Finanzen

Crash-Gefahr: Aktienkäufe auf Kredit gefährden das Finanz-System

Lesezeit: 2 min
04.12.2013 14:26
Die Aktienkäufe auf Kredit nähern sich dem Niveau vom Juli 2007 - wenige Wochen danach gab es den Zusammenbruch der Märkte. Die Analyse zeigt: Wenn die Zentralbanken weiter Benzin ins Feuer gießen, besteht akute Crash-Gefahr.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

An der Wall Street haben die Aktienkäufe auf Kredit ein beunruhigendes Niveau erreicht. Sie betragen mittlerweile ein Gesamtvolumen von 413 Milliarden US-Dollar und bewegen sich auf das Allzeithoch zu. Dieses lag im Juli 2007 bei 425 Milliarden US-Dollar. Wenige Wochen später platzte die Blase am US-Hypothekenmarkt und löste die weltweite Finanzkrise aus. Dies berichtet CNBC.

Das billige Geld der Zentralbanken treibt die Märkte wieder genau in diese Richtung.

Bei Aktienkäufen auf Kredit (Englisch: margin debt) leiht sich ein Händler Kapital von einem Kreditgeber, um damit Aktien zu erwerben. Dabei wird eine bestimmte Grenze (Englisch: margin) festgelegt, unter die der Wert der Aktien nicht fallen darf. Solange die Kurse steigen, kann der Händler den Kreditgeber auszahlen und sich die verbliebene Summe als Profit sichern. Sollten die Kurse jedoch unter die festgelegte Grenze fallen, fordert der Kreditgeber den Händler auf, Kapital nachzuschießen (Englisch: margin call). Der Händler muss dann entweder zusätzliches Kapital auftreiben oder seine Aktien verkaufen, um die Kredite zu begleichen. Dies wiederum kann zu massiven Panikverkäufen an den Börsen führen.

Das Volumen der Aktienkäufe auf Kredit ist ein Indikator für die Blasenbildung an den Finanzmärkten. Ähnlich risikofreudiges Verhalten konnte kurz vor dem Platzen der Dotcom-Blase (2000) und vor Ausbruch der Finanzkrise (2007) beobachtet werden, wie Business Insider analysiert.

Die Deutsche Bank hat ebenfalls eine Analyse zum Thema verfasst und sieht heute erschreckende Parallelen mit der Wirtschaftssituation vor den Krisen von 2000 und 2007. Dies berichtete Zerohedge. Demnach hofft die Bank, dass nicht alle ‚margin calls‘ zeitgleich auftreten, da die folgende Panik verheerend wäre. Angesichts des neuen Rekordhochs bei Aktienkäufen auf Kredit, „[…] sollten sich Investoren fragen, wann ein guter Zeitpunkt wäre, um vorsichtiger zu werden. Aus unserer Perspektive: Gestern.“, so die Autoren des Berichts.

„Wenn es ein Ereignis eintritt, was den vielzitierten ‚margin call‘ auslöst, werden wir den Beginn eines Domino-Effekts sehen.“, sagt Quincy Krosby, Markt-Analyst von Prudential Annuities.

Ein solches Ereignis könnte zum Beispiel ein massiver Ausfall von Krediten am Immobilienmarkt sein, wie schon im Jahr 2007. Es könnte auch die Abwicklung einer Bank in Folge des EZB-Stress-Tests sein (mehr hier). Es könnten steigende Zinsen an den Anleihemärkten sein. Auch ein massiver Ausfall von Lebensversicherungen könnte zu starken Kurseinbrüchen führen (hier). Oder es könnte die Ankündigung der Federal Reserve Bank (Fed) sein, die Liquiditätsflut einzuschränken. Letzteres gilt jedoch als unwahrscheinlich, da die Fed damit dem Börsenboom jegliches Fundament entziehen und einen sofortigen Crash auslösen würde.

Die Händler achten aber ihrerseits nur auf das Verhalten der Fed. Sie unterliegen der großen Täuschung, dass der Boom solange weitergeht, bis die Fed aus ihrer Politik des billigen Geldes aussteigt. Diese „kollektive Selbsttäuschung“, wie es Peter Schiff nennt, macht sie blind für alle anderen Gefahren (hier).

Schiff ist nicht der Einzige, der vor einem bösen Erwachen warnt. Der Nobelpreisträger Robert Shiller sieht ebenfalls eine Überbewertung der Märkte.

„Ich rufe noch nicht Alarm. Aber in vielen Ländern liegen die Kurse an der Aktienbörse auf einem hohen Niveau, und auch an manchen Immobilienmärkten sind die Preise stark angestiegen. Das könnte böse enden“, so Shiller.

„Am meisten Sorgen bereitet mir der Boom im U.S. Aktienmarkt. Denn unsere Wirtschaft ist noch immer schwach und anfällig. […] So sehen Blasen aus und die Welt ist immer noch sehr verletzlich für Blasen“, sagte Shiller dem Spiegel.

Die Börsen steigen unbeirrt weiter und mit jedem weiteren Allzeithoch steigt auch die Fallhöhe für den kommenden Crash.

„Der ‚margin call‘ wird kommen und dann wird jeder in Deckung gehen. Das ist der Moment, wenn man ernsthafte Korrekturen sehen wird“, sagt Uri Landesman, Manager des Platinum Partners Hedge Fund.


Mehr zum Thema:  

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Finanzen
Finanzen Von Dividenden leben? So erzielen Sie ein passives Einkommen an der Börse
21.11.2024

Dividenden-ETFs schütten jedes Jahr drei bis vier Prozent der angelegten Summe aus. Wäre das auch was für Ihre Anlagestrategie?...

DWN
Politik
Politik Weltstrafgericht erlässt auch Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant - wegen Kriegsverbrechen im Gaza-Streifen
21.11.2024

Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den früheren...

DWN
Politik
Politik US-Staatsapparat: Tech-Milliardär Elon Musk setzt auf Technologie statt Personal - Unterstützung bekommt er von Trump
21.11.2024

Elon Musk soll dem künftigen US-Präsidenten Trump dabei helfen, Behördenausgaben zu kürzen und Bürokratie abzubauen. Er gibt einen...

DWN
Politik
Politik Neue EU-Kommission: Nach heftigen Streit auf „umstrittenes“ Personal geeinigt
21.11.2024

Nach erbittertem Streit haben sich die Fraktionen im EU-Parlament auf die künftige Besetzung der Europäischen Kommission geeinigt. Warum...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit neuem Rekordhoch - geht es jetzt Richtung 100.000 US-Dollar?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag legt die wichtigste Kryptowährung direkt nach. Seit dem Sieg von Donald Trump bei...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wirecard-Zivilprozess: Ein Musterkläger für 8500 Aktionäre - Kommt eine Entschädigung für Aktionäre?
21.11.2024

Holen sich Wirecard-Aktionäre jetzt eine Milliarden-Entschädigung von EY? Viereinhalb Jahre nach der Wirecard-Pleite geht es vor dem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ifo-Umfrage: Industrie bewertet Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit miserabel
21.11.2024

Seit 1994 hat die Industrie ihre Lage nicht mehr so schlecht eingeschätzt, sagt das ifo Institut. Im EU-Vergleich stehen deutsche...