Finanzen

Polen rettet private Schuldner auf Kosten von Groß-Banken

Lesezeit: 2 min
16.01.2016 00:00
Polen will seine privaten Schuldner von der Last der Franken-Kredite befreien. Die Kurse der polnischen Institute brachen ein, die Branche ist empört. Die EZB nimmt Polen unter Beschuss.
Polen rettet private Schuldner auf Kosten von Groß-Banken

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Der polnische Präsident Andrzej Duda hat am Freitag einen Gesetzentwurf zur Umwandlung der vor Jahren beliebten Franken- Kredite in Zloty vorgestellt. Dudas Büro betonte, die Kredite sollten zu einem „fairen Wechselkurs“ auf Zloty umgestellt werden können, blieb Einzelheiten des Vorschlags aber schuldig. Finanzminister Pawel Szalamacha nannte den Entwurf „akzeptabel“, meldete aber Änderungswünsche an. Polens Banken, darunter die Commerzbank -Tochter mBank, fürchten deshalb Milliardenbelastungen, ihre Aktienkurse brachen um bis zu sechs Prozent ein. Der Staat werde die Kosten jedenfalls nicht tragen, betonten Vertraute Dudas.

Der Umtausch der Franken-Kredite gehörte zu den Wahlkampf-Versprechen Dudas, der im Oktober ins Amt gewählt worden war. Viele Banken hatten aber erwartet, dass die Idee vom Tisch sei, nachdem die Regierung eine Bankenabgabe eingeführt hat, die am Freitag vom Parlament verabschiedet wurde. Die Banken sollen die Abgabe - 0,0366 Prozent der Bilanzsumme pro Monat - nach Dudas Vorstellungen durch den Umtausch um bis zu 20 Prozent mindern können. Die Kosten sollten zudem auf mehrere Jahre verteilt werden.

Notenbankpräsident Marek Belka hatte im Dezember vor einer gleichzeitigen Einführung der Bankenabgabe und des Hypotheken-Tauschs gewarnt. Die Doppelbelastung würde einige Banken in eine „ernste Krise“ stürzen.

Mehr als eine halbe Million Polen haben vor allem in den Jahren 2007 und 2008 Hypothekenkredite in der Schweizer Währung aufgenommen, da dafür deutlich geringere Zinsen fällig wurden. Seither hat sich der Franken aber zum Zloty um rund 80 Prozent verteuert, wodurch die Schuldenlast für die polnischen Kreditnehmer massiv gestiegen ist. In den Büchern polnischer Banken liegen Franken-Kredite im Gegenwert von 144 Milliarden Zloty (32,6 Milliarden Euro). Würden sie zum historischen Kurs umgetauscht, würde das die Banken zusammen 35 Milliarden Zloty (acht Milliarden Euro) kosten - das ist doppelt so viel wie sie 2014 verdient haben. Allein die mBank sitzt auf 4,6 Milliarden Euro an Franken-Krediten, stärker belastet ist nur Marktführer PKO.

Wie viel die Umwandlung die Banken tatsächlich kostet, soll die Bankenaufsichtsbehörde KNF ausrechnen. In der Banken-Branche stieß Dudas Vorstoß auf die zu erwartende Kritik. Der Gesetzentwurf sei „völlig unausgegoren“, so lange die Kosten unklar blieben, sagte Urszula Krynska, Volkswirtin bei der Bank Millennium. Die Unsicherheit angesichts der fehlenden Einzelheiten hätten den Markt nervös werden lassen, sagte ein Händler. MBank-Aktien gaben 3,2 Prozent nach, bei der kleineren Getin Noble waren es sogar 6,3 Prozent.

Die EZB hatte Polen schon vor der Bekanntgabe des Gesetzes unter Beschuss genommen. Denn die Polen planen auch eine neue Banken-Steuer, um das Geld für soziale Zwecke zu verwenden. Das behauptet die Regierung jedenfalls vorher - ob das Geld wirklich bei den Armen ankommt, wird man erst nach der Einführung der Steuer beurteilen können.


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