Politik

Chodorkowski ruft zur Revolution in Russland auf

Lesezeit: 2 min
09.12.2015 20:41
Der frühere russische Oligarch Michail Chodorkowski hat zur Revolution in Russland aufgerufen. Der russische Präsident Putin müsse gestürzt und vor ein Gericht gestellt werden. Die russische Justiz hatte zuvor ein neues Verfahren wegen Mordes gegen Chodorkowski eröffnet.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski hat zu einer "Revolution" in Russland aufgerufen und Präsident Wladimir Putin einen verfassungswidrigen Staatsstreich vorgeworfen. "Das Land hat einen verfassungswidrigen Staatsstreich erlebt: Illegitime und freiheitsfeindliche Gesetze wurden von einem illegitimen Parlament beschlossen, sie werden angewandt von einer illegitimen Regierung und einer Justiz, die nicht unabhängig ist", sagte Chodorkowski am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in London. "Um zum Rechtsstaat zurückzukehren, bedarf es einer Revolution."

Diese Revolution "kann friedlich sein", sagte der frühere Oligarch. "Es ist unsere Pflicht dafür zu sorgen, dass sie es ist." Er werde alles dafür tun, damit der Rechtsstaat wiederhergestellt werde und Putin sich für seine Taten vor einem unabhängigen Gericht verantworten müsse, versprach der einstige Ölmagnat. Obwohl ihn die Politik "nicht interessiert", könne er "nicht tatenlos bleiben". Der frühere Chef des inzwischen zerschlagenen Ölkonzerns Yukos war 2003 festgenommen worden und wegen Betrugs und Steuerhinterziehung jahrelang inhaftiert worden.

Kurz vor den Olympischen Winterspielen im russischen Sotschi Anfang 2014 wurde Chodorkowski überraschend begnadigt. Er lebt heute im Exil in London. Am Dienstag beschuldigte ihn die russische Justiz aber, im Jahr 1998 den Mord an dem Bürgermeister der sibirischen Stadt Neftejugansk in Auftrag gegeben zu haben. Chodorkowski bezeichnete die Vorwürfe nun als "politisch motiviert". Es sei "eine alte Tradition russischer Regierungen", gegen Oppositionelle "alte Fälle hervorzuholen", sagte Chodorkowski.

Wie Chodorkowskis Website Offenes Russland berichtete, wurde die Aufforderung zu der Befragung Chodorkowskis Vater übergeben, die Anhörung selbst soll demnach am Freitag in Moskau stattfinden. Chodorkowski veröffentlichte später ein zweites Dokument des Ermittlungskomitees, in dem es hieß, er solle erst am Freitag offiziell "beschuldigt" werden. "Sie haben sich daran erinnert, dass sie mich erst beschuldigen müssen", schrieb der Oppositionelle im Internetdienst Twitter.

Chodorkowski war einst der reichste Mann Russlands. Als Chef des inzwischen zerschlagenen Ölkonzerns Yukos wurde er 2003 festgenommen und später wegen Betrugs und Steuerhinterziehung zu jahrelanger Lagerhaft verurteilt. Die Prozesse wurden vom Westen als politisch motiviert kritisiert. Wenige Wochen vor den Olympischen Winterspielen im russischen Sotschi Anfang 2014 wurde Chodorkowski überraschend begnadigt. Er lebt inzwischen in London.

Auf die Frage, warum Präsident Wladimir Putin den früheren Oligarchen Ende 2013 trotz der Vorwürfe hinsichtlich seiner Verwicklung in den Mord an Bürgermeister Wladimir Petuchow begnadigt habe, sagte sein Sprecher Dmitri Peskow, dass es damals "noch nicht die Informationen gab, die es heute gibt". Die Ermittlungen zu dem Mord, für den der frühere Sicherheitschef von Yukos zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, waren im Juni wieder aufgenommen worden.

Der Fernsehsender Rossija 24 berichtete ausführlich über die neuen Ermittlungen gegen Chodorkowski. Der Sender interviewte auch die Witwe von Petuchow, die sich zufrieden darüber äußerte, dass der einstige Yukos-Chef nun beschuldigt wird. "Wir haben hierauf 17 Jahre lang gewartet", sagte sie. Laut dem Sender gab Chodorkowski den Mord an dem Bürgermeister von Neftejugansk in Auftrag, weil dieser Yukos der Steuerhinterziehung bezichtigt hatte.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Clean Industrial Deal: Warum die EU jetzt handeln muss
26.12.2024

Vor fünf Jahren setzte die EU mit dem Europäischen Green Deal neue Maßstäbe im globalen Klimaschutz. Heute, angesichts wachsender...

DWN
Politik
Politik „Atomkraft? Nein Danke“: Habeck-Ministerium manipulierte wohl AKW-Studie für Atomausstieg
26.12.2024

Manipulation im Wirtschaftsministerium? Wie interne Unterlagen jetzt aufdecken, soll das Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck gezielt...

DWN
Politik
Politik Papst eröffnet Heiliges Jahr mit Hoffnungsbotschaft
26.12.2024

Ein strammes Programm hatte der gesundheitlich angeschlagene Papst an Weihnachten zu stemmen: Er eröffnete das Heilige Jahr der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschland schafft Gasspeicherumlage ab: Entlastung für Nachbarländer, Mehrkosten für Verbraucher
26.12.2024

Deutschland verabschiedet sich von der umstrittenen Gasspeicherumlage an Grenzübergangspunkten zu Nachbarländern. Mit einer Änderung des...

DWN
Immobilien
Immobilien Sechs Jahre Mietenstopp: Können Mietpreiserhöhungen gesetzlich verboten werden?
26.12.2024

Der aktuelle Wohnmarkt bereitet Volk wie Bundesregierung Kopfzerbrechen. Laut Umfragen glauben immer weniger Deutsche daran, sich den Traum...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Überstunden steuerfrei: Ab 2025 wird es Realität?
26.12.2024

Überstunden ab 2025 steuerfrei? Wenn diese Pläne Wirklichkeit werden, könnten Arbeitnehmer von einer höheren Auszahlung ihrer...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kann Automatisierung die deutsche Industrie retten?
26.12.2024

Die deutsche Wirtschaft kämpft mit Fachkräftemangel und explodierenden Kosten. Wie können Automatisierung und Robotik diese...

DWN
Politik
Politik Wahlforscher Jung: Die Union hat ein "Merz-Problem" - und Habeck eine gute Chance
26.12.2024

Es sei sehr wahrscheinlich, dass Unionskandidat Merz der nächste deutsche Bundeskanzler wird, sagt Wahlforscher Matthias Jung. Doch er...