Politik

Großbritannien will Zuwanderung deutlich reduzieren

Die neue britische Premierministerin Theresa May will die Zuwanderung aus der EU spürbar einschränken. Aktuelle Pläne der EU-Kommission zur Angleichung der Löhne könnten die Migration von Osteuropäern nach Großbritannien künftig ohnehin erschweren. Mit Deutschland möchte Großbritannien indes gut zusammenarbeiten.
21.07.2016 01:45
Lesezeit: 2 min

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Die britische Premierministerin Theresa May auf eine Reduzierung der Einwanderung von EU-Ausländern gepocht, meldet Reuters. Ihre Regierung werde nach dem Brexit-Referendum sicherstellen, dass das Land die Kontrolle über seine Grenzen zurückerhalte, sagte sie am Mittwoch in London. Das Referendum am 23. Juni sei in dieser Frage klar gewesen: „Das Volk will die Kontrolle über die freie Einwanderung aus der EU, und genau das werden wird in den Verhandlungen mit der EU sicherstellen.“

„Ich bleibe außerdem fest bei meiner Überzeugung, dass wir die Zuwanderung unter dem Strich auf ein nachhaltiges Niveau verringern müssen“, sagte May. In der Vergangenheit hatte sie allerdings auch betont, dass sie der britischen Wirtschaft den Zugang zum EU-Binnenmarkt auch nach einem EU-Austritt erhalten will. Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist jedoch eine der vier Grundvoraussetzungen für die Teilnahme am Binnenmarkt und dürfte deshalb einer der Hauptstreitpunkte werden.

Merkel hatte nach dem Referendum „Rosinenpickerei“ der Briten in den Verhandlungen mit der EU ausgeschlossen. Ihr Sprecher Steffen Seibert sagte am Mittwoch, es werde auch keine Vorverhandlungen geben, bevor die Briten den offiziellen Antrag zum Austritt nach Artikel 50 des EU-Vertrages gestellt hätten. Der britische Brexit-Minister David Davis hatte dagegen dafür geworben, zunächst mit den Regierungen in Berlin und Paris über die Modalitäten zu sprechen.

Der einheitliche EU-Binnenmarkt und seine Regeln stellen indes auch für Länder aus der EU ein Problem dar. Ungeachtet der Kritik aus Osteuropa und anderen Mitgliedsländern hält die EU-Kommission an ihren Plänen für eine Angleichung der Gehälter entsandter Arbeiter fest. Die Vorschläge griffen nicht in die Kompetenzen der EU-Staaten ein, sagte die für Beschäftigung zuständige EU-Kommissarin Marianne Thyssen am Mittwoch. „Die EU muss fair für jedermann sein, das ist das Ziel unseres Vorschlags.“ Arbeitsplätze würden dadurch nicht vernichtet.

Die Brüsseler Behörde hatte ihre Pläne im März vorgelegt und war damit vor allem in osteuropäischen Ländern auf Widerstand gestoßen. Mitarbeiter sollen demnach nicht nur Anspruch auf den Mindestlohn in einem anderen EU-Staat haben, sondern das gleiche Gehalt wie die heimischen Beschäftigten einer Firma erhalten. In einigen Bereichen - etwa im Baugewerbe - werden oft Arbeiter aus Osteuropa beschäftigt. Müssten diesen die gleichen Löhne gezahlt werden, fürchten die osteuropäischen Staaten, dass Firmen in Deutschland oder Frankreich weniger auf sie zurückgreifen. Die EU-Staaten und das EU-Parlament müssen den Vorschlägen der Kommission zustimmen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und die britische Premierministerin Theresa May haben trotz des Brexit-Votums Einigkeit demonstriert. Unabhängig von der Entscheidung verbinde Deutschland mit Großbritannien eine sehr enge Partnerschaft, sagte Merkel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit May am Mittwoch in Berlin. Beide Länder teilten sehr ähnliche Überzeugungen und gemeinsame Werte. "Das wird die Verhandlungen prägen", sagte Merkel. Auch May sprach von einer starken Partnerschaft und betonte: "Wir haben keineswegs die Absicht, uns von unseren Freunden zu trennen."

May bekräftigte, Großbritannien werde nicht vor Ablauf des Jahres den Antrag zum Austritt aus der EU stellen. Merkel erklärte, es sei verständlich, dass Großbritannien zunächst seine Verhandlungsposition festlegen wolle. Man werde abwarten und nach dem Antrag die Leitlinien der EU für die Verhandlungen festlegen. "Niemand will eine Hängepartie, aber jeder hat ein Interesse daran, dass die Dinge sorgfältig vorbereitet werden."

Beide Regierungschefinnen sagten, man werde bei der Lösung internationaler Probleme wie die Konflikte in der Ukraine oder in Syrien zusammenarbeiten. Auch die guten bilateralen Beziehungen sollten gepflegt und womöglich noch vertieft werden.

May betonte das Interesse ihres Landes an guten wirtschaftlichen Beziehungen zur EU. Deutschland sei der zweitwichtigste Handelspartner ihres Landes. Gleichzeitig sagte sie, die Einwanderung müsse kontrolliert werden. "Wir wollen die richtige Mischung", sagte May. Am Donnerstag wird sie in Paris erwartet.

Eine Begrenzung des Zuzugs von Ausländern ist das wichtigste Anliegen der Brexit-Befürworter. Die EU will allerdings keinen ungehinderten Zugang zu ihrem Binnenmarkt gewähren, wenn die Freizügigkeit für Arbeitnehmer aus EU-Ländern in Großbritannien nicht gewährleistet ist.

Die seit wenigen Tagen amtierende Regierung unter May stellte bereits erste Weichen für den Brexit: Großbritannien verzichtet auf die EU-Ratspräsidentschaft 2017. May habe EU-Ratspräsident Donald Tusk darüber informiert, dass man die Austrittsverhandlungen vorrangig behandeln wolle, sagte eine Regierungssprecherin in London. Nach Angaben von Tusks Sprecher einigten sich die Botschafter der EU-Staaten darauf, dass für Großbritannien Estland einspringt und seine EU-Ratspräsidentschaft um ein halbes Jahr vorzieht.

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