Politik

Griechenland: Bürger sind auf Lebensmittel-Spenden angewiesen

Die Kommunen in Griechenland sind auf Großspenden von Stiftungen angewiesen, um nicht Bankrott zu gehen. Die Bürger brauchen Lebensmittelspenden von Fleisch- oder Gemüseproduzenten. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer.
16.07.2015 02:08
Lesezeit: 2 min
Griechenland: Bürger sind auf Lebensmittel-Spenden angewiesen
Der Bürgermeister von Athen, Giorgios Kaminis, sagt, dass Griechenland aufgrund der Sparpolitik seine Wettbewerbsfähigkeit komplett einbüßen wird. (Screenshot)

Während die Kommunen auf Großspenden von Stiftungen angewiesen sind, um nicht Bankrott zu gehen, brauchen die Menschen Lebensmittelspenden von Fleisch- oder Gemüseproduzenten. „Es wird hart, dunkel und schmerzvoll werden“ sagt Priester Ignatios Moschos aus Athen. Doch nicht alle Griechen leiden an den Folgen der Krise. Die Cafés und Restaurants in den wohlhabenden Vororten Athens sind gut besucht - sowohl von Bürgern als auch von Touristen. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer. Die Verbitterung unter den Armen ist offenkundig. „Die Europäer behandeln uns wie Tiere und unsere Kinder werden in einem zerstörten Land als Gefangene und nicht als Bürger aufwachsen“, sagte der 65-jährige Athener Charalabos Nikolaou dem Guardian.

Auf Nachfrage der Deutschen Wirtschafts Nachrichten, ob es derzeit in Griechenland bei der Nahrungsmittel- und Benzinversorgung zu Engpässen kommt, antwortete eine Sprecherin der griechischen Botschaft in Berlin, dass es aktuell „keine offiziellen Quellen“ gebe, die Engpässe bestätigen könnten. Ein Mangel an Gütern liege nicht vor. Auch die Benzinversorgung funktioniere ungehindert.

In einer Mitteilung des griechischen Wirtschaftsministeriums heißt es:

„Das Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Schifffahrt und Tourismus versichert sowohl den griechischen Bürgern als auch den ausländischen Gästen, dass ausreichende Mengen an Lebensmitteln auf dem Markt zur Verfügung stehen, deren Preise stabil bleiben. Vor allem Obst und Gemüse gibt es in ausreichender Menge und diese werden sogar zu Sonderpreisen angeboten. Das gleiche gilt für Treibstoff, der in ausreichenden Mengen und stabilen Preisen zur Verfügung steht. Alle anders lautenden Meldungen entsprechen nicht den Tatsachen. Das Ministerium für Wirtschaft steht durch das Generalsekretariat für Handel im ständigen Kontakt und kooperiert mit den verantwortlichen Trägern sowie den Lebensmittelunternehmen, und hat alle notwendigen Maßnahmen für die Fortsetzung des normalen Ablaufs und die Sicherstellung der ungehinderten Versorgung des Marktes mit Produkten getroffen, um die Bedürfnisse sowohl der Griechen als auch der zahlreichen Gäste, welche unser Land auch dieses Jahr wieder als Urlaubsziel gewählt haben, zu decken.“

Der griechische Bürgermeister Giorgios Kaminis sagte im Gespräch mit Bloomberg: „Die Sparpolitik wird dazu führen, dass wir unsere Wettbewerbsfähigkeit verlieren und unternehmerische Tätigkeiten zurückgehen. Wir müssen nun in zwei Tagen Reformen umsetzen, die wir in den vergangenen fünf Jahren nicht umgesetzt haben. Doch so ist es einmal. In den vergangenen zweieinhalb Wochen haben wir insbesondere im Tourismussektor Einbußen erlitten.“

Die Zahl der Last-Minute-Buchungen von Flugreisen nach Griechenland seit der Ankündigung des inzwischen abgehaltenen Referendums um 30 Prozent eingebrochen, sagte der Chef des griechischen Tourismusverbands, Alexander Lamnidis, der Nachrichtenagentur AFP. Vom neuen Sparprogramm sollen insbesondere Beamte, Angestellte und die Tourismusbranche negativ betroffen sein, berichtet der ORF.

Die Banken in Griechenland werden weiterhin geschlossen bleiben und die Bargeldbeschränkung in Höhe von 60 Euro bleibt ebenfalls weiter bestehen. Auslandsüberweisungen für Nahrungsmittelimporte sind somit auch weiterhin nicht möglich. Lebensmittel bleiben knapp. Bürger sorgen sich um ihr Überleben und befürchten, dass ihnen die Lebensmittel irgendwann komplett ausgehen könnte, berichtet die New York Times.

Dem Sparprogramm zufolge soll der Mehrwertsteuersatz im Bereich der Gastronomie von 13 auf 23 Prozent angehoben werden. Für Hotelübernachtungen ist mit einer Mehrwertsteuer-Erhöhung von 6,5 auf 13 Prozent zu rechnen. Ab 2016 sollen auch Pauschalreisen nach Griechenland teurer werden, berichtet NWZ Online.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Technik streikt: Zählt Ausfallzeit zur Arbeitszeit?
01.07.2025

Wenn im Büro plötzlich die Technik versagt, stellt sich schnell eine Frage: Muss weitergearbeitet werden – oder zählt die Zeit...

DWN
Politik
Politik NATO ohne Substanz: Europa fehlen Waffen für den Ernstfall
01.07.2025

Europa will mehr für die Verteidigung tun, doch der Mangel an Waffen, Munition und Strategie bleibt eklatant. Experten warnen vor fatalen...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...