Politik

Gigantische Mengen Wasser im Erd-Inneren gefunden

Geophysiker haben den bislang größten Wasserspeicher der Welt entdeckt. Das Wasser ist 650 Kilometer unter der Erdoberfläche in einem bislang unerforschten Gestein gespeichert. Ersten Schätzungen zufolge liegt unter Nordamerika mehr Wasser, als in allen Ozeanen zusammen.
24.06.2014 18:07
Lesezeit: 3 min

Mehr als 70 Prozent der Erdoberfläche sind von Wasser bedeckt. Während sich Wissenschaftler überall auf der Welt mit dem schmelzenden Eis an den Polen beschäftigen, haben Forscher in den USA eine ganz neue Entdeckung gemacht. So sollen riesige Wassermassen unterirdisch in einem besonderen Element gespeichert sein.

Die Theorie zu dem Gestein namens Ringwoodit ist neu. Schon bereits vor rund 60 Jahren wurde die These vom gleichnamigen Physiker aufgestellt, dass im Erdinneren Wasser gespeichert sein soll. Die Spekulationen gingen davon aus, dass sich Ringwoodit etwa 400 bis 660 km unter der Erdoberfläche befindet. Was bislang nur auf dem Papier möglich war, wollen die US-amerikanischen Geophysiker der Universität New Mexico jetzt bewiesen haben.

Es handelt sich dabei allerdings nicht um Wasser im herkömmlichen Sinne. Vielmehr ist es mit Stein vermischt und in Kristallform. Das liegt wiederum an den besonderen Eigenschaften von Ringwoodit. Im Prinzip wird das Wasser angesogen und im Mineral gespeichert. So beschreibt das auch der Entdecker des gigantischen Wasserreservoirs Steve Jacobsen. Er hat als Geophysiker zusammen mit dem Seismologen Brandon Schmandt den Fundort lokalisieren können.

Jacobsen erklärt die Speicherfähigkeit von dem Element wie folgt: „Ringwoodit ist wie ein Schwamm, der Wasser aufsaugt. Die kristalline Struktur von Ringwoodit ermöglicht es Wasserstoff anzuziehen und Wasser einzufangen. Durch die Zustände im tieferen Erdmantel kann das Mineral eine Menge Wasser enthalten.“

Diese Menge ist tatsächlich gigantisch. Die Messungen der beiden Wissenschaftler haben ergeben, dass der entdeckte Wasserspeicher dreimal so viel Wasser wie alle Ozeane der Welt enthält. Ob es sich dabei um Frischwasser oder Salzwasser handelt wurde bislang nicht erwähnt. Vermutet wird jedoch, dass es kein Trinkwasser ist. Schließlich suchen Forscher auch immer noch Ursachen, wie Wasser aus den Ozeanen versickern kann. Durch Plattentektonik ließe sich dies in Kombination mit der neuen Entdeckung erklären. So würde Wasser bei der Erdplattenverschiebung in Richtung Erdkern gedrückt, während zur selben Zeit Ringwoodit die Flüssigkeit anzieht.

Die Frage nach dem Nutzen der Entdeckung sei hierbei auch gestellt. Natürlich ist es für die Erdbevölkerung von Vorteil, wenn die riesigen Wassermassen unter der Erdkruste gespeichert bleiben. Würde das Wasser rein theoretisch an die Oberfläche befördert werden, lägen nur noch die höchsten Berge über dem neuen Meeresspiegel. Ein Leben auf der Erde wäre also drastisch eingeschränkt und nur noch für wenige Lebewesen, die Festland benötigen, möglich. Es wird also kaum das Ziel sein, das Wasserreservoir anzuzapfen. Vielmehr geht es darum, Ringwoodit zu Forschungszwecken zu nutzen.

Doch die Laborbedingungen sind schwer nachzubilden. Schließlich ist der Druck rund 700 Kilometer unter dem Erdmantel extrem hoch. Insofern ist der Nutzen für einen Ringwoodit-Schwamm im Alltag vorerst nicht ersichtlich. Dennoch hat allein das Verfahren, mit dem Wasserspeicher entdeckt wurde, eine Chance weiter genutzt zu werden.

Hintergrund sind unterirdische Wasserbewegungen. Diese laufen zwar unsichtbar unter der Erde, können aber von Seismologen geortet und gemessen werden. Um das Wasserreservoir zu entdecken wurden die Messungen von einem Netzwerk aus über 2.000 Seismographen verwendet. Dazu kamen die Laborexperimente mit synthetischem Ringwoodit, die gezeigt haben, das in dem Mineral etwa 1 Prozent Wasser enthalten ist.

Zudem wurde im März das weltweit erste Ringwoodit in Brasilien geborgen. In einem Vulkan wurde in 650 Kilometer Tiefe ein Diamant geborgen, der im Inneren wiederum eine winzige Menge Ringwoodit enthielt. Untersuchungen haben gezeigt, dass es überraschend viel Wasser gespeichert hatte. Damit sind die Forscher der Funktion des Minerals einen Schritt näher gekommen. Was bislang nur theoretisch durchgespielt wurde, konnte jetzt anhand von tatsächlichen Funden überprüft werden.

Bis dato sind folgende Kernpunkte über Ringwoodit und seiner Wasseraufnahme bekannt: Der obere Erdmantel besteht zum größten Teil aus der Olivingruppe. Das sind mineralische Zusammensetzungen, die unter anderem auch Blei, Calcium und Eisen enthalten. Sobald der Anteil an Olivin Richtung Erdmitte abnimmt, entsteht Ringwoodit.

Während Olivin eine trockene Verbindung ist, saugt Ringwoodit dagegen das Wasser gierig auf. Jedoch ist der Speicher nicht unendlich. Je tiefer Wasser gesogen wird, desto höher steigt der Druck. Ab einem gewissen Punkt kann Ringwoodit das Wasser nicht mehr halten und drückt es wieder heraus. Das wird dehydrierende Schmelze genannt. Kommt dies häufig vor, entstehen Übergangszonen, in denen das Wasser gefangen ist. Geschieht dies in großem Ausmaß, kann sich eine derart große Menge bilden, wie von den Wissenschaftlern entdeckt.

Laut der Erklärung wird das Wasser also primär weiter nach unten gedrückt. Vor einem zusätzlich steigendem Meeresspiegel ist die Welt in dieser Hinsicht wohl sicher. Zudem könnte durch die Entdeckung die unterirdische Forschung weiter gefördert werden. Denn es gibt noch viele ungeklärte Phänomene, für die die Wissenschaft noch keine definitiven Erklärungen hat.

Insbesondere soll jetzt näher untersucht werden, wie Wasser von der Erdoberfläche nach unten transportiert wird. Möglicherweise kann damit sogar dem steigenden Meeresspiegel entgegengewirkt werden. Würde der Prozess erst einmal genau erforscht und eventuell sogar beschleunigt werden, könnten unter Umständen gezielt Wassermassen unter die Erdkruste befördert werden. Damit wäre es prinzipiell möglich den Meeresspiegel gezielt zu kontrollieren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Elon Musk: Der stille Umbau der USA in ein Tech-Regime
17.05.2025

Nie zuvor in der modernen Geschichte der USA hat ein einzelner Unternehmer derart tief in den Staat eingegriffen. Elon Musk, offiziell ohne...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Start-up WeSort.AI: Wie künstliche Intelligenz die Mülltrennung revolutioniert
16.05.2025

Die Müllberge wachsen von Jahr zu Jahr, bis 2050 sollen es fast siebzig Prozent mehr Abfall sein. Die Brüder Johannes und Nathanael Laier...

DWN
Politik
Politik Zentralplanerisches Scheitern: Lukaschenkos Preiskontrolle lässt Kartoffeln verschwinden
16.05.2025

Die belarussische Regierung hat mit rigider Preiskontrolle einen der elementarsten Versorgungsbereiche des Landes destabilisiert....

DWN
Finanzen
Finanzen Philipp Vorndran: „Kaufen Sie Immobilien, Gold – und streuen Sie Ihr Vermögen global“
16.05.2025

Anleger müssen umdenken: Investitionsstratege Philipp Vorndran warnt im Gespräch mit Peter Frankl vor einem Kollaps des alten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW-Kleinaktionäre drängen auf Rückzug von VW-Chef Blume bei Porsche
16.05.2025

VW-Chef Blume steht zunehmend unter Druck: Kritik aus den eigenen Reihen bringt seine Doppelrolle ins Wanken. Wie lange kann er sich noch...

DWN
Finanzen
Finanzen Was sind alternative Investments? Whisky, Windpark, Private Equity – wie Sie abseits der Börse Rendite machen
16.05.2025

Alternative Investments gelten als Baustein für resiliente Portfolios. Doch was genau verbirgt sich hinter dieser Anlageklasse? Warum sie...

DWN
Politik
Politik Dobrindt: Grenzkontrollen markieren den Beginn eines Kurswechsels
16.05.2025

Innenminister Dobrindt setzt auf strengere Maßnahmen und schärfere Grenzkontrollen – ein klarer Kurswechsel in der Migrationspolitik....

DWN
Politik
Politik Grüne kritisieren Wadephuls Aussage zu Verteidigungsausgaben als "naiv"
16.05.2025

Verteidigungsausgaben sollen auf fünf Prozent steigen – ein Vorschlag, der Deutschland spaltet. Doch wie realistisch ist dieses Ziel?...