Offenbar können Pflanzen kleine Insekten wahrnehmen. Sobald beispielsweise eine Raupe über das Blatt kriecht, spürt das die Pflanze. Wenn die Raupe in das Blatt hineinbeißt, merkt die Pflanze das auch. Die Forscher haben das mit Schwingungen versucht nachzubilden. Das geht aus einer Studie der University of Missouri hervor. Doch es wurde bisher erst eine Pflanzenart daraufhin untersucht.
Dabei wurde untersucht, welche Frequenz das Beißen verursacht. Diese Schwingung haben die Wissenschaftler den Pflanzen vorgespielt. Das Ergebnis: Das Acker-Schmalwand – auch bekannt als Schotenkresse oder Gänserauke – reagiert auf die Frequenz und sondert Chemikalien ab zur Abwehr.
Bisherige Untersuchen haben gezeigt, dass unterschiedliche Pflanzen sehr viel aus ihrer Umgebung mitbekommen. So können sie auf Wind, Berührung und akustische Signale reagieren. Daher kommt auch die kreativ abgeleitete Theorie, das man mit allen Pflanzenarten reden, oder ihnen sogar Musik vorspielen soll. Doch noch ist längst nicht bewiesen, ob sich wirklich jede Zimmerpflanze über romantische Lieder und tiefgründige Gespräche freut.
Vielmehr geht es aber darum, worauf Pflanzen hören. So wie Hund, der im Garten liegt und alle möglichen Geräusche aus der Umwelt wahrnimmt. Er hört viel, doch das meiste interessiert ihn nicht und wird ausgefiltert. Hört er dagegen einen anderen Hund oder das Rascheln der Futterpackung, reagiert er sofort. Ähnlich ist es bei Pflanzen. Sie achten dabei auf Insekten, die Blätter fressen.
Das hat die Untersuchung nämlich ebenfalls ergeben: Andere Insekten werden von Pflanzen auch wahrgenommen. Aber nur wenn das Geräusch von beißenden Insekten auftritt, springt der Abwehrmechanismus der Pflanzen an. Sie können also eindeutig unterscheiden und deshalb werden alle anderen Geräusche ausgefiltert.
Das Acker-Schmalwand mit dem lateinischen Namen Arabidopsis thaliana ist demnach sehr empfindlich, wenn es um Vibrationen geht. Wichtig ist hierbei auch zu erwähnen, dass es bisher nur dahingehende Forschungen an dieser Pflanze gibt. Alle Pflanzenarten über einen Kamm scheren fällt damit erst einmal flach.
Untersucht wurden insbesondere Glucosinolate, die auch als Senfölglycoside bekannt sind. Diese Art der Glycoside sind unter anderem bei Pflanzen dafür zuständig, dass Senf scharf schmeckt. Außerdem können sie Wirkstoffe enthalten, die gegen Krebs helfen. Aber auch Anthocyane wurden unter die Lupe genommen. Diese pflanzlichen Farbstoffe sorgen zum Beispiel beim Wein für dessen Farbe und bei Schokolade für einige deren gesunden Effekte im Körper.
Interessant war bei diesen Bestandteilen zu sehen, wie der Abwehrmechanismus funktioniert. Erhöht die Pflanze die Konzentration von Senfölglycoside und Anthocyane – so verliert die Raupe den Appetit. Scheinbar verändert das Kraut dadurch seinen Geschmack und kann sich so vor Insekten schützen.
Pflanzen sind dabei sogar lernfähig. Auch das hat die Studie bewiesen. Im Labor wurden verschiedene Gruppen von Schotenkresse getrennt untersucht. Eine Gruppe wurde sehr häufig den Vibrationen von fressenden Insekten ausgesetzt. Die Kontrollgruppe dagegen überhaupt nicht. Dann wurde ein neuer Versuch gestartet und beiden Gruppen die Geräusche von beißenden Raupen vorgespielt. Als Resultat erzeugten beiden Gruppen das Sekret zur Abwehr. Die Gruppe, die dem Geräusch häufig ausgesetzt war, produzierte aber deutlich mehr Abwehrstoffe, als die bisher geschonte Kontrollgruppe.
Das Acker-Schmalwand passt sich also seiner Umgebung an. Gibt es viele Pflanzenfresser, reagiert der Abwehrmechanismus stärker. Gibt es dagegen nur viel Wind oder Insekten die nicht am Kraut fressen, bleibt die Gänserauke scheinbar entspannt und reagiert zumindest nicht auf diese Umwelteinflüsse.
Jeder Hobbygärtner wird jetzt bestimmt schon das Gras wachsen hören, in der Hoffnung, dass es bald auch Gemüse mit dieser Funktion gibt. Schließlich wäre es praktisch, wenn die eigene Ernte nicht mit Chemikalien vor Pflanzenfressern geschützt werden müsste. Allerdings ist dann wiederum fraglich, welchen Geschmack die Lebensmittel dann haben werden, wenn ihnen beigebracht wird, wie sie ihre Zusammensetzung bei Gefahr verändern können.