Politik

Türkische Journalisten demonstrieren gegen Zensur

Lesezeit: 2 min
18.02.2014 00:11
Hunderte von Journalisten haben gegen die Einführung einer verschärften Internet-Gesetzes protestiert. Tritt das Gesetz in Kraft, hat das massive Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit. Gleichzeitig erhöht die Regierung damit auch den Druck auf Herausgeber und Redakteure.
Türkische Journalisten demonstrieren gegen Zensur

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Türkei  

In der Türkei ist es am Sonntag erneut zu Protesten gegen das neue Internet-Gesetz der türkischen Regierung gekommen. Diesmal versammelten sich Hunderte von Journalisten in Istanbul. Sie appellierten an Präsident Abdullah Gül, das Papier nicht zu unterzeichnen und stattdessen sein Veto einzulegen.

„Hallo Premierminister, es ist genug“ oder „Stopp den Druck“, war auf den Bannern zu lesen, die die Journalisten am Sonntag durch die Straßen von Cağaloğlu trugen. In diesem Teil Istanbuls befindet sich auch das Büro des Gouverneurs. Genau dort, galt es, die Empörung über die endlosen Einmischungen in die Medien zum Ausdruck bringen.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Anruf bei Habertürk nur das letzte Kapitel

Nur wenige Tage ist es her, dass ein eklatanter Eingriff von Recep Tayyip Erdoğan in das Mediengeschehen öffentlich geworden war. Weil der private türkische Nachrichtensender Habertürk „beleidigende“ Botschaften der Opposition verbreitete, sah sich der Premier im vergangenen Sommer dazu veranlasst, persönlich vorzugehen. Der auf YouTube aufgetauchte Telefonanruf zieht im Netz mittlerweile weite Kreise.

Während einer Marokko-Visite im vergangenen Juni griff Erdoğan zum Telefon, um bei Habertürk-Vorstandsmitglied Fatih Saraç persönlich vorzusprechen. Die auf YouTube veröffentlichte Beschwerde des Premiers bei Saraç ist zu einem echten Hit im Netz avanciert. Mehr als 800.000 User sahen sich den 4:20 Minuten dauernden Clip bereits an.

Erdoğan hat das Gespräch mittlerweile öffentlich während einer Pressekonferenz in Ankara eingeräumt. Einsichtig zeigte er sich allerdings nicht. Seiner Ansicht nach habe er gegen die „Beleidigungen“ vorgehen müssen.

Die unglaublichen Enthüllungen haben das Ausmaß der staatlichen Eingriffe in Medienangelegenheiten deutlich gemacht, die für ein demokratisches Land nicht hinnehmbar sein sollten. Spätestens seither ist dem Premier der Zorn der Kritiker und Oppositionsparteien im Parlament sicher. Spürbar sind diese jedoch schon weitaus länger. Schon während der Gezi Park Proteste ignorierten die staatlichen Medien die riesigen Proteste etwa auf dem Taksim-Platz. Die Selbstzensur griff um sich - aus Angst vor Repressalien. Auf der anderen Seite mussten zahlreiche Kollegen für ihre Berichterstattung ihre Posten räumen.

Blockierung von Internetseiten binnen vier Stunden

Die jüngste Internet-Gesetz wartet nun noch auf die Unterschrift des Präsidenten. Tritt es in Kraft, wäre die türkische Aufsichtsbehörde für Telekommunikation (TIB) in der Lage, innerhalb von vier Stunden Internetseiten ohne eine Gerichtsentscheidung zu blockieren. Behörden sollen im Zuge einer Änderung des Gesetzes Nr. 5651 außerdem mit der Befugnis ausgestattet werden, künftig die Surfaktivitäten der User aufzuzeichnen und für zwei Jahre abzuspeichern.

Erst Ende der vergangenen Woche hatte sich die internationale Menschenrechtsorganisation Amnesty International zu Wort gemeldet. Sie forderte den türkischen Präsidenten Abdullah Gül öffentlich auf, „sein Veto-Recht zu nutzen, um eine Verschärfung des Internet-Gesetzes Nr. 5651 zu verhindern“. Diese würden nach Ansicht der Menschenrechtsorganisation „eine abschreckende Wirkung auf die freie Meinungsäußerung“ haben. Der Präsident müsse ein Zeichen gegen Internet-Zensur setzen. Gleichzeitig wurde eine weltweite Twitter-Aktion lanciert.

 


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Panorama
Panorama Fahrraddiebe nehmen vermehrt teure E-Bikes und Rennräder ins Visier
24.04.2024

Teure E-Bikes und Rennräder sind seit Jahren immer häufiger auf den Straßen zu sehen - die Anzahl von Diebstählen und die...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Chef sieht Zinssenkungspfad unklar und plädiert für digitalen Euro
24.04.2024

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere...

DWN
Technologie
Technologie Boom bei Gründungen von KI-Startups in Deutschland
24.04.2024

Obwohl die Finanzierung von Jungfirmen allgemein ins Stocken geraten ist, entstehen in Deutschland gerade unzählige KI-Startups. Im...

DWN
Politik
Politik USA kündigen massive Waffenlieferungen in die Ukraine an - Selenskyj äußert Dank
24.04.2024

Der US-Kongress hat die milliardenschweren Ukraine-Hilfen gebilligt. Jetzt könnte es laut Pentagon bei der ersten Lieferung sehr schnell...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Preiskrieg in China: Volkswagen im harten Wettbewerb der Elektroauto-Branche
24.04.2024

Volkswagen, lange Zeit der unangefochtene Marktführer in China, sieht sich nun einem intensiven Wettbewerb um den Elektroautomarkt...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber im Aufschwung: Das Gold des kleinen Mannes holt auf
24.04.2024

Silber hinkt traditionell dem großen Bruder Gold etwas hinterher. In den letzten Wochen hat der Silberpreis massiv zugelegt. Was sind die...

DWN
Technologie
Technologie Habeck sieht großes Potenzial in umstrittener CO2-Einlagerung
24.04.2024

Die Technologie "Carbon Capture and Storage" (CO2-Abscheidung und -Speicherung) ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Inzwischen gibt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Frauen in Tech-Berufen: Deutliches Ungleichgewicht trotz wachsender Nachfrage
24.04.2024

Der Frauenanteil in Berufen in den Bereichen Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik ist laut einer Studie niedrig....