Ein weiteres NSA-Dokument zeigt, dass die amerikanische Regierung entgegen ihrer Beteuerungen durchaus Spionage betreibt. In dem Dokument, das der New York Times vorliegt geht es um die Überwachung von amerikanischen Anwaltskanzleien. Und dass, obwohl es der NSA eigentlich nach amerikanischen Recht untersagt ist, die eigenen Bürger bzw. Unternehmen zu bespitzeln. Doch mithilfe des australischen Geheimdienstes lässt sich auch dies schnell umgehen. Schließlich gehört der australische Geheimdienst zum Spionageclub Five Eyes – genauso wie die USA, Großbritannien, Kanada und Neuseeland.
In dem Dokument vom Februar 2013 geht es um eine US-Kanzlei, die von der indonesischen Regierung angeheuert wurde, um sie in Handelsstreitigkeiten mit den USA zu beraten. Für die amerikanische Regierung waren das sicherlich keine uninteressanten, bedeutungslosen Informationen, die durch die Bespitzelung herauskamen. Die Ausspähung der Kanzlei lief jedoch nicht direkt über die NSA, sondern über das australische Pendant, den australischen Geheimdienst (Australian Signals Directorate).
Der australische Geheimdienst hatte NSA-Beamten aus einem gemeinsamen Büro in Canberra (Australien) darüber informiert, dass man die Gespräche zwischen der US-Kanzlei und indonesischen Beamten abhöre, und bot der NSA an, mit ihr die Informationen zu teilen. Nach kurzer Rücksprache mit dem Chefjustiziar der NSA, so das Dokument, erhielten die NSA-Beamten vor Ort in Australien und deren australische Partner klare Anweisungen zum Umgang und die Spionage konnte fortgeführt werden.
Im Dokument selbst befand sich kein Hinweis auf den Namen der Kanzlei. Aber die amerikanische Kanzlei Mayer Brown aus Chicago beriet zu der Zeit die indonesische Regierung in Handelsfragen. In einem Handelsstreit, bei dem die Anwaltskanzlei beratend zur Seite stand, ging es um den Import indonesischer „Nelkenzigaretten“. Die USA hatten die Einfuhr dieser Ware verwehrt. Der zweite Handelsstreit betraf die Einfuhr indonesischer Garnelen.
Es gibt keinen Grund daran zu zweifeln, dass die deutsche Industrie und der deutsche Mittelstand für die Amerikaner mindestens so interessant sind. Die Aufgabe der NSA besteht nicht darin, die privaten Daten der Bürger zu durchschnüffeln – hier mögen sich Kollateralschäden ergeben. Der geldwerte Vorteil der NSA-Spionage entsteht dadurch, dass die Amerikaner ihre Wirtschaftsinteressen mit allen Mitteln durchsetzen wollen. Vor allem mit Blick auf das Freihandelsabkommen zwischen den USA und Deutschland ist davon auszugehen, dass die USA weiterhin versuchen werden, sich über ihren Geheimdienst Vorteile gegenüber deutschen Unternehmen zu verschaffen.