Der Investor Guy Spier wurde über Nacht berühmt, als er bei einer Auktion ein Abendessen mit Warren Buffet gewann. Er hatte mit 650.100 Dollar das höchste Gebot abgegeben. Seither gehört er zu den Investoren, die ihr Geld in Buffets Unternehmen Berkshire Hathaway anlegen. Spier erklärt im Gespräch mit den Deutschen Wirtschafts Nachrichten, dass er seinen Schritt noch nie bereut habe. Buffet verfolge bei seinen Investments eine ähnliche Strategie wie die deutschen Mittelständler. Er denke langfristig und versuche, das Risiko so gering wie möglich zu halten. So habe auch er gelernt, dass investieren etwas grundsätzlich anderes ist als spekulieren: „Sie müssen langfristig denken. Meine Investments sind alle auf mindestens fünf, manchmal sogar zehn Jahre angelegt. Ich investiere Geld nur, wenn ich es nicht anderweitig brauche. Ich glaube, dass eine Regel die wichtigste ist: Am Ende gewinnen immer die Geduldigen über die Ungeduldigen. Das Geld fließt immer von den Ungeduldigen zu den Geduldigen.“
Spier gibt sich keinen Illusionen hin: „Wir leben in Zeiten extremer Manipulation. Es ist sehr schwer, überhaupt zu verstehen was vor sich geht. Man braucht ein paar Grundsätze, die man keinesfalls aufgeben darf. Dazu gehört für mich, dass ich nur in Werte gehe, die tatsächlich der Gesellschaft etwas nützen. Am besten sind für mich Unternehmen geeignet, bei denen ich verstehe, welches Geschäft sie betreiben. Bei guten Unternehmen habe ich auch ein fixed income, etwa in Form einer Dividende, auf das ich mich verlassen kann.“
Die Macht der Zentralbanken stellt für Spier zwar einerseits ein Problem dar, andererseits lässt er sich davon nicht beeindrucken: „Was die Zentralbanken betreiben, ist die totale Manipulation. Natürlich ist es wichtig zu beobachten, wie die Geldpolitik sich entwickelt. Aber ich kann es nicht beeinflussen. Daher gilt für mich: Wette niemals gegen die Zentralbanken! Ihre Macht ist zu groß, sie können die Märkte immer drehen, in welche Richtung sie auch wollen.“ Es gebe, so Spier, im Markt mächtige Player, deren Zusammenspiel genau beobachtet werden müsse. Es sind dies die Staaten, die Zentralbanken und die Regulatoren. Die Staaten haben Monopole, mit denen sie Entwicklungen über Zwang beeinflussen können. Deshalb steht Spier auch der Bitcoin skeptisch gegenüber: „Ich frage mich: Wie viele Panzer hat Bitcoin?“
Spier hält nichts von Larmoyanz. Man müsse die Realität akzeptieren wie sie ist, und sich durch die Schwierigkeiten manövrieren. Währungen hält er für vergängliche Größen: „Der Dollar hat in den vergangenen 100 Jahren eine Abwertung von 98 Prozent hingelegt. So geht es allen Währungen, sie werden immer weniger wert.“ Auch für den Euro erwartet Spier eine langfristige, deutliche Abwertung: „Der Wert des Euro wird sich in den nächsten 20 Jahren um die Hälfte verringern.“ Für die Eurozone erwartet Spier mittelfristig eine Inflation von fünf Prozent, im schlimmsten Fall rechnet er allerdings auch mit elf Prozent.
Auch im Bereich der Rohstoffe ist Spier zurückhaltend: „Hier haben die Großbanken eine enorme Macht. Sie arbeiten mit den Zentralbanken zusammen, und die Zentralbanken sind froh, dass es Großbanken gibt. Es ist mich einfacher, einige wenige große Banken zu kontrollieren und zu regulieren, als viele kleine Banken. Daher glaube ich, dass eine Bank of America oder eine Deutsche Bank nicht pleitegehen können. Die Zentralbanken und Staaten werden diese Banken immer retten, das Risiko ist einfach zu groß.“ Für alle anderen Banken ist Spier eher skeptisch. Er glaubt, dass im Grund jede Bank pleitegehen kann. Doch während die großen Banken gerettet werden, ist eine Pleite für jede mittelgroße Bank ein Problem, mit dem sich am Ende die Kunden einer Bank beschäftigen müssen.
Trotz dieser Widrigkeiten lehnt Spier Investments in Rohstoffe und Währungen nicht kategorisch ab: „Sie können mit diesen Werten schnell reagieren, können also ihre Investments balancieren. Nur in dieser Hinsicht macht es Sinn, solche Papiere zu kaufen.“
Spier ist der Meinung, dass Banken und Staaten zu viel Macht haben. Doch er beklagt es nicht, weil er es nicht ändern kann: „Es gibt kein Gesetz, das bestimmen kann, dass alles in der Welt fair zugeht.“ Er blende die Manipulationen aus: „Mir ist das egal. Dort wo ich investiere, kann ich beurteilen, ob alles mit rechten Dingen zugeht oder nicht. Deshalb bin ich im Markt aktiv, und konzentriere mich auf die Dinge, von denen ich etwas verstehe.“ Allerdings müssen Anleger eine vernünftige Risiko-Abschätzung vornehmen, vor allem dadurch, dass sie sich nicht an hysterischen Aktionen beteiligen. Spier, der heute in der Schweiz und in den USA lebt, und in Heidelberg studiert hat, investiert daher nur in europäische und amerikanische Unternehmen: „Ich verstehe China nicht. Die Politik ist dort extrem involviert, sie hat praktisch jede Macht, um Dinge zu beeinflussen. Ich investiere nicht in chinesische Unternehmen.
Spier hält nichts von künstlichen Papieren, weil die einem ähnlichen Abwertungsprozess unterliegen wie die Währungen. Das entscheidende Kriterium für ihn ist, ob ein „Unternehmen für die Gesellschaft wirklich nützlich ist, ob es am Ende nicht nur die Shareholder, sondern auch die Gesellschaft reich macht“. Die Börsenkurse sind für Spier nur bedingt ein Indikator für die Qualität eines Unternehmens. „Schauen Sie sich die Aktien an. Es gibt Unternehmen, deren Aktien enorme Sprünge machen. Doch der tatsächliche Wert, der sich dadurch ergibt, was ein Unternehmen produziert und wie es seine Produkte verkauft, hat sich in dieser Zeit kaum geändert. Meine Arbeitshypothese ist der tatsächliche Wert eines Unternehmens. Und der ergibt sich aus seinen Produkten und aus der Frage, wie ein Unternehmen an den Märkten positioniert ist. Mich interessiert, ob ein Unternehmen höchste Qualität produziert. Das ist das entscheidende Kriterium. Alles andere können Sie ignorieren.“ Um ein Unternehmen realistisch zu bewerten, müsse man alle von den Unternehmen bekannt gegebenen Zahlen kritisch hinterfragen: „Ich frage mich immer, was stimmt unter Umständen nicht? Warum ist eine Aktie zu billig? Entweder bekomme ich eine Antwort, oder ich werde sehr vorsichtig mit einem Investment.“
Langfristig glaubt Spier, dass nur eine gerechtere Gesellschaft auch gute Wirtschaftsbedingungen schafft: „Wir müssen die Mittelschicht unterstützen. Es muss höhere Steuern für die Reichen geben. Nur wenn die Mittelschicht stark ist, profitieren auch die Unternehmen.“ Allerdings müssten die Steuern, gerade wenn sie erhöht werden, besser eingesetzt werden: „Der Staat muss das Geld, das er von den Bürgern bekommt in das intellektuelle Kapital des Landes investieren. Er darf es nicht wie Gefälligkeiten verteilen, weil dann am Ende die Ungleichheit zwischen Reich und Arm wächst.“
Guy Spiers acht Investmentregeln:
1. Hören Sie auf, die Aktienkurse zu checken.
2. Wenn Ihnen jemand etwas verkaufen will, kaufen sie es nicht.
3. Sprechen Sie nicht mit dem Management.
4. Sammeln Sie Investmentrecherchen in der richtigen Reihenfolge.
5. Besprechen Sie ihre Investmentideen nur mit Leuten, die daran kein persönliches Interesse haben.
6. Kaufen oder verkaufen sie niemals Aktien, solange der Markt offen ist.
7. Wenn eine Aktie fällt, nachdem sie sie gekauft haben, verkaufen Sie sie zwei Jahre lang nicht.
8. Sprechen Sie nicht über ihre aktuellen Investmentaktionen.
Guy Spier ist Autor des Buchs „Die Value-Investor-Ausbildung. Mein ganz persönlicher Weg zu Reichtum und Weisheit“. Schon der Titel zeigt, dass Geldanlage für Spier das Gegenteil von Glücksspiel ist. Er scheut sich in dem Buch nicht, seine eigenen Fehler zu erklären, wodurch er dem Leser eine hervorragende Hilfe bietet, ähnliche Fehler zu vermeiden. Spier hat in dem Buch seine acht Investmentregeln im Detail erläutert. Sie sind in diesem Buch leicht verständlich erklärt. Dennoch will Spier dem Leser nichts verkaufen, sondern den Anlegern eher klarmachen, dass das wichtigste ist, vor einem Investment seinen Verstand einzusetzen.
Guy Spier studierte in Oxford, bevor er an die Harvard Business School wechselte und im Anschluss als Investmentbanker arbeitete. Vor fast 20 Jahren gründete er den Aquamarine Fund, den er bis heute managed.
Das Buch ist im Münchner FinanzBuch-Verlag erschienen, kostet 24,99€ und ist hier beim Verlag oder bei Amazon erhältlich und kann in allen guten Buchhandlungen erworben werden.