Politik

Sotschi: Putin bleibt auf Hunderttausenden Eintrittskarten sitzen

Das Prestigeprojekt des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist offenbar kein Pulikumsmagnet. Auch Kurzentschlossene sollen derzeit noch richtig gute Plätze ergattern können. Mehr als 300.000 Eintrittskarten sind bis dato noch zu haben.
27.01.2014 00:02
Lesezeit: 2 min

Bis zum Start der Olympischen Spiele von Sotschi sind es nicht einmal mehr drei Wochen. Doch es steht zu befürchten, dass nicht wenige Ränge während der sportlichen Wettkämpfe leer bleiben könnten. Im Augenblick sollen noch Hunderttausende Tickets zu haben sein. Schuld an dem Dilemma sind zum einen die hohen Eintrittspreise. In erster Linie aber wahrscheinlich das immense Sicherheitsaufgebot.

Geht es nach dem russischen Olympia-Organisationskomitee ist in Sachen Ticket-Verkaufszahlen alles in Butter. „Bei den beliebtesten Veranstaltungen wie Hockey, Biathlon, Eiskunstlauf, Freestyle und Snowboard gehen die Tickets schnell weg“, so das Komitee in einer Erklärung an die Associated Press. 70 Prozent der Eintrittskarten seien bereits verkauft, in Kürze würde sogar ein weiteres Kartenbüro eröffnet. Man erwarte einen starken Last-Minute-Ticketverkauf. Sorge um leere Plätze habe man jedenfalls nicht.

Der vermeintliche Erfolg kann jedoch auch ganz anders interpretiert werden. AP zufolge stünden insgesamt 1,1 Million Tickets für die Sportveranstaltungen zur Verfügung. Im Umkehrschluss bedeutet das also, dass aktuell 330.000 Tickets nicht verkauft wurden.

Zum Vergleich: Die Winterspiele im kanadischen Vancouver waren 2010 zu 97 Prozent ausverkauft. Insgesamt gab es 1,54 Millionen Tickets. Ähnlich war das Bild während der Sommerspiele in London 2012. Auch hier betrug die Verkaufsrate rund 97 Prozent. Obschon es hierfür ganze 8,5 Millionen Karten gab.

Offenbar haben die Sicherheitsbedenken der Gäste einen dramatischen Einfluss auf die Ticketverkäufe. Die jüngsten Drohungen haben ihr Übriges getan, um die Ängste weiter anzuheizen. Schon jetzt hat Russland die Ticketpreise für Alpine-Veranstaltungen wegen der Sicherheitsfragen um 50 Prozent gesenkt. Weniger Menschen an den Strecken bedeuten aber auch weniger Begeisterung, die sich nicht nur auf die Sportler, sondern auch auf die Zuschauer zuhause überträgt.

Gut 75 Prozent der Zuschauer sollen übrigens Russen sein. Und hier spielt der Faktor Finanzen eine ebenso entscheidende Rolle wie die Sicherheit. Die Ticketpreise reichen nämlich von bescheidenen 15 bis hin zu luxuriösen 1200 Dollar. Spezielle Arrangements kosten sogar leicht das Zehnfache. Mehr als die Hälfte gehen im Schnitt für um die 150 Dollar über die Verkaufstheke. Bei einem durchschnittlichen russischen Monatslohn von gerade einmal 890 Dollar wird der Besuch in Sotschi also zu einem echten Ausnahmevergnügen.

Für internationale Gäste kommt außerdem das Thema Erreichbarkeit hinzu. Lediglich aus Deutschland und der Türkei gibt es Direktflüge. Alle anderen Nationen müssen teils weite Umwege in Kauf nehmen, sogar über Moskau. Von den aufwendigen Visa-Verfahren ganz zu schweigen.

Die Meldungen rund um die Olympischen Spiele von Sotschi sind von Terror, missachteten Menschenrechten, zerstörter Umwelt und horrenden Kosten geprägt. Die Wettkämpfe an der russischen Riviera sollen inzwischen 36 Milliarden Euro verschlungen haben, berichtet die Huffington Post. Eigentlich seien jedoch nur rund neun Milliarden geplant gewesen. „Die Spiele in Sotschi kosten damit mehr als alle bisherigen olympischen Winterspiele zusammen“, so das Blatt. Ob sie überhaupt hätten stattfinden sollen, stünde jedoch auf einem ganz anderen Blatt. Bundespräsident Joachim Gauck kommt jedenfalls nicht.

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Fall Pirelli: Beginn einer europäischen Gegenoffensive gegen Chinas Wirtschaftsmacht?
30.04.2025

Der Entzug chinesischer Kontrolle bei Pirelli markiert einen Wendepunkt: Europa ringt um Souveränität – zwischen amerikanischem Druck...

DWN
Politik
Politik Wie Trump den grünen Wandel ausbremst – Chronik eines klimapolitischen Rückschritts
30.04.2025

Während Europa sich zunehmend in grüne Bürokratie verstrickt und Milliarden für Klima-Versprechen mobilisiert, marschiert der ehemalige...

DWN
Panorama
Panorama Inflationsrate sinkt auf 2,1 Prozent – Lebensmittelpreise steigen aber weiter
30.04.2025

Die Inflation in Deutschland geht leicht zurück – doch die Entlastung kommt nicht überall an. Während Energie günstiger wird, ziehen...

DWN
Technologie
Technologie Im Moment gewinnen wir gegen die künstliche Intelligenz – noch
30.04.2025

Im Wettrennen zwischen Mensch und Maschine scheint die Entscheidung längst gefallen: Algorithmen rechnen schneller, analysieren...

DWN
Politik
Politik 100 Tage Präsident: Trump gibt sich Bestnoten
30.04.2025

Donald Trump hat seine ersten einhundert Tage der neuen Amtszeit zum Triumphzug erklärt – mit scharfen Angriffen auf Joe Biden, Justiz,...

DWN
Immobilien
Immobilien BGH-Urteil zur Nichtabnahmeentschädigung: Rückforderung jetzt möglich!
30.04.2025

Der BGH hat entschieden: Wer nach geplatztem Immobilienkauf eine Nichtabnahmeentschädigung gezahlt hat, kann Geld zurückfordern – oft...

DWN
Politik
Politik Neue Biomüll-Verordnung ab Mai: Bis zu 2.500 Euro Strafe bei falscher Mülltrennung
30.04.2025

Ökologische Pflicht zur Mülltrennung: Ab dem 1. Mai 2025 tritt die neue Bioabfallverordnung (BioAbfV) in Deutschland in Kraft. Dann...

DWN
Politik
Politik Klingbeil soll Vizekanzler und Finanzminister werden
30.04.2025

Lars Klingbeil tritt als Vizekanzler und Finanzminister in die neue Bundesregierung ein – ein Schritt, der seine politische Macht weiter...