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Wirtschafts-Forscher: Heißer Sommer vertreibt Krise

Lesezeit: 3 min
31.07.2013 16:16
Die deutschen Wirtschaftsforscher GfK und DIW haben wissenschaftlich ermittelt: Die Krise ist vorüber - denn im Sommer scheint die Sonne. Die Qualität der offiziellen Prognosen sinkt offenkundig, je näher die Bundestagswahl rückt.
 Wirtschafts-Forscher: Heißer Sommer vertreibt Krise

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Die Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sind der Jahreszeit entsprechend sehr optimistisch. Seit Jahren habe die deutsche Wirtschaft nicht so gut dagestanden wie heute. Man merkt an den Prognosen: Es ist Vorwahlzeit. Und Hochsommer zugleich.

Beides zusammen beeinträchtigt Denkvermögen und Scharfsinn.

Die Untersuchungen beziehen sich auf so schwammige Kriterien, dass man unwillkürlich fragt: Wurde hier einfach der Wetterbericht kopiert?

Die Stimmung der deutschen Verbraucher habe sich weiter verbessert, sagt die GfK in ihrer aktuellen Konsumklimastudie. So gut wie im Juli sei das Konsumklima zuletzt vor der Krise im September 2007 gewesen.

Was ist eigentlich die Stimmung? Wie misst man sie? Was sagt sie aus? Woher wissen die Konsumenten eigentlich, welcher Stimmung sie anhängen.

Sowohl die Konjunktur- als auch Einkommenserwartung hätten im Juli höher gelegen als in den Monaten zuvor. Und die Anschaffungsneigung habe sogar ein neues 18-Monats-Hoch erreicht. In der Presseerklärung der GfK heißt es:

Nicht nur das Wetter zeigte sich in diesem Monat von seiner sommerlichen Seite, auch die deutschen Konsumenten befinden sich in einem Sommerhoch. Anhaltend stabile Beschäftigungsaussichten sowie eine moderate Inflationsrate lassen den Optimismus im Juli noch einmal ansteigen.“

Der Trend der Konjunkturaussichten ist seit Ende letzten Jahres aufwärts gerichtet, so die GfK. Die Rezession in einigen Ländern der Eurozone verhindere derzeit allerdings eine rasche Besserung der wirtschaftlichen Lage in Deutschland. Und auch die Wachstumsdynamik in China beginne, sich leicht abzuschwächen. „Dies könnte die Exportaussichten der deutschen Wirtschaft ebenfalls belasten“, so die GfK.

Es ist bemerkenswert, dass eine vermeintlich seriöse Umfrage-Organisation den Sonnenschein bemühen muss, um die Stimmung der Konsumenten zu beschreiben.

Auch der ifo Geschäftsklimaindex für die gewerbliche Wirtschaft in Deutschland ist bereits das dritte Mal in Folge gestiegen.

Auch die Einkommenserwartung ist im Juli deutlich gestiegen. Dies ist bereits der vierte Anstieg in Folge. Ein höherer Wert wurde zuletzt im Juni 2011 erreicht. Der Trend ist bereits seit Ende letzten Jahres aufwärts gerichtet. Der maßgebliche Grund für diese überaus optimistische Einschätzung der eigenen finanziellen Entwicklung sei der stabile Arbeitsmarkt, so die GfK.

Deutschland sei das einzige Land in Europa, in dem die Arbeitslosigkeit in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist. Als Folge der stabilen Beschäftigungssituation habe sich auch die tatsächliche Einkommenssituation für viele Arbeitnehmer verbessert, so die GfK. Vor dem Hintergrund einer moderaten Inflation stärke dies die Kaufkraft der Beschäftigten.

Auch die Anschaffungsneigung legte im Juli noch einmal zu. Höher lag der entsprechende Index seit Januar 2012 nicht mehr.

„Nach wie vor halten die Verbraucher es mehrheitlich für ratsam, größere Anschaffungen zu tätigen. Bei historisch niedrigen Zinsen, die zum Beispiel bei der klassischen Festgeldanlage bei weitem nicht einmal die Inflationsrate kompensieren, ist es für die Konsumenten momentan auch nicht sehr attraktiv, Geld zu sparen oder anzulegen.“

Statt des Sparens bevorzugten die Deutschen derzeit das sogenannte „Betongold“, die Anlage der finanziellen Mittel in Immobilien. Daher könnten sich auch die Möbelbranche und der Renovierungsbereich über gute Geschäfte freuen.

Auch das DIW ist optimistisch und beruft sich darauf ebenfalls auf meteorologische Vergleiche: Sein Konjunkturbarometer zeigt für das zweite Quartal einen Anstieg des BIP um 0,5 Prozent gegenüber dem ersten Quartal an. „Die Industrieproduktion wurde merklich ausgeweitet“, sagt DIW-Konjunkturchef Ferdinand Fichtner. Aufgrund der sich weiter aufhellenden Unternehmens-Stimmung könnte die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal um 0,4 Prozent wachsen.

„Entscheidend für ein kräftiges Wachstum sind die Investitionen“, sagt DIW-Deutschlandexperte Simon Junker. Diese sind seit anderthalb Jahren rückläufig. Doch Junker erwartet nun Besserung: „Da die Unsicherheit seit Spätsommer letzten Jahres aber etwas abgeebbt ist und die Kapazitätsauslastung in der Industrie mittlerweile wieder im langjährigen Durchschnitt liegt, dürften die Unternehmen mehr und mehr das günstige Finanzierungsumfeld für Investitionen nutzen.“

Das Baromter gibt offenbar nicjht genug her für eine freundlich Prognose. Also zieht das DIW sein Fazit mit einem Argument ex futuro: Die Unternehmen dürften vielleicht unter Umständen in Erwägung ziehen, weitere Investitionen nicht ganz auszuschließen.

Bravo.

Das DIW präzisiert:

„Die konjunkturelle Flaute dürfte überstanden sein und sich daher kaum auf die Beschäftigtenzahlen auswirken“, sagte Fichtner. Die Berliner Konjunkturforscher erwarten, dass sich der Beschäftigungsaufbau mit nachlassendem Tempo fortsetzt. Bei anhaltend kräftigen Lohnzuwächsen dürften die Einkommen der privaten Haushalte weiter spürbar anziehen und den privaten Verbrauch beflügeln.“

Was genau soll man sich unter einem Beschäftigungsaufbau mit nachlassendem Tempo vorstellen?  Wie kommt man aus einer überstandenen Flaute in den Modus des beflügelten Anziehens?

Die Prognosen der Institutionen haben die Qualität von Sommerlöchern.

Fazit: Für den Herbst erwarten die Experten mit zunehmender Eintrübung durch Quellwolken eine weiter rückläufige Messbarkeit der Stimmungsschwankungen bei Meinungsforschern, die sich jedoch nach dem Ergebnis der Bundestagswahl eindeutig in die eine oder andere Richtung entwickeln werden.


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