Gemischtes

Superstahl: Fahrzeuge der Zukunft werden leichter und sicherer

Ein Konsortium aus Autoherstellern, Zulieferern und Stahlproduzenten arbeitet mit Maschinenbauern an der Entwicklung von hochfestem Stahl, der in den Autos der Zukunft verbaut werden soll. Die Bauteile werden mit Lasern zusammengeschnitten. Die Fahrzeuge werden leichter und dennoch sicherer im Crashverhalten.
23.07.2014 00:16
Lesezeit: 2 min

Fahrzeuge müssen bei Unfällen einem harten Aufprall standhalten und dürfen dabei aber nicht zu viel wiegen. Sonst steigt der Kraftstoffverbrauch. In der Automobilindustrie sind aufgrund ökonomischer, ökologischer wie auch politischer Zwänge Maßnahmen zum effizienteren Energieeinsatz gefordert. Eine wichtige Stellschraube ist die Reduzierung des Fahrzeuggewichts, wobei gleichzeitig die Anforderungen an die Fahrzeugsicherheit steigen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, kommen zunehmend Bauteile aus pressgehärteten hochfesten Stählen zum Einsatz.

Gemeinsam mit Automobilherstellern und -zulieferern, Partnern aus dem Bereich Stahlherstellung sowie Laser- und Anlagenbau und dem Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT soll das Konsortium neben verbesserter Crashperformance zur Reduzierung des Gewichts von Fahrzeugen und somit zur Erhöhung der Energieeffizienz im Automobilbereich beitragen.

Der Trend zum sicheren Autofahren lässt sich bereits erkennen: Trotz der gestiegenen Zahl an Unfällen starben auf deutschen Straßen 2013 so wenig Menschen wie noch nie seit Beginn der Erhebung im Jahr 1953: Insgesamt waren 3.339 Unfalltote zu beklagen, das waren 261 Personen oder 7,3 Prozent weniger als im Jahr davor. Im Vergleich zum bisher schwärzesten Jahr der Unfallstatistik 1970 mit 21.332 Todesopfern ist das sogar ein Rückgang um über 80 Prozent. Dennoch kamen im Straßenverkehr 2013 täglich durchschnittlich neun Menschen ums Leben. Bei der Zahl der Verletzten gab es im Jahr 2013 ebenfalls einen Rückgang, und zwar um 3,4 Prozent bei den Schwer- und um 2,5 Prozent bei den Leichtverletzten.

Das häufigste Fehlverhalten bei Unfällen mit Personenschaden waren Fehler beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren, Ein- und Anfahren (15,8 %). Vorfahrtsfehler standen an zweiter Stelle (14,6 %), gefolgt von nicht angepasster Geschwindigkeit (13,9 %), berichtet das Statistische Bundesamt.

Die moderne Fertigungstechnik der Fahrzeugkarosserien verspricht mehr Sicherheit durch extrem harten Stahl. Diese Stähle erreichen bei einer geringeren Blechstärke und damit geringerem Gewicht ein gleich gutes oder sogar verbessertes Crashverhalten von Pkw-Strukturen wie zum Beispiel in B-Säulen oder im seitlichen Schweller. Die hohe Festigkeit dieser Werkstoffe hat jedoch auch zu notwendigen Änderungen bei der Weiterbearbeitung wie dem Beschneiden und dem Fügen geführt.

Als Beschnittverfahren hat sich das Laserschneiden etabliert, da mechanische Verfahren zu raschem Werkzeugverschleiß führen und bei neuen Gütern mit einer weiter gestiegenen Festigkeit nicht mehr einsetzbar sind. Allerdings entstehen beim Laserschneiden Aufhärtungen in der Randzone der Schnittkante.

Das Fügen erfolgt im Wesentlichen durch das weitverbreitete Punktschweißen. Beim Punktschweißen wiederum entsteht eine Wärmeeinflusszone mit deutlicher Härtereduzierung um den Schweißpunkt. Mechanische Verfahren für den Mischbau wie Clinchen oder Stanznieten sind aufgrund der hohen Festigkeit bei pressgehärteten Stählen kaum noch möglich.

Beide Effekte beeinträchtigen die Crasheigenschaften des Bauteils. Durch eine lokale Wärmebehandlung der Bauteile im Schnittkantenbereich und in den Fügezonen können die Eigenschaften des Werkstoffs lokal angepasst und somit seine Crasheigenschaften verbessert werden. Dieser zusätzliche Prozessschritt verursacht jedoch Mehrkosten. Aus ökonomischen Gründen ist es daher sinnvoll, die lokale Wärmebehandlung mit dem Schneidprozess zu kombinieren.

Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und begleitet vom Projektträger VDI hat sich ein Konsortium aus zwei Automobilherstellern (AUDI und Ford), einem Automobilzulieferer (KIRCHHOFF AUTOMOTIVE), zwei Stahlanbietern (ThyssenKrupp Steel Europe und BILSTEIN), einem Laserhersteller (Laserline), einem Anlagenbauer (Arnold), einem Prüflabor (F+K) sowie einem Forschungsinstitut (Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT) zum Ziel gesetzt, ein Kombinationsverfahren zum Laserschneiden und zur lokalen Wärmebehandlung zu entwickeln.

Im Rahmen des Verbundvorhabens werden bis zum Jahr 2017 nicht nur die Verfahrensgrundlagen erarbeitet, sondern auch eine Demonstratoranlage aufgebaut und erprobt.

Für das Kombinationsverfahren wird eine hybride Laserstrahlquelle bestehend aus einem Diodenlaser für die Wärmebehandlung und einem Faserlaser für das Schneiden entwickelt. Weiterhin arbeitet das Konsortium an der Entwicklung eines hybriden Schneid-Wärmebehandlungs-Kopfes. Beide Komponenten werden in einem Anlagenkonzept für die 3D-Bearbeitung integriert.

Das Fügen der entfestigten Zonen wird an einfachen Modellgeometrien untersucht, das Crashverhalten anhand von ausgewählten Demonstratorbauteilen durch Crashtests analysiert. Parallel zu den experimentellen Untersuchungen erfolgt eine Simulation des Werkstoffverhaltens, um das Verfahren später in die Fahrzeugentwicklung integrieren zu können.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...