US-Präsident Barack Obama hat die zahlreichen Abhörprogramme des Geheimdienstes NSA verteidigt, aber zugleich die Notwendigkeit strengerer Kontrollen eingeräumt. Die USA könnten nicht "einseitig abrüsten", sagte Obama am Freitag auf einer Pressekonferenz. Er werde in den kommenden Wochen jedoch die Empfehlungen eines Beratergremiums studieren, wie die Nationale Sicherheitsbehörde NSA besser gezügelt werden könne. So sei es etwa möglich, einige Telefon-Datensammlungen bei privaten Firmen unterzubringen anstatt bei der US-Regierung, um das Vertrauen der Bürger wiederherzustellen.
Das dürfte das Vertrauen der Bürger jedoch nicht stärken.
Denn Daten im Besitz von privaten Firmen sind alles andere als sicher.
Sie sind Gold wert.
Der Handel mit persönlichen Daten erreicht mittlerweile gigantische Ausmaße. Ein Bericht des U.S. Senats Komitees für Handel, Wissenschaft und Transport analysierte das Geschäft mit dem Datenhandel. Demnach erreicht der Markt mittlerweile ein jährliches Volumen von 156 Milliarden Dollar und wächst weiter stark an. Gehandelt werden dabei auch hochsensible Daten wie Krankenakten, Sozialversicherungsnummern und Analysen zur Kreditwürdigkeit. Der Markt profitiert davon, dass es praktisch keine Regeln im Bereich des Datenhandel gibt und das die Bürger bereitwillig alles über sich ins Netz stellen.
Bei den Untersuchungen wurden auch Vertreter von großen Datenhandelskonzernen wie Epsilon, Acxiom, Datalogix und Experian vorgeladen. Dabei wurde ersichtlich, dass die Konzerne Daten in bisher nicht gekanntem Ausmaß von Privatpersonen sammeln und verkaufen. Allein die Firma Acxiom verfügt demnach über 700 Millionen personenbezogene Datensätze. Darüber hinaus werden die Daten immer detailreicher und erstrecken sich schon längst nicht mehr nur auf Kategorien wie „Interessiert sich für Sport“ und „Reist gerne“. Stattdessen wird alles erfasst, was aus sozialen Netzwerken, Suchanfragen und Surfverhalten erkenntlich ist. Das schließt den Kauf von Reizwäsche und Potenzmitteln ebenso ein wie die eigene Kreditwürdigkeit, den Gesundheitszustand oder die Arztwahl.
Diese Daten werden auf Listen zu Tausenden zusammengefasst und im Internet freiverkäuflich angeboten. Dadurch werden Konsumenten regelrecht stigmatisiert und bloßgestellt, sagte der U.S. Senator Jay Rockefeller einem Artikel von AdWeek zufolge. Rockefeller bezeichnete die Praktiken der Datenhändler „als die dunkle Seite des amerikanischen Lebens“ und hält sie „für besorgniserregender als die NSA“. Dem Senatsbericht zufolge steigt aber nicht nur das Volumen der gehandelten Daten rasant an. Die Datenhändler verfügen auch über eine immer ausgereiftere Technologie, mit der die Informationen gesammelt, verwaltet und ausgetauscht werden können. Das Unternehmen Palantir ist dabei das jüngste Beispiel, wo hin der Trend beim Datensammeln geht (mehr hier).
Das World Privacy Forum machte auf der Suche nach der Vorgehensweise der Datenhändler erschreckende Erkenntnisse. Demnach fanden sich in den Datenbanken diverse Portale Listen mit Vergewaltigungsopfern, Demenzkranken und Patienten mit HIV. Ein anderer Fall lässt erahnen, dass den Konzernen egal ist, wer die Daten kauft. Die Firma Experian, eines von drei führenden Kreditunternehmen in den USA, sorgte kürzlich für Aufsehen, weil sie millionenfach Bankverbindungen, Kreditkartendaten und Sozialversicherungsnummern an eine Plattform für Identitätsdiebstahl verkaufte. Vertreter der Plattform gaben sich als Privatdetektive aus und kauften großflächig Daten bei Experian ein, um sie später teuer an Kriminelle weiterzuverkaufen.
In Deutschland zeigte der Fall der Debeka-Versicherung, wie lukrativ der Handel mit personenbezogenen Daten inzwischen ist. Einem Artikel des Fokus zufolge griff die Versicherung systematisch auf ein Netzwerk von unzulässig erworbenen Daten zurück, um neue Kunden zu gewinnen. Die Daten wurden über ein Tippsystem von Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes zusammengetragen.