Finanzen

Sparkassen drohen wegen Niedrigzins „schwierige Jahre“

Die Bundesbank drängt die Sparkassen, sich frühzeitig für eine lange Durststrecke zu rüsten. Grund dafür sind vor allem die Niedrigzinsen. Eine auf das Sparkonto ausgerichtete Sparkultur stoße in einer Phase niedriger Zinsen früher oder später an ihre Grenzen.
27.02.2015 00:41
Lesezeit: 2 min

Die Bundesbank drängt die Sparkassen, sich frühzeitig für eine lange Durststrecke zu rüsten. „Es ist offensichtlich, dass der Zinsüberschuss generell weiter sinken wird“, sagte Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret am Donnerstag in Berlin. Die Kapitalausstattung der „allermeisten Sparkassen“ sei zwar komfortabel und ihre Risikotragfähigkeit gut. Einige hätten ihre Geschäftsstrategie allerdings darauf ausgerichtet, dass die Zinsen relativ schnell wieder steigen. Dies sei jedoch eine Illusion.

„An dieser Stelle mein Appell: Bitte bedenken Sie nicht nur Ihre aktuelle Situation, die vielen von Ihnen noch auskömmlich vorkommen mag. Es kann keine Strategie sein, auf Dauer aus der Substanz zu leben“, sagte Dombret auf einer Handelsblatt-Konferenz, an der auch Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon teilnahm.

Den Instituten müsse klar sein, dass auch mittelfristig nicht mit einem Anstieg der Zinsen zu rechnen sei. Dies werde „deutliche Spuren in der Gewinn- und Verlustrechnung der Sparkassen hinterlassen“. Eine auf das Sparkonto ausgerichtete Sparkultur stoße in einer Phase niedriger Zinsen früher oder später an ihre Grenzen: „Ich dränge Sie, realistisch die Zinssituation einzuschätzen - ohne Angst, aber eben realistisch.“ Die Sparkassen dürften nicht der Versuchung erliegen, auf der „Jagd nach Rendite“ immer höhere Risiken einzugehen. Dies könne im schlimmsten Fall dazu beitragen, dass sich Preisblasen bildeten. Dombret rät daher, auf die Kostenbremse zu drücken: Mitarbeiter könnten noch effizienter eingesetzt und Sachkosten gedrückt werden. Auch das „relativ große“ Filialnetz einiger Sparkassen müsse hinterfragt werden.

Die Sparkassen stellen sich angesichts niedriger Zinsen bereits auf harte Zeiten ein. „Es stehen uns schwierige Jahre ins Haus“, so Fahrenschon am Donnerstag. Sowohl im Kreditgeschäft als auch mit ihren eigenen Anlagen würden die Institute in den kommenden Jahren weniger verdienen.

Dombret forderte Sparkassen und Landesbanken auf, den Streit über ihr gemeinsames Einlagensicherungssystem beizulegen. „Ich würde mich freuen, wenn die Gruppe zusammenbleiben würde.“ Sparkassen und Landesbanken ringen seit Monaten darum, wie sie ihr Einlagensicherungssystem an neue EU-Richtlinien anpassen. Sie müssen in den kommenden Jahren rund zwei Milliarden Euro nachschießen, um neue EU-Regeln zur Sicherung von Spareinlagen zu erfüllen. Die westfälischen Sparkassen haben mit einem Austritt aus dem Verbund gedroht, falls ihre Forderung nach einer Haftungsbegrenzung nicht erfüllt werde.

Fahrenschon und NordLB -Chef Gunter Dunkel zeigten sich zuversichtlich, dass sich die Institute zeitnah einigen. Viel Zeit dafür bleibt beiden Seiten allerdings nicht mehr, wie Dombret betonte. Bis Juli müssen die Institute die neuen gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Trotz des Haftungsverbunds werden in Ernstfall wohl auch wieder die Steuerzahler bluten, sollte eine große Landesbank in Schieflage geraten, fürchtet Martin Faust von der Frankfurt School of Finance. „Wenn wirklich Landesbanken in Schwierigkeiten kämen, wären die Sparkassen relativ schnell überfordert.“

Fahrenschon will von solchen Szenarien nichts wissen. Die Lage der Landesbanken habe sich seit der Finanzkrise gebessert, sagte er in Berlin. Auch die Sparkassen hätten ihre Reserven deutlich aufgestockt und seien damit für „absehbar schwierige Zeiten“ gut gerüstet. Im vergangenen Jahr sei das Betriebsergebnis der 416 deutschen Sparkassen „kaum schlechter“ ausgefallen als 2013.

Neben den niedrigen Zinsen kritisierte Fahrenschon auch die gestiegenen Kosten zur Erfüllung neuer Aufsichtsregeln. Die höheren Anforderungen der Regulierer, „die eigentlich für ganz Große erdacht worden sind“, würden schleichend auf kleine und mittlere Institute übertragen. So müssten immer mehr Institute, die nach deutschem Handelsrecht (HGB) bilanzieren, Bilanzen in Anlehnung an den internationalen IFRS-Standard vorlegen.

NordLB-Chef Dunkel, der auch Präsident des Bundesverbandes Öffentlicher Banken (VÖB) ist, bereitet vor allem die Überprüfung der Geschäftsmodelle durch die Europäische Zentralbank (EZB) Sorgen. „Wenn einer auf die Geschäftsmodelle draufschaut, besteht die Gefahr, dass die Modelle immer ähnlicher werden.“ Am Ende könne Gleichmacherei dazu führen, dass sich alle in die gleiche Richtung bewegen. Auch Bundesbank-Vorstand Dombret treibt diese Sorge um. „Wir sehen nicht nur bei Investoren immer mehr ein Herdenverhalten“, sagte er in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters und dem Handelsblatt. „Bei den Banken selbst und bei anderen Anbietern im Markt gibt es gleichgerichtete Geschäftsmodelle, die Wirkungen verstärken können.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Wohnquartiere überfordert
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...