Deutschland

Forsa-Chef widerspricht eigenen Umfragen: AfD hat Chance auf den Bundestag

Erstmals warnt ein prominenter Wahlforscher davor, die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) zu unterschätzen. Der Chef des Forsa-Intituts glaubt, dass die aktuellen Umfragen die Stärke der AfD nicht richtig wiedergeben. Er sieht die AfD vor dem Einzug in den Bundestag.
16.08.2013 22:55
Lesezeit: 2 min

Manfred Güllner, Gründer und Chef des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Forsa, hat den Einzug der AfD in den Bundestag noch nicht abgeschrieben. Die Unterstützung könnte höher liegen als die 2 bis 3 Prozent in aktuellen Umfragen. Und wenn sie erst einmal die 4-Prozent-Grenze überschreitet, dann ist der Einzug in den Bundestag in Reichweite, sagte Güllner: „Das Problem ist, dass viele Wähler, die die Partei wählen wollen, es nicht zugeben. Ich habe lange gedacht, dass sie keine Chance haben, aber jetzt bin ich nicht mehr so sicher. Wir müssen das sehr genau beobachten.“

Bisher sehen alle Umfragen die AfD bei zwei bis drei Prozent. Auch Forsa macht da keine Ausnahme. Umso erstaunlicher ist es, dass Güllner nun einräumt, dass die AfD darüber liegen könnte. Dies deutet darauf hin, dass Güllner Rohdaten vorliegen hat, die der AfD einen wesentlich größeren Zuspruch bescheinigen als in den offiziellen Umfragen ausgewiesen.

Die größte Unterstützung erhält die AfD unter Führung von Bernd Lucke aus dem konservativen Lager, so der Forsa-Chef. „Die Unterstützung kommt aus einem speziellen Segment der Bevölkerung, dessen Kern die radikalisierte Mittelklasse ist.“

Die Partei ziehe Menschen an, die durch die weltweite Finanzkrise verunsichert sind und die zu Misstrauen neigen gegen die Industrialisierung, gegen die Globalisierung und gegen Europa. „Es gibt dort viele Menschen, die mit lauter Stimme sagen, dass sie vom Staat enteignet worden sind“, so Güllner.

Die FDP gibt sich betont deinteressiert an Euro-Themen. Parteichef Philipp Rösler sagte diese Woche, dass die AfD nichts anderes sei als ein Haufen sei, die niemals eine seriöse Politik machen könnte. Die FDP behandle der Euro im Wahlkampf ausdrücklich nicht, weil dies kein Thema sei, das die Bevölkerung interessiere. Im Vorjahr sei Europa ein Thema gewesen, aber dieses Jahr ist das Thema durch.

Ein aktuelle Studie belegt das Gegenteil: Die Deutschen interessieren sich mehr für die Euro-Krise als für das Thema Arbeitslosigkeit. Insbesondere glauben die Bürger, dass sie von der politischen Klasse angelogen werden (hier für die FDP zum Nachlesen).

Auch die Financial Times schätzt die Chancen der AfD gut ein. Sie sei die einzige Partei, die den Fokus auf das Thema Eurokrise lenke. Die Forderung nach einer Auflösung der Eurozone in ihrer jetzigen Form habe Potential, schreibt die FT. Denn einer von fünf Deutschen sagt, er werde am 22. September möglicherweise für eine Euro-kritische Partei stimmen.

Die Chance der AfD könnte darin bestehen, dass sie von den anderen Parteien sträflich unterschätzt wird. Die entscheidende Frage wird sein, ob sich die AfD verzettelt und andere Themen besetzt, in denen sie nicht gut ist. Genau das versuchen ihr die gegnerischen Parteien einzureden. Tatsächlich hat die AfD nur eine Chance, wenn sie radikal Kurs hält und keine Volten mehr in Sachen Euro-Austritt schlägt. Ob sie das durchhält, ist ungewiss.

Immerhin hat Angela Merkel bereits zu erkennen gegeben, dass ihre Europhorie schon deutlich erkaltet ist (mehr hier). Merkel beginnt damit zu spekulieren, dass ihr eine AfD statt einer anämischen FDP viel lieber sein könnte (mehr zum möglichen Plan B Merkels - hier).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Panorama
Panorama Anschlag in München: Auto rast in Menschenmenge - was wir wissen und was nicht
13.02.2025

In der Münchner Innenstadt ereignet sich ein schockierender Vorfall: Ein Auto rast in eine Menschenmenge während einer Demonstration....

DWN
Finanzen
Finanzen Siemens-Aktie auf Rekordhoch: Verkaufserlöse treiben Gewinn - so sollten Anleger reagieren
13.02.2025

Der Technologiekonzern Siemens konnte im ersten Geschäftsquartal 2025 einen massiven Gewinnsprung verbuchen. Das gefällt nicht nur den...

DWN
Finanzen
Finanzen VW-Aktie glänzt: Wie geht es beim Autobauer und bei der Volkswagen-Aktie weiter?
13.02.2025

Die VW-Aktie hat sich im frühen Donnerstagshandel stark gezeigt. Nach Zahlen scheint der größte Autobauer Deutschlands auf einem guten...

DWN
Politik
Politik EU-Emissionshandel: 2027 führt neues Gesetz zu drastischer CO2-Preiserhöhung - ETS-2 vom Bundestag beschlossen
13.02.2025

Ein neues Gesetz zum EU-Emissionshandel ist umgesetzt worden. Der Deutsche Bundestag hat den Einstieg in den Europäischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Porsche stemmt sich mit Stellenabbau gegen Krise - rund 1900 Jobs betroffen
13.02.2025

Der Sportwagenhersteller Porsche reagiert auf wirtschaftliche Herausforderungen mit Stellenabbau. Um Kosten zu senken, sollen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trade Republic: Verbraucherzentrale reicht Klage wegen Kundentäuschung ein
13.02.2025

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg verklagt Trade Republic wegen „irreführender Werbung“ zu Zinsen und Einlagensicherung im...

DWN
Panorama
Panorama München: Auto fährt in Menschenmenge - Fahrer laut Polizei 24-jähriger Afghane
13.02.2025

In München ist ein Fahrzeug in eine Menschenmenge gefahren und hat mindestens 28 Menschen verletzt, darunter Schwer- und...

DWN
Politik
Politik Das unbekannte Ehrenamt: Werden Sie Bürgermeister - Politik selbst aktiv gestalten
13.02.2025

Es gibt mehr als 8.000 ehrenamtliche Bürgermeister in Deutschland. Sie sind hautnahe Ansprechpartner für Probleme und Fragen vor Ort, das...