Finanzen

Studie: Europas Banken trotz Stresstest mit Eigenkapital-Lücken

Der bevorstehende EZB-Stresstest hat bei einigen Banken zu verstärkter Kapitalaufnahme geführt. Die meisten warten jedoch ab. Eine von der EZB unabhängige Schätzung sieht einen realistischen Kapitalbedarf von 300 Milliarden Euro bei den europäischen Banken.
21.10.2014 00:01
Lesezeit: 2 min

Seit Anfang 2011 haben sich die europäischen Banken an den Kapitalmärkten mehr als 90 Milliarden Euro beschafft. Allein fast die Hälfte davon – immerhin 34,7 Milliarden Euro - sind in den ersten neun Monaten dieses Jahres von den Instituten eingesammelt worden. Vor allem Banken aus kriselnden Ländern haben in diesem Jahr ihr Kapital aufgebessert, aber auch deutsche Institute hatten noch einen Nachholbedarf, wie eine Analyse der Kanzlei Linklaters zeigt. Die italienischen Institute haben in den vergangenen neun Monaten mit 10,5 Milliarden Euro beschafft, gefolgt von Griechenland mit 8,3 Milliarden Euro, Deutschland (6,7 Mrd.) und Portugal (3,4 Mrd.).

Am 26. Oktober werden die Ergebnisse des Stresstests veröffentlicht. Insgesamt stehen 130 führende Banken bei dem Stresstest im Rampenlicht. Und trotz der massiven Kapitalbeschaffung werden etliche Banken in Schwierigkeiten geraten. Es ist nicht sicher zu sagen, ob die 90 Milliarden Euro frischen Geldes der vergangenen Jahre überhaupt reichen. Es gibt Schätzungen, wonach ein Kapitalbedarf in Höhe von 300 Milliarden Euro realistischer ist.

Und unabhängig von diesen Schätzungen zeigen auch die Untersuchungen von Linklaters , dass einige Institute nicht in der Lage sein werden, den Stresstest zu bestehen. Denn die 34,7 Milliarden Euro, die an den Märkten beschafft wurden, wurden nicht gleichmäßig abgerufen. Von den 66 Banken in den kriselnden Ländern etwa hat nur ein Viertel in diesem Jahr ihr Eigenkapital erhöht. Das lege nahe, dass „möglicher Weise noch einige Banken an einem Defizit im Eigenkapital leiden“, so Edward Chan von Linklaters.

Die Deutsche Bank hatte sich in diesem Jahr ganz bewusst sehr viel frisches Kapital am Markt besorgt. Die Commerzbank und die HSH Nordbank haben Probleme mit ihrem Schifffahrtsportfolio. HSH Nordbank, die NordLB und die Commerzbank werden bei dem Stresstest mit einer Abschreibung von zehn bis zwanzig Prozent auf ihre Schifffahrtsanteile rechnen müssen, so die FT mit Verweis auf Insider. Ende Juni hatte die HSH noch etwa 20 Milliarden Euro in die Schifffahrtsanteile investiert. Das entspricht etwa einem Fünftel ihres ganzen Kapitals. Bei der NordLB sind es 16,2 Milliarden Euro ihres Kapitals in Höhe von 199 Milliarden Euro  und bei der Commerzbank sind von dem Gesamtkapital (583 Mrd. Euro) 12,8 Milliarden Euro in Schiffsanteilen investiert. Goldman Sachs zufolge laufen mindestens drei italienische (Monte dei Paschi, Banca Popolare di Milano und Banca Popolare) und drei griechische Banken (Piraeus, Eurobank and Alpha Bank) Gefahr, den Stresstest nicht zu bestehen, so der britische Telegraph.

Die EZB selbst ist ebenfalls unsicher hinsichtlich möglicher Folgen des Stresstests für die Märkte und das Bankensystem. Deshalb sollen Banken, die wanken, innerhalb von 48 Stunden einen Notfall-Plan präsentieren, wie sie Kapitallücken decken wollen. Bei drei der insgesamt acht Banken, die durch den letzten Stresstest fielen, führte dies zu einer Restrukturierung. Die anderen fünf durchgefallenen Banken wurden entweder verkauft oder fusioniert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...