Politik

EFSF widerspricht Österreich: ESM haftet nicht für Griechen-Kredite

Bei den Euro-Rettern liegen die Nerven wegen der möglichen Milliarden-Verluste blank. Der österreichische Finanzminister wird in einer offiziellen Regierungsmitteilung mit der Aussage zitiert, der ESM hafte für die EFSF-Kredite. Beim EFSF setzt es für diese Beschwichtigung ein glattes Dementi.
02.07.2015 17:08
Lesezeit: 2 min

Die Euro-Retter versuchen verzweifelt, ihren Wählern klarzumachen, wie hoch die Verluste aus Griechenland sind. Der österreichischen Finanzminister Hans Jörg Schelling hat offenbar im österreichischen Parlament eine neue Variante aufgebracht, wonach das ganze Griechenland-Chaos ohnehin kein Problem sei. Schelling war bei den Beratungen der Euro-Finanzminister durch besonders forsche Töne aufgefallen und hatte sich mehrfach über widersprüchliche Aussagen seiner griechischen Kollegen echauffiert. Österreich ist von der Griechenland-Krise besonders betroffen, weil die Republik durch das Hypo-Desaster seine Haushaltsplanung in den kommenden Jahren keinesfalls wird halten können.

Der österreichische Parlamentsdienst hat in einer offiziellen Pressemitteilung darauf verwiesen, dass der ESM für den EFSF hafte. Aus diesem Grund würde der Haftungsanteil Österreichs am EFSF aufgrund der Zahlungsunfähigkeit Griechenlands nicht zum Tragen kommen. Diese Argumentation ist jedoch dem Pressesprecher des EFSF zufolge falsch.

Die Mitteilung des Pressediensts des Österreichischen Nationalrats:

„(…) So werde die Rückzahlung an den IWF nicht wie vorgesehen erfolgen. Der IWF gebe Griechenland aber noch vier Wochen Zeit. Die EZB habe beschlossen, die Sonderbankenhilfe einzufrieren. Österreichs bilaterales Kreditvolumen betrage 1,6 Mrd. € gegenüber Griechenland. Bis 2020 sind nur Zinszahlungen vereinbart, diese werden derzeit geleistet, berichtete Schelling. Rückzahlungen seien erst ab 2020 vorgesehen. Der Haftungsanteil Österreichs am EFSF betrage 4,6 Mrd. €. Dass diese Haftung schlagend werde, hält Schelling für unwahrscheinlich, weil der ausreichend liquide ESM für den EFSF hafte. "Die Risken Österreichs sind derzeit überschaubar", sagte Schelling. Die Märkte reagierten gelassen, der Euro sei stabil und das Exposure österreichischer Banken in Griechenland mit 8 Mio. € gering. Ansteckungsgefahren bestünden eventuell in Zypern, Bulgarien und Rumänien, zudem rechneten Experten mit einer Erhöhung der Zinsenspreads in Programmländern, teilte Schelling mit. (…)“

Doch dies entspricht offenkundig nicht den Tatsachen. Der EFSF teilte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten auf Anfrage mit, dass die Aussage der Pressemitteilung falsch sei: „Der ESM haftet nicht für den EFSF.“ Die publizierte Aussage aus dem Ministerium sei „inhaltlich falsch.“ Der österreichische Parlamentsdienst habe die Aussage mittlerweile wieder zurückgenommen.

Dem EFSF habe man mitgeteilt, dass ein Mitarbeiter des österreichischen Finanzministeriums in einem Ausschuss etwas zu Griechenland und dem EFSF gesagt habe. Aber der Mitarbeiter war weder der zitierte Finanzminister Schelling selbst, noch hätte er tatsächlich von einer Haftung des ESM für den ESFS gesprochen. Vielmehr sei die Aussage des Mitarbeiters falsch verstanden worden.

Mit 130,9 Milliarden Euro ist der EFSF der größte Gläubiger Griechenlands. Zusätzlich dazu fallen jedoch noch Zinsen und ein kleiner Abschlag für die Deckung der laufenden Kosten des EFSF an. Wie hoch die Zinsen sind, ist nicht eindeutig zu beziffern, da diese sich am Marktwert orientieren. Der EFSF gibt die Zinsen weiter, die er selbst zahlen muss.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...