Politik

Italien verweigert Merkel die Gefolgschaft in neuer Banken-Krise

Für Bundeskanzlerin Merkel könnte es schon bald eine empfindliche Niederlage in Italien geben: Premier Renzi will trotz der Warnungen aus Berlin die italienischen Banken mit Steuergeldern retten. Die Banken-Krise in Italien kann zur existentiellen Gefahr für die Euro-Zone werden.
05.07.2016 00:31
Lesezeit: 2 min

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Bundeskanzlerin Angela Merkel kommt in der EU nicht voran: Nachdem die Osteuropäer die Kanzlerin in der Flüchtlingsfrage haben auflaufen lassen und die Briten trotz eindringlicher Mahnungen für den EU-Austritt gestimmt haben droht die nächste substantielle Krise in Italien: Die FT berichtet von mehreren Personen, die Matteo Renzi nahestehen, dass der italienische Premier entschlossen ist, sich über die in EU-Regeln zur Gläubigerbeteiligung („Bail-in“) hinwegsetzen will und bereit ist, die wankenden Institute mit Steuergeldern zu retten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte erst vor wenigen Tagen erklärt, dass dies inakzeptabel wäre.

Doch Renzi ist offenbar so unter Druck, dass er als „ultima ratio“ die Banken „im Alleingang“ retten will. Vor allem die Monte dei Paschi di Siena (MPS) ist in einer kritischen Situation. Am Montag stürzte der Aktienkurs der Bank erneut ab und riss die europäischen Bankenwerte nach unten. Renzi soll auf den Hinweis, dass Deutschland den Einsatz von Steuergeldern für Banken-Bailouts ablehne, gesagt haben, er brauche „keine Belehrungen vom Schulmeister“. Tatsächlich hat Renzi wertvolle Zeit verloren, weil er während seiner Amtszeit im Hinblick auf die Banken untätig geblieben ist.

Die Finanzwelt ist besonders nervös, nachdem die EZB die MPS angewiesen hatte, sie müsse bei ihren faulen Krediten reinen Tisch machen. Die FT berichtet, dass die italienische Regierung sogar überlegt, die staatlichen Pensionsfonds anzuzapfen, um die Banken zu retten. Denn auch die EZB hat wenig Spielraum, wenngleich sie versuchen könnte, Italien über den Bond-Markt zu helfen. Aber eine erneute Bankenrettung aus Steuergeldern hat sogar der EZB-Banker Benoit Coeuré als das „faktische Ende der Bankenunion“ bezeichnet, wie die FT schreibt.

Renzi kämpft allerdings auch um seine eigene Zukunft: Er hat für Oktober ein Referendum über seine Verfassungsreform angesetzt und vorsorglich angekündigt, im Falle einer Ablehnung durch die Italiener zurücktreten zu wollen und Neuwahlen auszurufen. Auf diese Gelegenheit wartet vor allem die Fünf-Sterne-Bewegung von Beppe Grillo. Grillo hat seine politische Karriere ausgerechnet mit dem MPS-Skandal gestartet, den er als erster Politiker angeprangert hat. Zum für Renzi denkbar ungünstigsten Zeitpunkt kocht die Affäre wieder hoch.

So soll nun untersucht werden, ob der spektakuläre Selbstmord des damaligen Pressechefs tatsächlich ohne Fremdeinwirkung erfolgt ist. Die Affäre wirft ein Schlaglicht auch auf die italienische Zentralbank, deren Chef zu den Hochzeiten der Finanzprodukte Mario Draghi gewesen ist. Die Fünf-Sterne-Bewegung fordert nun eine Verstaatlichung der Banca d’Italia, die aktuell im Eigentum der Banken und Versicherer ist. Beobachter wie Wolfgang Münchau von der FT erwarten, dass die Partei von Grillo das geplante Referendum zu einer Generalabrechnung mit der Regierung umfunktionieren werde – und damit einen ähnlichen Erfolg erzielen könnte wie die UKIP in Großbritannien.

Das Referendum wird nach Ansicht der Citi das größte Risiko auf die europäische politische Landschaft in diesem Jahr unter den Nicht-Britischen-Fragen haben“, zitiert der Business Insider die Citi. Sollte das Referendum scheiten, würde das Land ins „politische Chaos“ fallen.

Renzis Pläne zur Bankenrettung sind verständlich: Bis Oktober werden die Banken ohne massive Hilfen nicht durchhalten. Ein „Hilfsprogramm“ wie für Griechenland ist für Italien unvorstellbar. Die Italiener verfolgen mit einigem Grauen, wie sich Portugal anschickt, von einem Programm ins nächste zu taumeln, von der weitgehenden Entmachtung der Regierung in Griechenland ganz zu schweigen. Der Brexit trägt sicher auch dazu bei, dass Italien vor Alleingängen nicht mehr zurückschreckt: Sollten die Briten nämlich wirklich austreten, müssten die Italiener mehr in das EU-Budget einzahlen, weil mit Großbritannien ein Netto-Zahler wegfällt, analysiert Eleonora Poli vom Think Tank „The UK in a changing Europe“.

Auch auf lange EU-Sitzungen kann Renzi nicht mehr warten – obwohl er aus Brüssel in der Frage der Banken-Rettung zuletzt mehr Unterstützung erhalten hat als aus Berlin. Doch EU-Präsident Juncker ist nach dem Brexit-Desaster selbst unter Beschuss geraten. Es ist daher denkbar, dass sich in Italien das nächste Euro-Drama abspielen könnte. Doch anders als in Großbritannien wird es sich bei der italienischen Banken-Krise um keine Seifen-Oper handeln sondern um einen Kampf, bei dem es für den Euro um Sein oder Nichtsein geht.

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