Finanzen

JPMorgan erwartet Ende des freien Bank-Kontos in Europa

Zypern wird JPMorgan zufolge kein Einzelfall bleiben. Die eingeführten Kontrollen des Geldverkehrs werden nach und nach auf andere EU-Länder übergreifen: Damit müssen sich die Europäer auf Limits bei Abhebungen und Überweisungen einstellen.
25.03.2013 03:47
Lesezeit: 2 min

JPMorgan zufolge zeigen die neuerlichen Entwicklungen in Zypern, „die Fragmentierung der Einlagensicherungssysteme in der Eurozone und deren Unvereinbarkeit mit der Währungsunion“. Und so wird selbst, wenn die Einlagen unter 100.000 nicht von der Zwangsabgabe betroffen sein werden, „der Schaden des ursprünglichen Vorschlags nur schwer rückgängig zu machen sein“, zitiert zerohedge JPMorgan.

Die nun vom zypriotischen Parlament beschlossenen Kontrollen des Kapitalverkehrs (hier), zur Verhinderung eines Bank Runs, werden JPMorgan zufolge jedoch nicht nur das Land selbst betreffen. Die Bank rechnet mit einer massiven Auswirkung auch auf andere europäische Länder und somit mit dem Ende des freien Kapitalverkehrs in Europa. Dies käme einem herben Rückschlag für die EU gleich. Der freie Kapitalverkehr gilt in der Europäischen Union neben dem freien Warenverkehr, der Freizügigkeit von Personen und der Dienstleistungsfreiheit zu den vier Grundfreiheiten.

  • „Im Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten“

heißt es im Artikel 63 des Lissabon-Vertrages. Ausnahmen für den freien Kapitalverkehr gibt es nur für Maßnahmen, „die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind“, so der Artikel 65.

Blickt man nach Spanien ist ein ähnliches Gesetz zur Besteuerung von Einlagen bereits Anfang des Jahres in Kraft getreten (hier). Es ist somit nicht unwahrscheinlich, ähnlich wie JPMorgan es beschreibt, dass eine Zwangsabgabe in anderen europäischen Ländern möglich ist (hier). Entsprechend groß ist die Verunsicherung in der Bevölkerung der EU bezüglich der Sicherheit ihrer Einlagen, aber letztlich bleiben die Kontrollen des Kapitalverkehrs in Zypern auch in anderen EU-Staaten nicht ohne Folge. Wie JPMorgan aufzeigt, kann das zypriotische Gesetz sehr schnell auch in anderen Mitgliedsländern angewendet werden. Der Versuch, damit die Kapitalflucht einzudämmen, wird schnell auch als Notwendigkeit anderen europäischen Ländern angesehen werden, wenn die Verunsicherung der Bürger wächst.

Eine folglich in vielen Ländern wieder eingeführte Kapitalverkehrskontrolle hätte hätte wiederum nicht nur massive Auswirkungen auf Finanzmärkte und Unternehmen, sondern in allererster Linie auch auf die Bevölkerung selbst. Die Kontrollen könnten beispielsweise Steuern beinhalten, die die Staaten erheben, sobald Bürger oder Unternehmen Geld ins Ausland überweisen oder aus dem Ausland beziehen wollen.

Beschränkungen auf die Höhe der wöchentlichen bzw. täglichen Abhebungen von Konten wären ebenfalls zu erwarten. Ganz zu schweigen von der eventuellen Notwendigkeit, sich sogar für Abbuchungen vorherige Genehmigungen einholen zu müssen. Letztlich könnte durch die Wiedereinführung der Kapitalverkehrskontrollen in der EU bzw. in einigen Mitgliedsländern aber auch der freie Personenverkehr massiv eingeschränkt werden. Grenzkontrollen würden wieder eingeführt bzw. verstärkt werden, um auch so einen Abfluss des Geldes zu verhindern.

Mit der Grund-Idee der EU hat das alles freilich nichts mehr zu tun.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...