Serbien hat in der Nacht zum Sonntag seine Grenze zu Mazedonien geschlossen. Darauf folgte am Sonntag Mazedonien, welches umgehend seine Grenze zu Griechenland für einreisewillige afghanische Staatsbürger geschlossen hat. Die griechischen Behörden seien am Morgen informiert worden, dass Afghanen nicht mehr durchgelassen würden, berichtet Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf griechische Polizeikreise.
Den Angaben zufolge dürfen Syrer und Iraker weiter aus Griechenland nach Mazedonien einreisen. Am Grenzübergang Idomeni warteten demnach knapp 4.000 Menschen auf die Weiterreise.
Seit November hatte Mazedonien nur Afghanen, Syrer und Iraker einreisen lassen. Das Land liegt auf der sogenannten Balkanroute zwischen Griechenland und Serbien, von wo aus die meisten Flüchtlinge weiter nach Österreich, Deutschland und Skandinavien reisen wollen.
Die Schließung dürfte Teil des Deals von Serbien mit der EU sein: Beide Seiten haben einen Plan entwickelt, der die Schließung der EU-Außengrenzen für alle Flüchtlinge und Migranten vorsieht. Die Serben und Mazedonier wollen demnach künftig genaue Einzelfall-Prüfung durchführen. Die Serben sollen, so der Wunsch der EU, die Grenzen bis zum 1. März schließen. Das berichtet die Zeitung Danas aus Belgrad, ein seriöses Blatt, das der Regierung kritisch gegenübersteht. Die Informationen dürften aus Regierungskreisen geleakt worden sein, weil es in der Partei von Premier Aleksandar Vučić faktisch eine Spaltung gibt. Tatsächlich könnte sich die Schließung bis Ende März hinziehen - einerseits wegen der Wahlen in Serbien, andererseits möchte die EU vermeiden, dass der für den 6. März geplante Gipfel mit der Türkei von vornherein zu Farce wird.
Vučić hat mit der EU seit vielen Monaten über einen Deal zur Schließung der Grenzen verhandelt. Erst vor wenigen Tagen fand laut Danas ein Gespräch zwischen den EU-Präsidenten und Vučić statt, bei dem der Plan im Detail ausgearbeitet worden sein soll. Serbien hat, trotz erheblicher wirtschaftlicher Probleme, die Zusage von Angela Merkel, bald in die EU aufgenommen zu werden. Die offiziellen Beitrittsverhandlungen wurden vor wenigen Monaten aufgenommen. Noch schließt Aleksandar Vučić einen Nato-Beitritt aus, weil er sich im Frühjahr Wahlen stellen muss und dieses Thema in Serbien aktuell nicht mehrheitsfähig ist.
Es ist unklar, wie Griechenland auf die Entwicklung reagieren wird: Die griechische Regierung soll von Mazedonien nicht offiziell über den Schritt informiert worden sein, wie laut AFP aus Regierungskreisen in Athen verlautete. Griechenland verurteile alle „einseitigen Maßnahmen“ in der Flüchtlingskrise.
Das Problem für Athen: Nun werden sich die Flüchtlinge in Griechenland stauen, die bisher über die Balkan-Route nach Norden gekommen sind. Formal wurde die Entwicklung durch Deutschland angestoßen - auch wenn Angela Merkel offiziell die deutschen Grenzen weiter für alle Einreisenden offen halten will. Doch per Januar hatte Deutschland begonnen, sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge nach Österreich zurückzuschicken. Daraufhin hat Österreich beschlossen, seine Grenzen dicht zu machen. Durch diese Entscheidung wurde ein Domino-Effekt erzeugt, der aber die Balkan-Staaten nicht überrascht hat: Die Polizeibehörden der betroffenen Länder haben sich abgesprochen, um einen Rückstau zu verhindern.
Serbien hat sich bereiterklärt, einen Teil der Flüchtlinge zu übernehmen, die durch die Grenzschließung nicht weiterreisen können.
Inwieweit Griechenland in den Plan eingebunden ist, ist unklar. Es ist jedoch denkbar, dass Merkels Plan B darin besteht, die Zahlungen, die eigentlich für die Türkei vorgesehen sind, im Falle eines Scheiterns des Deals mit dem türkischen Präsidenten Erdogan nach Griechenland und nach Italien zu leiten, damit die Flüchtlinge dort aufgenommen werden. Der italienische Premier Matteo Renzi hatte diese Merkel bereits mehrfach vorgeschlagen. Der für Migrationsfragen zuständige Staatssekretär Domenico Manzione sagte in einem Interview mit der Zeitung Il Mattino, dass es, wenn Österreich den Brenner tatsächlich schließt, „Italien zu einer Sackgasse im Herzen Europas“ würde: “Es besteht die Gefahr, dass unsere Nordgrenze zu einem Lampedusa des Nordens wird.“
Der Plan, die Flüchtlinge in den Balkan-Staaten unterzubringen, ist nicht neu: Er scheiterte jedoch in seinem ersten Anlauf, weil es der EU nicht rechtzeitig gelungen ist, ein verbindliches Abkommen mit Serbien und Mazedonien zu schließen.