universität zu dem Schluss gekommen ist, dass Bundesbildungsministerin Annette Schavan ihren Doktor-Titel nicht mehr führen darf.

In der Sache kommt der Spruch nicht überraschend: Zu eindeutig ist der systematische geistige Diebstahl der Bildungsministerin (hier in einer Kurzfassung die billige Methode, die Schavan angewandt hatte).

Nun stellt sich die Frage nach den politischen Konsequenzen: Es kann nur einen Rücktritt geben. Denn wie jeder Manager, der sich etwas vorwerfen lassen muss, muss Schavan nun die Formulierung wählen: Damit ich mich voll auf meine Verteidigung konzentrieren kann, lege ich mein Amt nieder, natürlich ohne Schuldeingeständnis.

Es ist beschämend für ein Kulturland wie Deutschland, dass sich die Republik überhaupt mit einer Bildungsministerin herumschlagen muss, die intellektuell nicht redlich ist. Geistiger Diebstahl ist kein Kavaliersdelikt. Es muss in diesem Land doch mindestens einen Menschen geben, der sich seinen akademischen Werdegang nicht erschummelt hat und daher als Nachfolger für Frau Schavan schnell gefunden sein müsste.

Die Erklärung der Universität Düsseldorf im Wortlaut:

Aktuelle Sitzung des Fakultätsrats der Philosophischen Fakultät und Presseerklärung vom 05.02.2013

Von: J.K. / D.J.

05.02.2013 - Presseerklärung des Dekans der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Prof. Dr. B. Bleckmann, zur 236. Sitzung des Fakultätsrats der Philosophischen Fakultät vom 05.02.2013 (Sondersitzung):

"Ich möchte Sie über die heutige Sitzung des Fakultätsrates der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf informieren. Ich beginne mit einer Zusammenfassung der heute getroffenen Entscheidung und werde diese Entscheidung Ihnen danach ausführlich erläutern.

Der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat heute die Entscheidung getroffen, die schriftliche Promotionsleistung von Frau Schavan für ungültig zu erklären und ihr den Doktorgrad zu entziehen.

Ich erläutere nun im Einzelnen: Der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät hat in der heutigen Sitzung seine Beratungen zu den Plagiatsvorwürfen gegen Frau Prof. Dr. A. Schavan fortgeführt. Grundlagen der Beratungen waren der Vorbericht des Promotionsausschusses sowie die von der Betroffenen eingereichte Stellungnahme, zu der auch zwei von der Betroffenen beigefügte erziehungswissenschaftliche Stellungnahmen gehören. Dieses Material ist in den vergangenen zwei Wochen den Mitgliedern des Fakultätsrats zugänglich gewesen und wurde von ihnen eingehend geprüft. Der Fakultätsrat hat dieses Material für ausreichend gehalten, um seine Beratungen fortzuführen und heute zu einer Entscheidung zu gelangen. Die Frage, ob abweichend von vergleichbaren Plagiatsuntersuchungsverfahren an anderen Fakultäten und Universitäten, ein zusätzliches auswärtiges Gutachten notwendig ist, wurde vom Fakultätsrat verneint.

In den von der Betroffenen beigefügten Stellungnahmen wird eine Besonderheit erziehungswissenschaftlicher Promotionskultur in den frühen 80er Jahren angenommen, auf die sich auch die anwaltliche Vertretung von Frau Schavan beruft. Inwiefern dies aber Besonderheiten beim Zitieren begründet, konnte vom Fakultätsrat nicht nachvollzogen werden. Selbstkritisch konstatiert zwar die Fakultät, dass es in ihrer Geschichte immer wieder in einzelnen Bereichen oder bei einzelnen Personen Defizite in der Betreuung oder in der Prüfung von Dissertationen gegeben haben kann. Gleichwohl ist aber ohne Zweifel festzuhalten, dass die Zitierstandards der Erziehungswissenschaft zum Entstehungszeitpunkt der Arbeit die gleichen waren wie die in der übrigen philosophischen Fakultät. In einschlägigen Leitfäden und Handreichungen wurde deutlich gemacht, dass nicht gekennzeichnete wörtliche Übernahmen fremder Texte als Textplagiate zu werten sind und Sanktionen nach sich ziehen müssen, wenn sie entdeckt werden.

Von diesem Verständnis von Plagiaten als nichtgekennzeichnete und dadurch irreführende Übernahme fremder Texte konnte daher auch der Fakultätsrat bei der Beurteilung der schriftlichen Promotionsleistung von Frau Schavan ausgehen, ohne der Gefahr einer Rückprojektion heutiger Standards in die damalige Zeit zu erliegen. Der Fakultätsrat lehnt es ab, für diese spezielle Dissertation ein Plagiatsverständnis anzuwenden, das von der allgemeinen, auch Anfang der 1980er Jahre gültigen Meinung abweicht. Dies schien ihm auch vor dem Hintergrund einschlägiger Erfahrungen aus dem alltäglichen akademischen Prüfungsbetrieb nicht verantwortet werden zu können.

Der Fakultätsrat hat sich nach dieser grundsätzlichen Klärung in seinen Beratungen nach gründlicher Prüfung und Diskussion abschließend die Bewertung des Promotionsausschusses zu eigen gemacht, dass in der Dissertation von Frau Schavan in bedeutendem Umfang nicht gekennzeichnete wörtliche Übernahmen fremder Texte zu finden sind. Die Häufung und Konstruktion dieser wörtlichen Übernahmen, auch die Nichterwähnung von Literaturtiteln in Fußnoten oder sogar im Literaturverzeichnis ergeben der Überzeugung des Fakultätsrats nach das Gesamtbild, dass die damalige Doktorandin systematisch und vorsätzlich über die gesamte Dissertation verteilt gedankliche Leistungen vorgab, die sie in Wirklichkeit nicht selbst erbracht hatte. Die Entgegnungen von Frau Schavan konnten dieses Bild nicht entkräften. Daher hat der Fakultätsrat Tatbestand einer vorsätzlichen Täuschung durch Plagiat festgestellt. Diese Entscheidung wurde mit 13 Ja-Stimmen und 2 Enthaltungen gefällt.

Anschließend hat der Fakultätsrat alle Argumente gründlich gewürdigt, die zugunsten der Betroffenen anzuführen sind. Insbesondere gehören hierzu

der langen Zeitabstand, der seit der Anfertigung der Arbeit verstrichen ist,

sowie der Umstand, dass die Betroffene neben ihrer Promotion über keinen anderen Studienabschluss verfügt.

Auf der Gegenseite waren dagegen insbesondere festzuhalten,

die Qualität sowie der Umfang der festgestellten Plagiatsstellen und

das öffentliche Interesse am Schutz der Redlichkeit wissenschaftlichen Qualifikationserwerbs.

Unter pflichtgemäßer Ausübung seines durch Promotionsordnung eingeräumten Ermessens hat der Fakultätsrat mit 12 Ja-Stimmen zu 2 Nein-Stimmen und 1 Enthaltung in geheimer Abstimmung abschließend entschieden, die schriftliche Promotionsleistung von Frau Schavan für ungültig zu erklären und ihr den Doktorgrad zu entziehen.

In den folgenden Tagen werde ich als Dekan die Entscheidungsgründe des Fakultätsrats zusammenfassen und der Betroffenen zustellen lassen. Gegen diese Entscheidung kann innerhalb von vier Wochen Klage erhoben werden. Die Philosophische Fakultät ist bereit, in den nächsten Tagen und Wochen ihre Entscheidung transparent zu machen, sofern nicht Gründe des Persönlichkeitsschutzes der Betroffenen dagegen sprechen."

Univ.-Prof. Dr. Bruno Bleckmann

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