Die Bundesregierung ist einem "Spiegel"-Bericht zufolge über Äußerungen von Nato-Oberbefehlshaber Philip Breedlove im Ukraine-Konflikt verärgert. Der US-General habe nach Ansicht der Regierung die militärische Rolle Russlands seit Beginn der Krise übertrieben dargestellt, berichtete der Spiegel am Samstag ohne nähere Quellenangabe. Demnach sprach das Kanzleramt von "gefährlicher Propaganda", während Außenminister Frank-Walter Steinmeier bei Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg intervenierte.
Steinmeier sagte nach dem EU-Außenministertreffen am Samstag in Riga, es habe keine Intervention, sondern nur Nachfragen gegeben. "Wahr ist, dass ich selbst zweimal habe nachfragen lassen in Situationen, in denen unsere Auskünfte, die wir aus unseren Quellen hatten, nicht völlig übereinstimmten mit Auskünften, die entweder von Nato oder amerikanischer Seite kamen." Die Bundesregierung habe kein Interesse daran, dass daraus Zwist entstehe. Er sei im engen Austausch mit US-Außenminister John Kerry, damit solche Differenzen nicht zustande kämen. Die Vorfälle lägen lange zurück und seien durch aktuelle Entwicklungen überholt worden. Steinmeier und Kerry wollen am Samstag in Paris und in der kommenden Woche in den USA über die Ukraine-Krise und andere Themen beraten.
Breedlove erklärte, es sei normal, dass nicht jeder in der Nato mit seiner Einschätzung übereinstimme. "Ich stehe zu all meinen Erklärungen während der Ukraine-Krise", erklärte Breedlove auf Reuters-Anfrage. Manchmal sei die Realität ernüchternd und nicht willkommen. Er werde weiter mit größtem Nachdruck dafür sorgen, dass alle Informationen, die er der politischen Führung und der Öffentlichkeit bereitstelle, so genau und vollständig wie möglich sei. Breedlove vertritt die Auffassung, dass die Spannungen in Ost-Europa eine direkte Bedrohung der US-Sicherheitsinteressen darstellen, weshalb die USA alle Maßnahmen ergreifen werden, um auf die Bedrohungen zu antworten - "bilateral mit europäischen Staaten oder im Rahmen der Nato" (Video am Anfang des Artikels).
Der General hatte zuletzt am 25. Februar gesagt, dass die Situation in der Ostukraine von Tag zu Tag schlimmer werde. Am selben Tag meldete sogar die nicht gerade zur Untertreibung neigende ukrainische Armee-Führung, dass erstmals seit Wochen keiner ihrer Soldaten in der Ostukraine getötet worden sei und die Zahl der Verstöße gegen die in Minsk vereinbarte Feuerpause deutlich abgenommen habe.
In der EU wächst der Widerstand gegen die Eskalation im Verhältnis gegen Russland, wie sie von Falken den USA betrieben wird (siehe dazu den berüchtigten Vordenker Zbigniew Brzeziński). Italien und Griechenland wollen aus der Sanktionsspirale aussteigen, weil ihr eigene Wirtschaft Schaden nimmt. Frankreich muss gerettet werden, weil die Koalition aus Konservativen und Sozialdemokraten einen Sieg des Front National um jeden Preis verhindern muss, um die Euro-Zone nicht substantiell zu gefährden.
US-Präsident Barack Obama hat am Freitag überraschend zum Rückzug geblasen und die die Entsendung von US-Soldaten in die Ukraine vorläufig gestoppt. Die Nato hatte angekündigt, ab März die Ausbildung der ukrainischen Armee in teilen übernehmen zu wollen.
Die Ukraine hat im Assoziierungsabkommen mit der EU auch die Annäherung an die Nato festgeschrieben. Dies war einer der Punkte, warum die Russen gegen das Abkommen waren. Das Abkommen ist mittlerweile unterzeichnet, die Ukraine und die USA haben die entsprechenden Gesetze unterzeichnet, auf deren Grundlage die Ukraine bis 2020 alle Nato-Standards zu erfüllen hat.