Technologie

Operation bei lebendigem Leib: Fernsteuerung für Kakerlaken entwickelt

Eine US-Firma hat einen elektronischen „Rucksack“ entwickelt, der auf und mit dem Körper von Kakerlaken verpflanzt wird. Per Handy lassen sich anschließend die Bewegungen des Insekts koordinieren. Wissenschaftler kritisieren das „Spiel mit dem Leben“.
13.11.2013 02:15
Lesezeit: 1 min

Vor der Montage des elektronischen „Rucksacks“ wird die Kakerlake in Eiswasser getaucht. Anschließend wird ihr Kopf mit Sandpapier bearbeitet, um die Fettschicht von ihrem Kopf zu entfernen. Elektroden werden auf den Rücken des Insekts geklebt, ein Loch in ihren Brustkorb gebohrt, um ein Kabel einzuführen. Die Fühler des Tiers werden abgeschnitten, um die Verbindung mit den Elektroden aufzubauen. Ein Schaltkreis wird auf dem Rücken montiert. Er ist nötig zum Verbindungsaufbau mit dem Handy, auf dem die App fungiert: Eine App zur Steuerung ihrer Bewegungen.

Die Gründer der Firma Backyard Brains Tim Marzullo und Greg Gage preisen ihre Entwicklung „RoboRoach“ als ein Mittel, Kinder stärker für Neurobiologie zu begeistern, berichtet die BBC. Aber auch wenn das Eiswasserbad stark betäubend wirkt und somit Schmerzen verbeugt, sind sich Kritiker aus der Wissenschaft einig: Diese Behauptung sei „unaufrichtig“, so Jonathan Balcombe, Verhaltensforscher an der Humane Society University in Washington DC: „Wenn herauskäme, dass ein Lehrer Schülern auftragen würde, Vergrößerungsgläser zur Verbrennung von Ameisen zu verwenden, wie würden wir da reagieren?“

Gregory Kaebnick vom Hastings Center für bioethische Fragen nennt RoboRoach „eine Form des Spiels mit dem Leben“. Es sei vergleichbar mit dem „Imperius-Fluch“ aus Harry Potter, zitiert ihn das Technologiemagazin The Register. Und Michael Allen Fox, Professor der Philosophie an der Queen's University of Canada kritisiert die Unternehmer: „Sie ermuntern Amateure, invasiv an lebenden Organismen herumzupfuschen. Sie verstärken das Denken, komplexe lebendige Organismen seien lediglich Maschinen oder Werkzeuge.“

Dem hält Backyard Brains entgegen, dass die Untersuchung des Effekts von elektrischen Mikrostimulationen auf das Nervensystem eine immerhin mehr als 150-jährige Geschichte aufweise. Empirische Studien mit der Erregung von Neuronen und neuronalen Verbindungen führe zur nächsten Generation von Ingenieuren, Wissenschaftlern und Ärzten, die Nervenkrankheiten wie Alzheimer bekämpfen werde. Aber Mitbegründer Gage räumte bereits ein, Mails empfangen zu haben, auf denen Interessierte „uns erzählen, wir erziehen Kinder zu Psychopathen.“

Unabhängig von der Debatte kann man die App samt „backpack“ in den USA bereits für 99 Dollar kaufen.

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