Die EZB dürfte am Mittwoch bereits die Daumenschrauben für Griechenland deutlich anziehen. Nachdem Griechenland seinen IWF-Kredit bis zum 30. Juni nicht zurückzahlen konnte, ist die EZB gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen. Sie kann nicht einfach weiter Notkredite an die griechischen Banken gewähren. Allgemein gelten alle vier griechischen Banken als außerordentlich schwach. Der Grund liegt darin, dass alle Banken nur über schlechte Sicherheiten für ihre Kredite verfügen.
Die Sicherheiten kommen aus dem Immobilienbereich und aus der Schifffahrt. In beiden Bereichen ist ein dramatischer Preisverfall festzustellen, weshalb die Sicherheiten als nicht werthaltig interpretiert werden dürften. Hinzu kommt, dass die griechischen Banken neuesten Zahlen zufolge faule Kredite von etwa 50 Prozent in ihren Büchern haben. Das reicht eigentlich, um alle Banken in die Pleite zu schicken.
Der Lauf der Dinge wird dazu führen, dass es zu einer akuten Bankenkrise kommen wird. Bisher hat die EZB die Banken mit Notkrediten über Wasser gehalten. Dies wird sich nach dem Ende des EU Kreditprogramms und der verfehlten Zahlung an den IWF ändern. Die EZB kann nicht einfach weiter Milliarden in die griechischen Banken stecken, wiewohl die griechische Wirtschaft genau jetzt Geld brauchen würde.
Bloomberg hatte bereits im April berichtet, dass die EZB verschiedene Optionen für Schuldenschnitte für in Not geratene griechische Banken in Erwägung ziehe. Entscheidend bei den damaligen Überlegungen war, dass die EZB sich verpflichtet sah, bei den Notkrediten genau auf die Sicherheiten der Banken zu schauen. Eine verschärfte Kontrolle würde der EZB sowohl in der Situation einer tatsächlichen Pleite als auch in einer ungeordneten Staatspleite obliegen. In beiden Fällen könnte es Haircuts von bis zu 90 Prozent für Sicherheiten geben.
Allerdings ist man in Finanzkreisen nicht so sicher, ob die EZB tatsächlich diesen radikalen Schritt eine Kürzung der Notkredite vornehmen. So sagte Hiw Pill von Goldman Sachs der FT: „Wenn man einen Schuldenschnitt durchführt in einer Phase, in der Griechenland im Zustand der pleite ist, dann würde das die griechischen Banken in den Abgrund stürzen. Die EZB wird sehr zurückhaltend sein, einen solchen Schritt zu setzen. In der Praxis ist die EZB immer sehr pragmatisch in der Vergangenheit gewesen. Sie hat sich an das Prinzip gehalten: wo ein Wille ist, da ist ein Weg.“
Im Fall eines Schuldenschnitts werden seit neuesten EU Regelungen die Bankkunden zur Kasse gebeten. Große Einlagen werden rasiert. Dies kann bedeuten, dass bis zu 90 Prozent von großen Einlagen kassiert werden. Im Fall von Zypern haben die Einleger etwa 40 Prozent ihrer in den Bank gelagerten Vermögen verloren.
Für die Kleinanleger sieht die Lage anders aus. Die Sparguthaben sind bis zu 100.000 Euro in der nationalen Einlagensicherung garantiert. Es ist allerdings unklar, ob Griechenland als zahlungsunfähig der Staat diese Einlagensicherung überhaupt bedienen kann. Am Dienstag hatte die Regierung schon Schwierigkeiten, die Pensionen ordnungsgemäß auszuzahlen. Es wurden teilweise Renten nur bis zur Hälfte des fälligen Betrages ausgezahlt. In einer solchen Lage ist es schwer vorstellbar, dass die griechische Regierung tatsächlich eine Sicherung der Einlagen für die Sparer gewährleisten kann.
Mit dieser Aussicht hat die EZB und damit die Troika ein enormes Druckpotenzial auf die griechische Regierung. Bereits am Dienstag hatte sich gezeigt, dass die Troika den Druck auf Alexis Tsipras deutlich verstärkt. Die Syriza-Regierung war daraufhin mit mehreren Vorschlägen auf neue Kreditlinien angerückt. Die Finanzminister der Eurozone wollen diese Vorschläge am Mittwoch weiter diskutieren.
Tatsächlich wird das Treffen der EZB für die griechischen Sparer wesentlich wichtiger. Hier wird sich entscheiden, ob griechische Banken in den kommenden Tagen in die Pleite schlittern. Beobachter gehen davon aus, dass es einigen griechischen Banken jetzt schon schwer fällt, die stark verminderten Anforderungen der Kunden zu erfüllen. Trotz Kapitalverkehrskontrollen wird erwartet, dass hier die griechische Bank es bis zum Referendum am Sonntag schafft. In diesem Fall würde der Bail-In aktiviert, also der Zugriff auf die Sparguthaben. Dies wird die sozialen Spannungen in Griechenland dramatisch verschärfen. Ist doch durchaus denkbar, dass die Regierung eine solche Eskalation nicht überlebt. Dann hätten die Euro-Retter ein wichtiges Ziel in ihrer Strategie erreicht.