Politik

Berlusconi-Rückzieher: Koalition in Italien kann weitermachen

Auch wenn er aus dem Senat ausgeschlossen werden sollte, werde er in der Politik bleiben, sagte Berlusconi. Aus seiner Partei war heftige Kritik an Premier Letta laut geworden. Dieser will die Mehrwertsteuer anheben, wie es EU-Kommissar Olli Rehn gefordert hatte.
19.09.2013 12:26
Lesezeit: 2 min

Silvio Berlusconi will Chef der PDL bleiben, obwohl er voraussichtlich wegen Steuerbetrugs aus dem Senat ausgeschlossen wird. Eine Drohung, dass seine Partei die aktuelle Koalition verlassen könnte, zog der frühere italienische Premier allerdings zurück.

Am Mittwochabend sagte Berlusconi zu seiner Verurteilung wegen Steuerbetrugs, die Justiz werde von der Linken kontrolliert. Er sei „absolut unschuldig“, zitiert ihn die FT. Er beschwor die Italiener dem „letzten Aufruf vor der Katastrophe“ zu folgen und seine Partei zu unterstützen, die wieder unter ihrem ursprünglichen Namen Forza Italia antreten wird.

„Ich werde immer bei euch sein, ob mir meine Rechte [als Senator] entzogen werden oder nicht. Man kann Politik machen, ohne im Parlament zu sein. Nicht ein Sitz macht jemanden zum Führer, sondern die Zustimmung, die mir niemals gefehlt hat und die mir auch in der Zukunft niemals fehlen wird.“

Nach der Ausstrahlung dieser Äußerungen Berlusconis entschied ein Senatsausschuss in einer ersten Abstimmung, dass Berlusconi wegen seiner Steuervergehen aus dem Senat ausgeschlossen wird. Der Ausschuss wird von Berlusconis politischen Gegnern dominiert. Wie die endgültige Entscheidung des Gremiums im kommenden Monat ausfallen wird, bleibt allerdings offen.

In jedem Fall wird der 76-jährige Berlusconi noch ein Jahr Hausarrest absitzen oder gemeinnützige Arbeit leisten müssen. Zudem könnte im kommenden Monat ein Mailänder Gericht entscheiden, dass er drei Jahre lang kein öffentliches Amt bekleiden darf. Um dieses Verbot zu umgehen, könnte Berlusconi bei der Europa-Wahl im kommenden Mai in Estland antreten (hier).

Einige Kräfte in Berlusconis PDL hatten gefordert, die aktuelle Koalition mit Premier Enrico Letta (PD) zu verlassen. Doch Berlusconi sagte nun, seine Minister arbeiteten an Plänen, „die Wirtschaft wiederzubeleben […] und die steuerlich Bombardierung zu beenden, die Familien und Unternehmen in die Knie zwingt“.

Berlusconi reagiert auf Pläne von Premier Letta, die eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ab Oktober vorsehen. Die Mehrwertsteuer liegt derzeit bei 21 Prozent und könnte nach Aussagen von Beamten um 1 oder 2 Prozentpunkte angehoben werden. Dies sei notwendig, um das Staatsdefizit im laufenden Jahr unterhalb der von Brüssel vorgegebenen Grenze von 3 Prozent zu halten.

Eine entspreche Regelung war bereits von der Vorgänger-Regierung von Mario Monti geplant worden. Mitglieder von Berlusconis PDL protestierten gegen die Pläne. Während der Koalitionsverhandlungen im April sei ausdrücklich vereinbart worden, die Mehrwertsteuer nicht anzuheben.

Die Entscheidung zur Anhebung der Mehrwertsteuer, die noch nicht offiziell verabschiedet worden ist, kam nach dem Rom-Besuch von EU-Kommissar Olli Rehn am Dienstag. Der Kommissar für Wirtschaft und Währung kritisierte die italienische Regierung scharf für die Senkung der Vermögenssteuer im August. Zudem warnte Rehn, ein Rückschlag bei der Haushalts-Konsolidierung und politische Instabilität könnten negative Folgen auf die italienischen Zinsen haben.

„Es wäre Selbstmord, der Arroganz der Eurokraten nachzugeben, die in unser Land kommen und uns Gesetzte vorschreiben, nachdem sie so viel Schaden in Europa angerichtet haben“, sagte Maurizio Gasparri (PDL), stellvertretender Senatssprecher. Die Anhebung der Mehrwertsteuer würde die Ausgaben von Konsumenten und Unternehmen verringern und die Steuereinnahmen würden „zusammenbrechen“.

Beppe Grillo, Chef des oppositionellen Movimento 5 Stelle, nannte Premier Letta wegen dessen Steuerplänen eine „Marionette Brüssels“.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Technologie
Technologie Fahrerlose Taxis in Hessen: Chinesische Technik, deutscher Pilotbetrieb
01.06.2025

In Deutschland startet das erste Pilotprojekt für autonome Taxis: Ohne Fahrer, aber mit Überwachung aus der Ferne. Ein Modell mit...

DWN
Technologie
Technologie Goldrausch 2.0: Wie Google KI neu definiert – und Europa zuschaut
01.06.2025

Google I/O 2025 bietet einen tiefen Einblick in die nächste Ära der Künstlichen Intelligenz – von echten 3D-Videocalls bis hin zu...

DWN
Panorama
Panorama Nur noch fünf Minuten: Schlummertaste in Deutschland beliebt
01.06.2025

Mit der Schlummertaste kann man das Aufstehen verzögern. Ärzte raten davon ab, aber die Praxis ist gerade in Deutschland gängig....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gesundheitscheck vor der Einstellung: Rechte und Grenzen für Bewerber
01.06.2025

Ein Vorstellungsgespräch ist erfolgreich verlaufen, doch bevor der Arbeitsvertrag unterschrieben wird, fordert der potenzielle Arbeitgeber...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...