Politik

Höchste Terror-Warnstufe für Brüssel ausgerufen

Lesezeit: 2 min
21.11.2015 12:47
In Brüssel besteht nach Aussage eines Sprechers des Krisenstabs eine "ernste und unmittelbare" Bedrohung wegen eines Terror-Anschlags. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, große Menschenansammlungen zu meiden. Kaufhäuser und Museen wurden geschlossen. Die belgische Regierung fürchtet einen Anschlag mit Sprengstoff und Waffen.
Höchste Terror-Warnstufe für Brüssel ausgerufen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Erhöhte Anschlagsgefahr in Brüssel: Wegen konkreter Hinweise auf einen möglichen Anschlag mit "Waffen und Sprengstoff" ist für die belgische Hauptstadt am Samstagmorgen die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen worden. Die Behörden riefen die Bevölkerung zur Vorsicht auf. Alle U-Bahnen wurden gestoppt, zahlreiche Großveranstaltungen abgesagt.

Es habe eine Drohung vorgelegen, dass Attentäter "an verschiedenen Stellen" in Brüssel Anschläge verüben könnten, sagte Belgiens Regierungschef Charles Michel. Er sprach von "vergleichsweise präzisen Informationen" über mögliche Anschläge, wie sie in Paris verübt worden seien. Mögliche Ziele seien "Einkaufsstraßen, Demonstrationen, belebte Orte und Verkehrsmittel".

Innenminister Didier Reynders sprach von einer "präzisen und unmittelbaren Bedrohung". Die Menschen wurden aufgefordert, "Konzerte, Großveranstaltungen, Bahnhöfe und Flughäfen, Nahverkehr" und vielbesuchte Geschäfte zu meiden. Die Terrorwarnstufe 4 galt laut Michel für den Brüsseler Großraum, den Flughafen und die Stadt Vilvorde in Flandern, aus der etliche Jugendliche stammen, die sich zu Extremisten entwickelten.

Der U-Bahnverkehr wurde auf "Anraten des Krisenzentrums" Ocam auf allen Linien vorübergehend eingestellt, teilte die Betreibergesellschaft STIB mit. Auch Kaufhäuser, Museen und Kinos blieben geschlossen. Zahlreiche Großveranstaltungen in der Region wurden abgesagt, darunter das Erstliga-Fußballspiel Lokeren-Anderlecht. Der Flughafenbetrieb verlief dagegen normal. Die Regierung will die Maßnahmen am Sonntagnachmittag überprüfen.

Die Anhebung der Terrorwarnstufe erfolgte rund eine Woche nach den islamistischen Anschlägen von Paris mit 130 Toten, deren Urheber zum Teil im Brüsseler Brennpunktviertel Molenbeek lebten. Zu den Anschlägen bekannte sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).

Bei Antalya im Süden der Türkei wurden im Zusammenhang mit den Anschlägen von Paris drei Verdächtige festgenommen. Es handele sich um einen Belgier marokkanischer Abstammung und zwei Syrer, teilte ein türkischer Regierungsvertreter. Der 26-jährige Ahmad Dahmani wird demnach verdächtigt, mit den Attentätern "in Kontakt" gewesen zu sein. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Dogan soll der Belgier Anschlagsziele in Paris ausgekundschaftet haben. Die Syrer wollten ihn offenbar nach Syrien bringen.

Mehrere bei einem Anti-Terror-Einsatz in Saint-Denis bei Paris festgenommene Verdächtige wurden unterdessen wieder auf freien Fuß gesetzt. Sieben von acht Festgenommenen wurden freigelassen, ein Mann blieb dagegen in Haft: Jawad Bendaoud soll dem mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge, Abdelhamid Abaaoud, die am Mittwoch von der Polizei gestürmte Wohnung überlassen haben.

Die belgische Justiz leitete am Freitag ein Strafverfahren gegen einen Verdächtigen ein, der am Donnerstag in Brüssel festgenommen wurde. Ihm werden Beteiligung an Terroranschlägen und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Wie die Staatsanwaltschaft am Samstag mitteilte, wurden in seiner Wohnung Waffen gefunden, aber kein Sprengstoff oder Sprengstoffgürtel.

Bei Razzien in Brüssel waren am Donnerstag insgesamt neun Verdächtige im Zusammenhang mit den Pariser Anschlägen festgenommen worden. Sieben von ihnen wurden inzwischen wieder freigelassen.

In Frankreich trat am Samstag das Gesetz über die Verlängerung des Ausnahmezustands offiziell in Kraft; es gilt bis zum 26. Februar. Seit der Verhängung des Ausnahmezustands am Abend der Anschläge am 13. November gab es nahezu 800 Durchsuchungen. 90 Verdächtige wurden nach Behördenangaben in Gewahrsam genommen, 164 Hausarreste angeordnet und 174 Waffen beschlagnahmt.

Der UN-Sicherheitsrat verabschiedete am Freitagabend einstimmig eine Resolution, die alle Staaten auffordert, "alle nötigen Maßnahmen" im Kampf gegen den IS im Irak und Syrien zu ergreifen. Dabei sollten das "internationale Recht und insbesondere die UN-Charta" eingehalten werden, heißt es in dem von Frankreich eingebrachten Text. Die Resolution erteilt nicht die rechtliche Erlaubnis, militärisch gegen die IS-Miliz vorzugehen. Sie erwähnt auch nicht Artikel 7 der UN-Charta, der Staaten den Einsatz von Gewalt erlaubt. Sie gibt aber politische Rückendeckung für den Kampf gegen die Dschihadistengruppe.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag zum Handelsstart mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Europäische Unternehmen sehen düstere Aussichten in China
10.05.2024

Die jährliche Geschäftsklimaumfrage der EU-Handelskammer in Peking zeigt, dass europäische Unternehmen ihre Wachstumschancen in China so...

DWN
Technologie
Technologie Lithium-Abbau in Deutschland: BGR-Forscher starten Tiefenförderung in der Lüneburger Heide
10.05.2024

Der Weg zu einer nachhaltigen Elektromobilität führt möglicherweise durch die Lüneburger Heide: Die Die Bundesanstalt für...

DWN
Finanzen
Finanzen Genomsequenzierung: Investieren in die personalisierte Medizin der Zukunft
09.05.2024

Genomsequenzierung, Gentherapie, personalisierte Medizin: Die Medizin- und Pharma-Industrie steht vor einem Wendepunkt. Gleichzeitig sind...