Gemischtes

Pestizide zerstören Arten-Vielfalt in deutschen Flüssen und Seen

Die falsche Anwendung von Pflanzenschutzmitteln bedroht die Artenvielfalt in deutschen Gewässern. In mehr als 50 Prozent der Fälle waren die Stoffe höher konzentriert als zugelassen. Das liegt auch daran, dass Landwirte die Bestimmungen beim Einsatz der Gifte nicht einhalten, so eine Studie der Uni Koblenz.
14.04.2015 00:36
Lesezeit: 2 min

In vielen deutschen Gewässern ist die Konzentration von Pflanzenschutzmitteln oftmals höher als von den Behörden zugelassen. Auch weltweit liegen die Werte in Bächen und Teichen bedenklich hoch, zeigen die Ergebnisse einer Studie der Universität Koblenz-Landau. „Es ist in Deutschland ähnlich wie überall“, berichtet Mitautor Ralf Schulz vom Institut für Umweltwissenschaften. Zwischen Ländern mit strenger Umweltgesetzgebung und weniger restriktiven Ländern gebe es kaum Unterschiede.

Ihre Analyse, für die sie 838 Studien aus 73 Ländern auswerteten, präsentieren Schulz und sein Kollege Sebastian Stehle in den „Proceedings“ der US-nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS). Für Menschen bestehe in Deutschland keine direkte Gefahr, das Trinkwasser sei gut überwacht, betonte Schulz.

Die Landauer erfassten 11.300 Proben, in denen für Insekten und Kleinkrebse giftige Mittel im Gewässer nachgewiesen wurden. In mehr als 50 Prozent der Fälle waren die Stoffe höher konzentriert als zugelassen. Das gefährdet nach Angaben der Forscher die Artenvielfalt. In vielen Teichen und Bächen sei der Schaden längst angerichtet, denn die Forscher stützen sich auf wissenschaftliche Artikel aus den Jahren 1962 bis 2012. Bei neueren Wirkstoffen sei das Bild bedenklicher als bei älteren.

Schulz geht zudem von einer hohen Dunkelziffer aus. Denn weltweit dürften gerade einmal Daten von rund zehn Prozent der Gewässer vorliegen. Außerdem seien Insektizide oft nur an zwei bis drei Tagen im Jahr in den Gewässern vorhanden. Daher gebe es an vielen Tagen gar keine Hinweise darauf. „Auch in hoch belasteten Gewässern findet man nur an wenigen Tagen im Jahr Insektizide, weil sie sehr schnell abgebaut oder im Fall von Fließgewässern abtransportiert werden“, sagte Schulz. „Aber bei hohen Konzentrationen reicht eine kurze Zeit, um alle Insekten im Gewässer zu töten.“

Schuld an den hohen Werten könnten Fehler bei der Anwendung und bereits bei der Zulassung der Mittel sein. Zu unrealistisch würden die Höchstkonzentrationen bei der Markteinführung eingeschätzt.

Jörn Wogram vom Umweltbundesamt (UBA) vermutet außerdem, dass Landwirte die Bestimmungen beim Einsatz der Gifte nicht einhalten. Auch er nennt die Erkenntnisse der Landauer Forscher alarmierend. Gewässer mit einem Einzugsgebiet von weniger als zehn Quadratkilometer würden hierzulande nicht genügend überwacht. Dabei machen sie nach Wograms Angaben einen Großteil aller Fließgewässer aus. Außerdem lägen gerade die kleinen Bäche und Tümpel näher an landwirtschaftlichen Flächen und seien Insektiziden daher besonders ausgesetzt.

Zum Monitoring kleinerer Gewässer führt das UBA derzeit eine Vorstudie durch, sagte Wogram. Bereits 2018 könnten nach der aktuellen Planung erstmals Daten gewonnen werden.

Auch die Untersuchung großer Gewässer kritisiert Wogram. Statt gezielt würden Proben nach starrem Muster entnommen. Ob kurzzeitig Grenzwerte überschritten wurden, sei deswegen nur sehr schwer nachzuweisen. Besser sei es, das Wasser zu untersuchen, wenn Bauern angrenzende Felder gespritzt hätten oder wenn Regengüsse die Stoffe von den Feldern spülten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen KI-Schäden: Wenn der Algorithmus Schaden anrichtet – wer zahlt dann?
05.07.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Kreditvergaben, Bewerbungen oder Investitionen. Doch was passiert, wenn dabei Schäden...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Made in Germany: Duale Berufsausbildung - das deutsche Erfolgsmodell der Zukunft
05.07.2025

Die duale Berufsausbildung in Deutschland gilt als Erfolgsmodell: Dieses System ermöglicht jungen Menschen einen direkten Einstieg ins...

DWN
Panorama
Panorama Was Autofahrer über Lastwagen wissen sollten – und selten wissen
05.07.2025

Viele Autofahrer kennen das Gefühl: Lkw auf der Autobahn nerven, blockieren oder bremsen aus. Doch wie sieht die Verkehrswelt eigentlich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung 2024: Mit diesen 8 Steuertipps können Sie richtig viel Geld rausholen
05.07.2025

Viele Menschen drücken sich vor der Steuererklärung, weil diese manchmal etwas kompliziert ist. Doch es kann sich lohnen, die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftskriminalität: Insider-Betrug kostet Millionen - Geschäftsführer haften privat
05.07.2025

Jede zweite Tat geschieht im eigenen Büro - jeder fünfte Schaden sprengt die fünf Millionen Euro Marke. Wer die Kontrollen schleifen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Microsoft kippt den Bluescreen, doch das wahre Problem bleibt
05.07.2025

Microsoft schafft den berühmten „Blauen Bildschirm“ ab – doch Experten warnen: Kosmetische Änderungen lösen keine...

DWN
Panorama
Panorama So bleiben Medikamente bei Sommerhitze wirksam
05.07.2025

Im Sommer leiden nicht nur wir unter der Hitze – auch Medikamente reagieren empfindlich auf hohe Temperaturen. Doch wie schützt man...