Finanzen

Aufträge der deutschen Industrie sinken im Juni überraschend

Die deutsche Wirtschaft bekommt den Abschwung in der Weltwirtschaft zu spüren. Im Juni sammelten die Unternehmen überraschend weniger Aufträge ein. Die Wirtschaftsleistung werde im zweiten Quartal wahrscheinlich stagnieren, prognostizieren Beobachter.
06.08.2016 01:09
Lesezeit: 2 min

Eine schwache Nachfrage aus der Euro-Zone bremst überraschend das Neugeschäft der deutschen Industrie. Die Betriebe sammelten im Juni 0,4 Prozent weniger Bestellungen ein als im Vormonat, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Freitag mitteilte. Ökonomen hatten mit einem Anstieg von 0,6 Prozent gerechnet, nach plus 0,1 Prozent im Mai.

„Der Auftragseingang wartet mit einer weiteren Enttäuschung auf. Trotz der robusten Stimmungslage zeigt sich, dass es der Industrie schwerfällt, Boden zu gewinnen: Im Durchschnitt dieses Jahres liegt der Auftragseingang nur wenig über dem Durchschnitt von 2015, im Vergleich zum Vorjahresmonat ist das Niveau mit rund drei Prozent sogar spürbar tiefer. Auch die Investitionsgüterproduktion kommt inzwischen nicht mehr vom Fleck. An dieser Entwicklung dürfte sich aufgrund der lediglich verhalten wachsenden Weltwirtschaft vorerst nichts Grundsätzliches ändern - Ifo-Geschäftsklima hin oder her“, sagte der Chefökonom vom Bankhaus Lampe, Alexander Krüger. Mit Spannung erwarten Experten, ob sich in den Juli-Daten das Votum der Briten für einen EU-Austritt niederschlägt. „Da könnten erste Bremsspuren sichtbar werden“, sagte Stefan Kipar von der BayernLB.

Die Unsicherheit wegen des Brexit-Referendums ist derzeit eines der zentralen Themen in der Wirtschaft - nicht nur in Deutschland. So sank in Großbritannien die Zahl der neu ausgeschriebenen unbefristeten Stellen so stark wie zuletzt während der Rezession 2009, wie aus einer Studie des Berufsverbands für Personalvermittlung (REC) hervorgeht. „Der Arbeitsmarkt hat im Juli einen dramatischen freien Fall erlebt“, sagte REC-Chef Kevin Green. „Die wirtschaftlichen Turbulenzen nach dem Votum für ein Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union sind zweifelsohne der Grund.“

Bisher hat die deutsche Wirtschaft eher gelassen auf die Anti-EU-Abstimmung reagiert. Allerdings schwächelte im Juni die Auslands-Nachfrage der Industrie. Hier gab es insgesamt ein Minus von 1,2 Prozent, die Aufträge aus dem Euro-Raum brachen um 8,5 Prozent weg. „Im Ausland addieren sich die vielen Krisen zu einer großen Last“, sagte Konjunktur-Experte Dirk Schlotböller vom Deutschen Industrie und Handelskammertag (DIHK). „Jetzt kommt auch noch die Verunsicherung infolge des Brexit-Votums obendrauf, so dass wir beim Exportgeschäft vorerst keinen Schwung erwarten.“

Ausschlaggebend für das Geschäft der Industrie sind oft Großaufträge, von denen es diesmal ungewöhnlich wenig gab. Klammert man diese Bestellungen aus, zogen die Betriebe sogar 0,9 Prozent mehr Bestellungen an Land. „Das ist gar nicht so schlecht“, sagte Kipar. Fachleute gehen davon aus, dass die Wirtschaft im Frühjahr an Fahrt verloren hat. „Alles spricht dafür, dass das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland im zweiten Quartal nach dem starken Jahresbeginn kaum zugenommen hat“, sagte Commerzbank-Analyst Ralph Solveen. Die Daten für April bis Juni liegen nächste Woche vor. Zu Jahresanfang gab es dank Rückenwind vom Bau noch ein Plus von 0,7 Prozent.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Volkswagen-Absatzrekord: VW verkauft mehr Currywürste als Autos
13.03.2025

Vegan war gestern: Sie ist seit Jahren das meistverkaufte Produkt der Marke Volkswagen: die VW-Currywurst. Und während der Autoabsatz...

DWN
Panorama
Panorama Ukraine-Krieg: Moskau meldet die Befreiung der Stadt Sudscha im Gebiet Kursk
13.03.2025

Moskaus Streitkräfte haben nach eigenen Angaben die seit sieben Monaten von ukrainischen Truppen besetzte Kleinstadt Sudscha im...

DWN
Immobilien
Immobilien Offene Immobilienfonds in Schockstarre: Anleger ziehen Milliarden ab - wie geht es weiter?
13.03.2025

Aktuelle Daten zeigen, dass Anleger Summen in Milliardenhöhe aus offenen Immobilienfonds abziehen. Januar war der schlimmste Monat seit...

DWN
Politik
Politik AfD scheitert mit Klage gegen geplante Änderung des Grundgesetzes - Linke stimmen auch dagegen
13.03.2025

Die AfD ist mit dem Versuch gescheitert, die Sondersitzung des Bundestags mit den Beratungen über eine Änderung des Grundgesetzes zu...

DWN
Politik
Politik US-Regierung droht Shutdown – Schumer warnt vor parteipolitischer Blockade
13.03.2025

Der US-Senat steht vor einer wegweisenden Abstimmung, die das Risiko eines Regierungsstillstands birgt. Laut dem Minderheitsführer der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mietpreisbremse: Wie Conny Mieter-Ansprüche juristisch gegen Eigentümer durchsetzt
13.03.2025

Was einst schon einmal dem Start-up Flightright GmbH bei Flugreisen geglückt ist, nämlich für Verbraucher bei Airlines Entschädigungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rheinmetall rüstet auf: Rüstungskonzern plant Aufstockung auf 40.000 Mitarbeiter
13.03.2025

Das Waffengeschäft boomt und damit Deutschlands größter Rüstungskonzern Rheinmetall: Die Auftragsbücher sind so voll wie nie. Der...

DWN
Politik
Politik Corona-Folgeschäden bei Kindern: Grund für schwere Entzündungen entdeckt
13.03.2025

Lockdowns und Impfungen führten nicht nur zu psychischen Erkrankungen bei Kindern: Einige leiden seit der Corona-Infektion an heftigen...