Politik

Villingen: Handgranaten-Anschlag auf Asyl-Unterkunft

Unbekannte haben eine Flüchtlingsunterkunft mit einer Handgranate attackiert. Die Granate explodierte allerdings nicht. Bis zur gezielten Sprengung durch die Polizei mussten die Flüchtlinge die Unterkunft verlassen.
29.01.2016 14:16
Lesezeit: 1 min

Unbekannte haben auf eine Flüchtlingsunterkunft in Villingen-Schwenningen in Baden-Württemberg eine Handgranate geworfen. Die Granate war mit Sprengstoff gefüllt, explodierte aber nicht, wie die Polizei Tuttlingen mitteilte. Bei dem Anschlag in der Nacht zum Freitag wurde niemand verletzt, es entstand auch kein Sachschaden. Die Polizei ermittelt in alle Richtungen.

Die Täter warfen den bisherigen Ermittlungen zufolge die Handgranate kurz nach ein Uhr in der Nacht über den Zaun um die Erstaufnahmestelle. Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes entdeckten den Sprengkörper und alarmierten die Polizei. Spezialisten des Landeskriminalamtes (LKA) brachten die Granate um fünf Uhr morgens kontrolliert zur Explosion.

Nach dem Anschlag untersuchen die Ermittler, ob die Kriegswaffe einen Zünder hatte und damit tatsächlich scharf war. „Es steht fest, dass sie mit Sprengstoff gefüllt war“, sagte Johannes-Georg Roth, Leiter der Staatsanwaltschaft Konstanz, auf einer Pressekonferenz in Villingen-Schwenningen am Freitag. „Ob ein Zünder verbaut war, ist bisher nicht bekannt. Das ist die entscheidende Weichenstellung.“

Der Experte des Landeskriminalamtes, Andreas Stenger, erklärte, von einer scharfen Granate könne nur gesprochen werden, wenn sowohl Sprengstoff als auch Zünder vorhanden seien. Aus Polizeikreisen hatte es zunächst geheißen, die Handgranate sei scharf gewesen.

Hinweise zu den Hintergründen der Tat lägen noch nicht vor, erklärte das Polizeipräsidium Tuttlingen. Die Ermittlungen liefen in alle Richtungen. Die Kriminalpolizei richtete eine Sonderkommission „Container“ ein. Die Bevölkerung wurde zur Mithilfe aufgerufen. Gesucht werden Zeugen, die verdächtige Fahrzeuge oder verdächtige Menschen in der Nacht beobachtet haben.

Rund 20 Bewohner der Flüchtlingsunterkunft mussten kurzzeitig ihre Wohnungen verlassen, konnten aber schon in den frühen Morgenstunden wieder in ihre Räume zurückkehren. In der Flüchtlingsunterkunft, einer ehemaligen Kaserne, sind insgesamt rund 170 Asylbewerber in mehreren Gebäuden untergebracht.

Bundesjustizminister Maas erklärte zu dem Anschlag, das „Ausmaß der Gewalt“ sei „erschreckend“. Die Täter dürften nicht ungestraft davonkommen. „Wir können alle nur dankbar sein, dass dieses Mal niemand verletzt wurde“, hob Maas hervor. Der Anstieg von Angriffen gegen Flüchtlinge, Helfer oder Polizisten sei „insgesamt dramatisch“.

Die „neue Qualität der Hetze und Gewalt“ müsse allen Demokraten ein Ansporn sein, noch entschiedener für eine offene und tolerante Gesellschaft einzutreten, so der Justizminister. „Sprengkörper auf Flüchtlingsheime fliegen heute schon, wir dürfen nicht abwarten, bis es die ersten Toten gibt.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Die Tech-Giganten blasen zum Angriff: Neue Funktionen und digitale Machtverschiebung im Frühjahr 2025
30.04.2025

Die digitale Elite schläft nicht – sie beschleunigt. Im Frühjahr 2025 liefern die großen US-Tech-Konzerne ein beispielloses Arsenal an...

DWN
Politik
Politik Rohstoffdeal Ukraine steht kurz bevor: USA sichern sich Zugriff auf ukrainische Ressourcen
30.04.2025

Ein Durchbruch im Schatten des Krieges: Nach zähen Verhandlungen stehen die USA und die Ukraine offenbar kurz davor, ein weitreichendes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Fall Pirelli: Beginn einer europäischen Gegenoffensive gegen Chinas Wirtschaftsmacht?
30.04.2025

Der Entzug chinesischer Kontrolle bei Pirelli markiert einen Wendepunkt: Europa ringt um Souveränität – zwischen amerikanischem Druck...

DWN
Politik
Politik Wie Trump den grünen Wandel ausbremst – Chronik eines klimapolitischen Rückschritts
30.04.2025

Während Europa sich zunehmend in grüne Bürokratie verstrickt und Milliarden für Klima-Versprechen mobilisiert, marschiert der ehemalige...

DWN
Panorama
Panorama Inflationsrate sinkt auf 2,1 Prozent – Lebensmittelpreise steigen aber weiter
30.04.2025

Die Inflation in Deutschland geht leicht zurück – doch die Entlastung kommt nicht überall an. Während Energie günstiger wird, ziehen...

DWN
Technologie
Technologie Im Moment gewinnen wir gegen die künstliche Intelligenz – noch
30.04.2025

Im Wettrennen zwischen Mensch und Maschine scheint die Entscheidung längst gefallen: Algorithmen rechnen schneller, analysieren...

DWN
Politik
Politik 100 Tage Präsident: Trump gibt sich Bestnoten
30.04.2025

Donald Trump hat seine ersten einhundert Tage der neuen Amtszeit zum Triumphzug erklärt – mit scharfen Angriffen auf Joe Biden, Justiz,...

DWN
Immobilien
Immobilien BGH-Urteil zur Nichtabnahmeentschädigung: Rückforderung jetzt möglich!
30.04.2025

Der BGH hat entschieden: Wer nach geplatztem Immobilienkauf eine Nichtabnahmeentschädigung gezahlt hat, kann Geld zurückfordern – oft...