An der Wall Street haben die Aktienkäufe auf Kredit ein beunruhigendes Niveau erreicht. Sie betragen mittlerweile ein Gesamtvolumen von 413 Milliarden US-Dollar und bewegen sich auf das Allzeithoch zu. Dieses lag im Juli 2007 bei 425 Milliarden US-Dollar. Wenige Wochen später platzte die Blase am US-Hypothekenmarkt und löste die weltweite Finanzkrise aus. Dies berichtet CNBC.
Das billige Geld der Zentralbanken treibt die Märkte wieder genau in diese Richtung.
Bei Aktienkäufen auf Kredit (Englisch: margin debt) leiht sich ein Händler Kapital von einem Kreditgeber, um damit Aktien zu erwerben. Dabei wird eine bestimmte Grenze (Englisch: margin) festgelegt, unter die der Wert der Aktien nicht fallen darf. Solange die Kurse steigen, kann der Händler den Kreditgeber auszahlen und sich die verbliebene Summe als Profit sichern. Sollten die Kurse jedoch unter die festgelegte Grenze fallen, fordert der Kreditgeber den Händler auf, Kapital nachzuschießen (Englisch: margin call). Der Händler muss dann entweder zusätzliches Kapital auftreiben oder seine Aktien verkaufen, um die Kredite zu begleichen. Dies wiederum kann zu massiven Panikverkäufen an den Börsen führen.
Das Volumen der Aktienkäufe auf Kredit ist ein Indikator für die Blasenbildung an den Finanzmärkten. Ähnlich risikofreudiges Verhalten konnte kurz vor dem Platzen der Dotcom-Blase (2000) und vor Ausbruch der Finanzkrise (2007) beobachtet werden, wie Business Insider analysiert.
Die Deutsche Bank hat ebenfalls eine Analyse zum Thema verfasst und sieht heute erschreckende Parallelen mit der Wirtschaftssituation vor den Krisen von 2000 und 2007. Dies berichtete Zerohedge. Demnach hofft die Bank, dass nicht alle ‚margin calls‘ zeitgleich auftreten, da die folgende Panik verheerend wäre. Angesichts des neuen Rekordhochs bei Aktienkäufen auf Kredit, „[…] sollten sich Investoren fragen, wann ein guter Zeitpunkt wäre, um vorsichtiger zu werden. Aus unserer Perspektive: Gestern.“, so die Autoren des Berichts.
„Wenn es ein Ereignis eintritt, was den vielzitierten ‚margin call‘ auslöst, werden wir den Beginn eines Domino-Effekts sehen.“, sagt Quincy Krosby, Markt-Analyst von Prudential Annuities.
Ein solches Ereignis könnte zum Beispiel ein massiver Ausfall von Krediten am Immobilienmarkt sein, wie schon im Jahr 2007. Es könnte auch die Abwicklung einer Bank in Folge des EZB-Stress-Tests sein (mehr hier). Es könnten steigende Zinsen an den Anleihemärkten sein. Auch ein massiver Ausfall von Lebensversicherungen könnte zu starken Kurseinbrüchen führen (hier). Oder es könnte die Ankündigung der Federal Reserve Bank (Fed) sein, die Liquiditätsflut einzuschränken. Letzteres gilt jedoch als unwahrscheinlich, da die Fed damit dem Börsenboom jegliches Fundament entziehen und einen sofortigen Crash auslösen würde.
Die Händler achten aber ihrerseits nur auf das Verhalten der Fed. Sie unterliegen der großen Täuschung, dass der Boom solange weitergeht, bis die Fed aus ihrer Politik des billigen Geldes aussteigt. Diese „kollektive Selbsttäuschung“, wie es Peter Schiff nennt, macht sie blind für alle anderen Gefahren (hier).
Schiff ist nicht der Einzige, der vor einem bösen Erwachen warnt. Der Nobelpreisträger Robert Shiller sieht ebenfalls eine Überbewertung der Märkte.
„Ich rufe noch nicht Alarm. Aber in vielen Ländern liegen die Kurse an der Aktienbörse auf einem hohen Niveau, und auch an manchen Immobilienmärkten sind die Preise stark angestiegen. Das könnte böse enden“, so Shiller.
„Am meisten Sorgen bereitet mir der Boom im U.S. Aktienmarkt. Denn unsere Wirtschaft ist noch immer schwach und anfällig. […] So sehen Blasen aus und die Welt ist immer noch sehr verletzlich für Blasen“, sagte Shiller dem Spiegel.
Die Börsen steigen unbeirrt weiter und mit jedem weiteren Allzeithoch steigt auch die Fallhöhe für den kommenden Crash.
„Der ‚margin call‘ wird kommen und dann wird jeder in Deckung gehen. Das ist der Moment, wenn man ernsthafte Korrekturen sehen wird“, sagt Uri Landesman, Manager des Platinum Partners Hedge Fund.