Jüngst hat der chinesische Internet-Riese Baidu gemeldet, dass seine Supercomputer inzwischen nicht nur den US-Konkurrenten Google in Sachen Bilderkennung überholt haben, sondern im Schnitt auch weniger Fehler machen als Menschen. Damit bekommen auch staatliche Überwacher noch bessere Kontrollmöglichkeiten.
Gleichzeitig formiert sich jedoch eine neue Industrie, die sich der Rückgewinnung der Privatsphäre widmet. Entwickler programmieren Apps, mit denen die Bürger ihre Regierungen zurücküberwachen können. Hacker liefern sich einen Wettlauf um immer neue Verschlüsselungsmethoden gegen staatliche Spähprogramme. Und Künstler und Designer entwickeln Mode, die analoge Lösungen gegen digitale Kontrolle bieten soll.
Der Designer Adam Harvey hat eine Reihe von Methoden entwickelt, die staatliche Kontroll-Technologien austricksen sollen: So macht er etwa mit wenigen Hilfsmitteln aus einem Gesicht ein Anti-Gesicht, das von Überwachungs-Kameras nicht zu erkennen ist.
Seine Designs funktionieren durch das Verdunkeln von Augen, Nasenrücken und der Form des Kopfes, sowie über die Schaffung von unnatürlichen Kontrasten und Asymmetrien. Gesichtserkennungsalgorithmen funktionieren durch die Ermittlung der Gesichtszüge und die Berechnung fehlender Informationen auf der Grundlage einer angenommenen Gesichtssymmetrie. Das Projekt zeigt, dass ein „Anti-Gesicht“ sowohl die Identität einer Person von Gesichtserkennungs-Software verbergen kann - sei es vor dem der FBI oder vor Facebook - als auch die Software daran zweifeln lassen, ob überhaupt ein menschliches Gesicht anwesend ist.
Harvey ist einer von einer wachsenden Zahl von datenschutzorientierten Designern und Entwicklern, die neue Möglichkeiten gegen die zunehmende Überwachung erforschen und Verteidigungslinien gegen sie etablieren. Er verbrachte die letzten Jahre damit, Strategien zu entwickeln, um die Kontrolle über die Privatsphäre der Menschen wieder in die eigenen Hände, Taschen und Gesichter zurückzugeben.
Harvey hat mehrere Projekte und Kooperationen, darunter ein Verfahren zum Spoofing von DNA oder seine Stealth-Wear-Kleidung zur Vereitelung von Drohnen-Angriffen. Die Kleider sollen die Bürger vor den Wärmebildkameras abschirmen, die häufig von militärischen Drohnen eingesetzt werden, um Menschliche Ziele zu erkennen. Auch eine Hülle für das Smartphone bietet er an, das unerwünschte Funksignale fernhalten soll. All das verkauft er über den „Privacy-Gift-Shop“, ein Online-Handel, der halb Kunst-Projekt, halb ernst gemeintes Geschäftsmodell ist.
Harveys Arbeit basiert auf Zugänglichkeit. Seine Haar und Make-up-Stil-Tipps sind bewusst Low-Cost-Lösungen, um den Bürgern zu ermöglichen, sich ohne großen finanziellen Aufwand gegen die Überwachung zu wehren.
Harvey sagte dem Tech-Blog Rawstory, dass er von Investoren angesprochen wurde, die seine Projekte auf einen traditionelleren Finanzierungsweg schieben wollten, aber daran habe er wenig Interesse. „Ich möchte den Privacy Gift Shop nur in die Lage versetzen, sich selbst zu finanzieren. Er soll eine gute, solide Infrastruktur bekommen.“