Finanzen

Investoren wetten auf weiteren Öl-Preis-Verfall

Die Ölpreise haben in den letzten Tagen mehr als ein Viertel ihrer Wertes eingebüßt. Ein Ende des Preisverfalls ist derzeit nicht in Sicht. Der Hedgefonds-Manager Pierre Andurand wettet nun sogar auf einen Öl-Preis von 25 Dollar pro Fass und sorgt damit für Aufsehen auf den Rohstoff-Märkten.
06.09.2015 02:13
Lesezeit: 3 min

Der Hedgefonds-Manager Pierre Andurand wettet angesichts der anhaltenden Rohstoff-Baisse auf einen stark fallenden Ölpreis. Andurand hält dabei sogar einen Ölpreis unter 30 Dollar pro Barrel für möglich. Der Hedgefonds des gebürtigen Franzosen, Andurand Capital, verwaltet Kapital in Höhe von 575 Millionen Euro und erwirtschaftete im letzten Jahr eine Rendite von 51 Prozent (vor Abzug von Gebühren), vorwiegend mit Wetten auf fallende Rohstoff-Preise. In diesem Jahr liegt der Fonds mit 10,3 Prozent Rendite ebenfalls im grünen Bereich. Und Andurand sieht auch nach einem Preisrückgang von rund 25 Prozent innerhalb einer Woche noch keine Bodenbildung beim Ölpreis.

Der Markt wird auch 2016 und 2017 ein Überangebot aufweisen. Wir brauchen für eine längere Zeit niedrige Preise, um den Markt wieder auszugleichen. Es gibt keine schnellen Lösungen“, so Andurand gegenüber der FT. Der Manager gilt als Rohstoff-Bär und sagte bereits den starken Ausschlag der Ölpreise im Jahr 2008 und den darauf folgenden Crash korrekt voraus.

Die Ölpreise haben innerhalb einer Woche rund 25 Prozent nachgegeben. Am Mittwoch fielen die Preise um durchschnittlich 2,4 Prozent, am Tag zuvor sogar um bis zu 8 Prozent. Ein Grund für den Preisverfall waren Daten des US-Branchenverbandes API, denen zufolge die US-Rohölbestände in der vergangenen Woche stärker als erwartet gestiegen sind. Während die US-Ölproduktion um 1,4 Prozent zurückging, erhöhten sich die US-Reserven um 4,7 Millionen Barrel. Am Donnerstag erholten sich die Preise dann wieder leicht, nachdem die EZB angekündigt hatte, das Anleihekaufprogramm notfalls über September 2016 zu verlängern. So stieg die Sorte Brent um 3,29 Prozent auf 52,07 Dollar pro Barrel und die Sorte WTI legte um 4,52 Prozent zu und notierte bei 48,12 Dollar pro Fass.

Wir und andere Marktteilnehmer haben erwartet, dass die US-Produktion im April ihren Höhepunkt erreicht hat und deshalb zurückging. Aber wir erwarten nicht, dass die US-Produktion sehr viel weiter fällt, vielleicht weitere 200.000 Barrel pro Tag im Vergleich zu heute. Das wird nicht genug sein, um den Markt auszugleichen, es wird also Angebotskürzungen von anderen Ländern geben müssen“, zitiert die FT den Hedgefonds-Manager.

Doch Rückgänge beim globalen Öl-Angebot sind derzeit nicht in Sicht. Vielmehr drückte die Nachricht, dass US-Präsident Obama nun genügend Stimmen im Kongress zusammen hat, um den Atom-Deal zu verabschieden, die Ölpreise weiter nach unten. Die Gegner des Abkommens können nun nicht mehr verhindern, dass die einst vom Parlament erlassenen Sanktionen gegen den Iran aufgehoben werden. Die Regierung in Teheran hat bereits angekündigt, die Öl-Produktion nach Aufhebung der Sanktionen sofort um ein halbe Million Barrel pro Tag anzuheben. Nach einem Jahr könne die Förderung somit von derzeit 2,8 auf 4 Millionen Barrel pro Tag erhöht werden, sagte Irans Öl-Minister Bijan Namdar Zanganeh gegenüber Bloomberg. Damit wäre der Iran hinter Saudi-Arabien der zweitgrößte Öl-Produzent in der OPEC. Die Weltbank geht davon aus, dass die iranische Angebotssteigerung den Ölpreis im nächsten Jahr um zehn Dollar senken wird.

Außerdem wirkte sich ein Kreditabkommen zwischen China und Venezuela negativ auf die Rohöl-Preise aus. Der venezulanische Präsident Nicolas Maduro unterzeichnete einen Vertrag mit China über einen Kredit in Höhe von 5 Milliarden Dollar, wie Zero Hedge berichtet. Der Kredit soll zur Ausweitung der Ölproduktion eingesetzt werden, verkündete die Regierung in Caracas. Öl-Exporte machen 95 Prozent aller Exporteinnahmen Venezuelas aus, wie aus einem OPEC-Bericht hervorgeht. Mit 300 Milliarden Barrel verfügt das Land über die größten Ölreserven der Welt. Das Abkommen mit China erlaubt es Venezuela, weiterhin unterhalb der Produktionskosten zu fördern und das weltweite Angebot dadurch signifikant zu erhöhen.

Die Energiekonzerne reagieren bereits mit Kostenkürzungen auf die fallenden Ölpreise. So kündigte Shell den Abbau von 6.500 Stellen weltweit an und auch Chevron plant bis zu 1.500 Stellen zu streichen. Am härtesten trifft es jedoch den Dienstleistungssektor der Branche. Marktführer Schlumberger muss bis zu 20.000 Stellen streichen. Andurand rechnet jedoch nicht damit, dass sich die Auswirkungen dieser Kostenkürzung vor dem Jahr 2019 bemerkbar machen, da viele Projekte im Energie-Sektor ein lange Vorlauf- und Planungszeit haben. Deshalb rechnet der Hedgefonds-Manager noch in diesem Jahr mit einem Preis von 25 Dollar pro Barrel der Sorte WTI. Dieser Preis könne seiner Meinung nach einen vollen Monat Bestand haben, sagte er der FT.

Ich erwarte eine Spanne für WTI von 25 bis 50 Dollar über die nächsten zwei Jahre. Wenn wir bei etwa 50 Dollar pro WTI-Fass bleiben, denke ich, dass die US-Produktion wieder realtiv stark ansteigen wird“, so Andurand.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wie London und Brüssel ihre Beziehung neu beleben wollen
25.05.2025

Brüssel und London nähern sich nach Jahren des Stillstands wieder an. Ein neues Partnerschaftsabkommen soll gemeinsame Interessen...

DWN
Immobilien
Immobilien Sturm auf Russlands Wohnimmobilienmarkt: Kaufen wie Mieten wird unerschwinglich
25.05.2025

Der russische Wohnungsmarkt gerät zunehmend unter Druck: Mit der drastischen Anhebung der Leitzinsen, dem Auslaufen staatlicher...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps nächstes Vermächtnis: Eine weltweite Spikeflation mit Ansage
24.05.2025

Trumps Handelskriege, Machtspiele und Geldflüsse aus dem Nahen Osten treiben nicht nur die Inflation – sie könnten eine explosive...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ist die Energiewende am Ende? Wie die Pläne von Wirtschaftsministerin Reiche alles ändern könnten
24.05.2025

Neue Prioritäten im Wirtschaftsministerium unter Katherina Reiche – In der Energiepolitik ist ein radikaler Kurswechsel angekündigt:...

DWN
Politik
Politik EU-Milliarden für Digitalisierung: Diese Programme bringen Unternehmen nach vorn
24.05.2025

Europa zahlt – und Unternehmen, die jetzt nicht zugreifen, verspielen ihre digitale Zukunft. Mit 1,3 Milliarden Euro will die EU ihre...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zwang zur Kontoerstellung kostet Online-Shops Kunden - was erfolgreiche Unternehmen besser machen
24.05.2025

Eine Kontoerstellung vor dem Kauf schreckt Kunden ab und führt zu Kaufabbrüchen. Über 50 Prozent der Online-Shops verlieren so Umsatz....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Auto-Offensive scheitert an Deutschland – Misstrauen schlägt Billigpreis
24.05.2025

Trotz Hightech und Kampfpreisen bleiben Chinas Autobauer in Deutschland Ladenhüter. Händler fürchten Pleiten, Kunden trauen den Marken...

DWN
Panorama
Panorama Pandemievertrag: Wie die WHO besser auf Gesundheitskrisen reagieren will
24.05.2025

Der neue Pandemievertrag soll globale Gesundheitskrisen künftig besser eindämmen. Doch wie wirksam ist er wirklich – und was steht noch...