Politik

OLG Düsseldorf hebt Umlage auf: Höhere Stromkosten für Unternehmen

Das Obelandesgericht Düsseldorf hat die Befreiung von energie-intensiven Unternehmen von der Netzumlage aufgehöben. Auf diese Weise können die Stadtwerke ihre Einnahmen steigern.
06.03.2013 21:52
Lesezeit: 2 min

Die EU-Kommission will gegen Deutschland wegen staatliche Beihilfen wegen der Strompreis-Erleichterungen vorgehen (hier). Das OLG Düsseldorf hat die Vergünstigung gekippt und für nichtig erklärt.

Das Urteil im Wortlaut:

Der 3. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat heute entschieden, dass die Verordnungsregelung zur Befreiung stromintensiver Unternehmen von den Netzkosten nichtig ist, und hat deshalb die aufgrund dieser Verordnung erlassenen Ausführungsbestimmungen der Bundesnetzagentur aufgehoben.

Der Vorsitzende Richter Wiegand Laubenstein hat in der Sitzung und in der mündlichen Urteilsbegründung deutlich gemacht, dass der Senat im Energiewirtschaftsgesetz keine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Befreiung von den Netzentgelten sehe. So erlaube das Energiewirtschaftsgesetz in der derzeit geltenden Fassung nur, durch eine Verordnung die Methode zur Berechnung der Entgelte, das „wie“, festzulegen, nicht aber eine vollständige Befreiung von den Netzentgelten, das „ob“, durch eine Verordnung zu bestimmen. Außerdem sei die vollständige Netzbefreiung für stromintensive Unternehmen schon nicht formell ordnungsgemäß zustande gekommen, weil die Änderung der Verordnung durch den Bundestag mit einem nicht mit der Regelung in Zusammenhang stehenden Gesetz verabschiedet worden sei. Im Übrigen sei eine vollständige Befreiung von den Netzentgelten aus Gleichheitsgründen nicht zulässig. Auch europarechtlich sei eine nichtdiskriminierende und kostenbezogene Regelung der Netzentgelte geboten.

Fünf regionale und überregionale Netzbetreiber hatten die Netzentgeltbefreiung für stromintensive Unternehmen angegriffen (vgl. die Pressemitteilung Nr. 05/2013 vom 01.03.2013). Die Bundesnetzagentur hatte darauf verwiesen, dass die Befreiung von der Ermächtigung gedeckt sei. Energieintensive Betriebe wirkten aufgrund ihres hohen Verbrauchs netzstabilisierend.

Die Änderung des § 19 Absatz 2 Stromnetzentgeltverordnung ist seit dem 04.08.2011 in Kraft, wonach stromintensive Unternehmen von der Zahlung der Strom-Netzentgelte befreit werden können. Die Änderung hatte der Bundestag in der Sitzung vom 30.06.2011 beschlossen. Bis zur Änderung im August 2011 konnten stromintensive Unternehmen mit ihrem Netzbetreiber nur ein individuelles, bis auf 20 % reduziertes Netzentgelt vereinbaren, das die Regulierungsbehörde genehmigen konnte. Der Umfang der Reduzierung musste dem netzkostensenkenden Nutzungsverhalten des stromintensiven Letztverbrauchers angemessen Rechnung tragen.

Seit der Änderung können sich Unternehmen grundsätzlich von den Netzentgelten befreien lassen, wenn sie mehr als 7.000 Arbeitsstunden und 10 Gigawattstunden Strom pro Jahr abnehmen. Die für die Netzbetreiber entstehenden Einnahmeausfälle werden ab dem Jahr 2012 dadurch ausgeglichen, dass die an sich von den stromintensiven Betrieben zu zahlenden Netzentgelte bundesweit auf die übrigen Endkunden, Verbraucher und Unternehmen, umgelegt werden. Das Nettonetzentgelt macht etwa 20 % des Haushaltskundenstrompreises aus (Jahresbericht 2011 der Bundesnetzagentur).

Die Entscheidungen sind nicht rechtskräftig. Gegen die Beschlüsse kann jeweils Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof binnen eines Monats nach Zustellung eingelegt werden.

Beschwerdeführerinnen:

• Stadtwerke Ilmenau GmbH, Az. VI-3 Kart 14/12 [V]

• NRM Netzdienste Rhein-Main GmbH, Az. VI-3 Kart 65/12 [V]

• Amprion GmbH, Az. VI-3 Kart 49/12 [V]

• TransnetBW GmbH, Az. VI-3 Kart 43/12 [V]

• TenneT TSO GmbH, Az. VI-3 Kart 57/12 [V]

Derzeit sind bei dem Senat mehr als 100 Verfahren anhängig, in den sich Stromnetzbetreiber und Stromversorger gegen die Netzentgeltbefreiung wenden.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen CBDCs und Gold – Kontrolle oder Freiheit?

In einer Zeit rasanter Veränderungen stellt sich mehr denn je die Frage: Wie sicher ist unser Geld wirklich? Die Einführung von CBDCs...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Der offene Konflikt zwischen Big Tech und der EU eskaliert
24.04.2025

Meta hat den diplomatischen Kurs verlassen und mit scharfen Vorwürfen auf die jüngsten Strafen der EU-Kommission reagiert. Der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lego rüstet auf: Wie der Spielzeugriese mit Industrie 4.0 zum globalen Produktionsvorbild werden will
24.04.2025

Mit KI, Robotik und strategischer Fertigung wird Lego zum heimlichen Vorbild europäischer Industrie – und setzt neue Standards in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Drittes Jahr in Folge kein Wachstum – Habeck senkt Prognose
24.04.2025

Ein drittes Jahr ohne Wachstum, eine düstere Prognose und ein scheidender Minister, der den Stillstand verwaltet: Robert Habeck...

DWN
Politik
Politik Europa sitzt auf russischem Milliardenvermögen – doch es gibt ein Problem
24.04.2025

Europa sitzt auf eingefrorenem russischen Vermögen im Wert von 260 Milliarden Euro – ein gewaltiger Betrag, der den Wiederaufbau der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Geschäftsklima: Deutsche Unternehmen trotzen globalen Risiken
24.04.2025

Während weltweit wirtschaftliche Sorgen zunehmen, überrascht der Ifo-Index mit einem leichten Plus. Doch der Aufschwung ist fragil: Zwar...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktive ETFs: Wie US-Finanzriesen Europa erobern und was das für Anleger heißt
24.04.2025

Amerikanische Vermögensverwalter drängen verstärkt auf den europäischen Markt für aktiv gemanagte ETFs, da hier im Vergleich zu den...

DWN
Politik
Politik Meloni wird Trumps Brücke nach Europa
24.04.2025

Giorgia Meloni etabliert sich als bevorzugte Gesprächspartnerin Donald Trumps – und verschiebt das diplomatische Gleichgewicht in Europa.

DWN
Politik
Politik Rot-Grüner Koalitionsvertrag für Hamburg steht
24.04.2025

SPD und Grüne wollen in Hamburg weiter gemeinsam regieren – trotz veränderter Mehrheitsverhältnisse. Der neue Koalitionsvertrag steht,...