Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen warnte vor einer Entfremdung zwischen Russland und dem Westen. Denn diese Entwicklung gefährde die Sicherheitslage in Deutschland und Europa insgesamt. Aufgrund zahlreicher Konflikte und Bedrohungen in der Welt sei eine Kooperation eigentlich dringend erforderlich. „Dies erschwert den Kampf gegen die islamistischen Extremismus und Terrorismus zu einer Zeit, in der wir es eigentlich am wenigsten bräuchten“, sagte Maaßen am Mittwoch beim Internationalen Polizeikongress in Berlin.
Deutschland wird auf Dauer wohl nicht ohne einen islamistischen Anschlag bleiben, so Maaßen. „Wir müssen davon ausgehen, dass auch wir Ziel werden von terroristischen Anschlägen, und wir müssen uns auch darauf einstellen“, sagte Maaßen. Deutschland befinde sich nicht auf einer Insel der Sicherheit. Organisationen wie der Islamische Staat (IS) oder Al-Kaida verfolgten das Ziel, den Westen zu destabilisieren, indem durch Attentate Angst und Schrecken verbreitet werde. Zudem wollten sie die Ideologie des globalen Dschihad in deutsche und europäische Städte tragen. Es gebe aber keine Hinweise auf konkrete Anschlagsplanungen.
Maaßen sagte, jeder Anschlag sei für die extremistischen Gruppen eine Werbekampagne zur Rekrutierung von Anhängern. Offen hofften sie zudem darauf, dass jeder Anschlag die Rechtsextremisten und Rechtspopulisten stärke, wodurch auch sie sich mehr Zulauf versprächen. IS und Al-Kaida stünden nicht zuletzt in einem Konkurrenzverhältnis und wollten durch öffentlichkeitswirksame Anschläge wahrgenommen werden. Eine steigende Gefahr stellen dem Verfassungsschützer zufolge sogenannte Hit-Teams dar - Gruppen entsandter Extremisten.
Der oberste Verfassungsschützer verwies erneut auf die Gefahr von Kämpfern, die aus Europa in den Krieg nach Syrien und den Irak zögen. Aus Deutschland seien 600 junge Leute und aus Europa rund 4000 Personen dorthin ausgewandert. Rund 200 Personen seien nach Deutschland zurückgekehrt, 70 seien ums Leben gekommen - mehr als zehn davon bei Selbstmordanschlägen. Die Behörden vermuteten bei 70 zurückgekehrten Personen, dass sie an schweren Straftaten und Kriegshandlungen beteiligt gewesen seien. In der Regel seien sie so brutalisiert, dass sie vor Anschlägen nicht zurückschreckten. Allerdings wissen laut Maaßen die Behörden bei einem Großteil nicht, was sie im Konfliktgebiet getan hätten
Russland hat indes im Zuge der Ukraine-Krise nach Erkenntnissen des deutschen Verfassungsschutzes seine Spionage in europäischen Staaten deutlich verstärkt. Zwar sehe Russland seit vielen Jahren Deutschland und die europäischen Staaten als Ziel von Spionage, so Maaßen. Mit Blick auf die Ukraine seien aber „deutliche Aktivitäten“ festzustellen, gerade auch mit Blick auf die Vorbereitung von Entscheidungen des Westens in der Krise.
Dabei würden alte Maßnahmen des früheren sowjetischen Geheimdienstes KGB wieder aufgegriffen (siehe Video am Anfang des Artikels). Dazu gehörten neben der Spionage auch gezielte Desinformationen, die Einflussnahme auf Entscheidungen und die Unterstützung extremistischer Gruppen mit dem Ziel der Destabilisierung eines Staates. Hiervon seien vor allem osteuropäische Staaten als Nachbarn Russlands betroffen.