Finanzen

Internet-Börse statt Wall Street: Top-Banker wechseln zu Bitcoin-Start-Ups

Finanzexperten setzen zunehmend auf die Krypto-Währung-Bitcoin: Hochbezahlte Wall-Street-Manager verlassen ihre Jobs, um Bitcoin-Start-Ups zu gründen. Auch große Konzerne wie Intel, Amazon oder Citigroup bauen eigene Abteilungen auf: Im Juni stieg die Zahl der Bitcoin-Stellenanzeigen auf ein Rekordhoch.
11.08.2015 12:04
Lesezeit: 2 min

In der Finanzwelt sehen zahlreiche Experten einen Aufstieg der Krypto-Währung: Hochbezahlte Wall-Street-Manager verlassen ihre Jobs, um Start-Ups zu gründen, große Konzerne bauen eigene Bitcoin-Abteilungen auf. „Viele Leute kommen in die Bitcoin-Welt, weil sie inzwischen so groß geworden ist, dass man sie nur schwer ignorieren kann“, sagt Jaron Lukasiewicz, Gründer der Bitcoin-Börse Coinsetter.

Mit seinem Doktortitel in Finanzwissenschaften hätte es zum Beispiel Timo Schläfer sicherlich weit gebracht bei Goldman Sachs. Doch der 34-Jährige gab die Welt der Milliardendeals und Millionenboni auf und gründete sein eigenes Unternehmen, Crypto Facilities, eine Handelsplattform für Derivate auf die Internet-Währung Bitcoin. „Das ist Neuland“, sagt Schläfer. „Es ist eine großartige Chance, an einer neuartigen Technologie mitzuarbeiten, die massives Potenzial hat.“

In diesem Jahr haben die Investitionen in Bitcoin-Firmen kräftig angezogen: Waren es 2014 noch insgesamt 339 Millionen Dollar, kam allein in der ersten Jahreshälfte mit 375 Millionen schon mehr als diese Summe zusammen. Angel List, ein Online-Marktplatz für Start-Ups, die Geld suchen, zählt 814 junge Bitcoin-Firmen auf der Suche nach Investoren auf, vor einem Jahr waren gut halb so viele gewesen. Und auch große Firmen suchen nach Bitcoin-Expertise: Im Juni stieg die Zahl der Stellenanzeigen für solche Jobs nach Angaben des Datenerhebers Wanted Analytics auf ein Rekord von 306 - zum Teil von großen Namen wie Intel, Amazon oder Citigroup.

Allerdings ist der Markt nicht ohne Risiko. Eine ganze Reihe von Bitcoin-Börsen gingen Pleite - beim Konkurs des in Tokio ansässigen und einst größten Bitcoin-Handelsplatzes Mt.Gox verloren Kunden 2014 rund 443 Millionen Euro. Manche Börsen-Betreiber wurden verhaftet, der Vorwurf von Schneeballsystemen machte die Runde. Geldwäscher, Drogenhändler und Kriminelle nutzten Bitcoin-Plattformen wie Silk Road für ihre Geschäfte. Dazu kommt die hohe Volatilität der Währung: 2013 war der Kurs der Bitcoins von weniger als 40 Dollar auf mehr als 1100 Dollar in die Höhe geschnellt, um danach ähnlich schnell wieder zu fallen. Derzeit kostet die Internetwährung weniger als 266 Dollar. Insgesamt sind etwa 14,5 Millionen Bitcoins in Umlauf. Doch die Branche löst sich vom Schmuddel-Image. Sogar Deutschlands Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ist in der Bitcoin-Welt aktiv.

Den 31-jährigen Paul Chou, Gründer und Chef von Ledger X, einer Handels- und Abwicklungsplattform für Bitcoin-Optionen, lockte die Aussicht auf hohe Gewinne in der Zukunft in die Welt der Internet-Währung. Der Ex-Goldman-Sachs-Händler hofft, dass seine Firma bald als erstes Unternehmen der Branche von den Aufsichtsbehörden zugelassen wird und damit professionellen Anlegern Zugang zu Bitcoin-Optionen ermöglicht. „Ich habe sehr große Gehaltseinbußen in Kauf genommen als Gegenzug für Anteile an einem Unternehmen, die irgendwann viel Geld wert sein können“, sagte er.

Eine Rolle spielt bei der steigenden Attraktivität der Bitcoin-Welt auch, dass viele Banken ihre Boni gekürzt haben. Spitzenleute suchten sich daher Alternativen, sagt Rick Henri Chan von Airbitz, einer Plattform für digitale Geldbörsen. Der 47-Jährige war vorher bei der Deutschen Bank, verdiente Millionen. Das Gehalt vermisse er. „Aber wir machen hier bei Airbitz etwas Besonderes. Und ich glaube, dass unsere Firma irgendwann viel mehr wert sein wird.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Brüssel bremst Billig-Boom: EU erklärt Temu und Shein den Zoll-Krieg
22.05.2025

Die EU greift zur Zollkeule: Mit einer neuen Pauschalabgabe sollen Temu und Shein ausgebremst werden – doch am Ende zahlen Europas...

DWN
Finanzen
Finanzen Immobilien: Banken vergeben deutlich mehr Kredite für Wohnimmobilien
22.05.2025

Die Immobilienpreise waren zeitweise spürbar gefallen, nun kommt der Markt wieder in Fahrt. Verbraucher und Investoren schließen deutlich...

DWN
Finanzen
Finanzen WHO verabschiedet Pandemie-Abkommen inmitten der Finanzkrise: Deutschland sagt weitere Millionen zu
22.05.2025

Der Weltgesundheitsorganisation fehlen in den kommenden zwei Jahren 1,7 Milliarden Dollar (rund 1,5 Mrd Euro), unter anderem, weil die USA...

DWN
Panorama
Panorama Einwanderungsland Deutschland: Jeder vierte Mensch hat einen Migrationshintergrund
22.05.2025

Rund 21,2 Millionen Menschen mit Einwanderungsgeschichte haben im vergangenen Jahr in Deutschland gelebt. Das sind vier Prozent mehr als im...

DWN
Politik
Politik AfD Ausschussvorsitz: Schwarz-Rot verhindert AfD-Politiker - Alle sechs AfD-Kandidatin scheitern
22.05.2025

In sechs Ausschüssen des Bundestags hat die Partei „Alternative für Deutschland“ ein Vorschlagsrecht. Wie die SPD haben CDU und CSU...

DWN
Finanzen
Finanzen Erfolgreich in Kunst investieren: Warum Gemälde, Märkte und NFTs neue Anlagechancen bieten
22.05.2025

Wenn Aktien schwanken und Märkte auf Sicht fahren, wird Kunst zur strategischen Alternative. Wie Gemälde, Sammlerstücke und digitale...

DWN
Politik
Politik Russisches Schatten-Schiff vor Polens Küste: NATO greift ein
22.05.2025

Ein russisches Schiff kreuzt verdächtig nahe eines NATO-Kabels in der Ostsee – dann greift ein Bündnisstaat ein. Was steckt hinter dem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ohne Bürokratieabbau, kein Handwerk: KMU geben Politik klare Handlungsempfehlung für Bürokratieabbau
22.05.2025

Rund 75 Arbeitstage pro Jahr verlieren Betriebe im Handwerk an produktiver Zeit durch Bürokratie. Eine Studie der Handwerkskammer Dresden...