Politik

Kaum Schulden: Putin kann Wahlgeschenke verteilen, Merkel nicht

Russland erhöht die Renten - und kann sich das im Unterschied zu den westlichen Staaten leisten: Russland hat eine geringe Staatsverschuldung. Bundeskanzlerin Merkel dagegen stoppte die CDU-Idee von Steuersenkungen als Wahlgeschenk im Keim. Die deutschen Schulden sind nämlich nur wegen der kreativen EZB-Zinspolitik aktuell kein Problem.
29.08.2016 01:53
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Wenige Wochen vor der Parlamentswahl hat die russische Regierung eine Rentenerhöhung beschlossen. Der Staat werde dafür mehr als 470 Milliarden Rubel (6,5 Milliarden Euro) ausgeben, kündigte Ministerpräsident Dmitri Medwedew vergangene Woche bei einer Kabinettssitzung an. Die Erhöhung werde den knapp 43 Millionen Rentnern helfen, die steigenden Preise zu bewältigen. Die Russen wählen am 18. September ein neues Parlament. Rentner, die etwa ein Drittel der Bevölkerung stellen, haben bei früheren Wahlen überwiegend Präsident Wladimir Putin und seine Partei Einiges Russland gewählt.

Die Rentenerhöhung belastet den ohnehin angespannten Staatshaushalt noch mehr: Der Umfang entspricht fast drei Prozent der gesamten Ausgaben im kommenden Jahr. Die Staatseinnahmen sind in den vergangenen Jahren wegen der Rezession, der gesunkenen Ölpreise und schleppenden Privatisierungen zurückgegangen. In der ersten Hälfte dieses Jahres lagen sie elf Prozent unter Plan. Russland könnte deswegen das Staatsdefizit auf mehr als drei Prozent im Vergleich zur Wirtschaftsleistung erhöhen und den Zielwert damit verfehlen, sagte Medwedew.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dagegen den CDU-Plänen für eine Steuersenkungen eine Abfuhr erteilt. «Ich weiß nicht, woher Sie das Gefühl des satten Polsters nehmen», sagte Merkel am Sonntag im ARD-Sommerinterview auf eine entsprechende Frage.

Zunächst stünden schwierige Haushaltsberatungen im Bundestag bevor - «mit einer Menge von Erwartungen noch, was alles gemacht werden könnte. Und wenn wir dann nächstes Jahr im Frühjahr ein sattes Polster haben, soll mich das sehr ermutigen.»

Das Statistische Bundesamt hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen im ersten Halbjahr 2016 nach vorläufigen Berechnungen 18,5 Milliarden Euro mehr eingenommen als ausgegeben hätten. Daraufhin wurden einmal mehr Rufe nach Steuerentlastungen laut.

Nach Einschätzung von Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) kann der Staat die Steuerzahler nach der Bundestagswahl 2017 um etwa 15 Milliarden Euro jährlich entlasten. «In der nächsten Legislaturperiode wird es noch eine größere Steuererleichterung geben», sagte der CDU-Politiker der «Bild am Sonntag». «Nach meiner Auffassung sollten vor allem die Familien und die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen profitieren.» Bereits in dieser Wahlperiode habe man die kalte Progression reduziert, sagte Kauder.

Merkel schränkte ein, in Bundesländern und Kommunen habe sie «noch nie einen getroffen, der der Meinung war, dass man jetzt einfach ganz locker über Steuersenkungen sprechen kann». Es gehe darum, einen ausgeglichenen Haushalt zu schaffen und keine neuen Schulden auf Kosten der zukünftigen Generation aufzunehmen. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) habe darauf hingewiesen, es gebe keine Garantie, dass die Steuereinnahmen in der zweiten Jahreshälfte genauso seien wie in der ersten. «Abgerechnet wird am Jahresende», sagte Merkel.

Steuersenkungen und Rentenerhöhungen sind beliebte Wahlgeschenke in allen Staaten der Erde. Allerdings ist die hohe Verschuldung in Deutschland aktuell nur deshalb kein Problem, weil die EZB die Zinsen ausgelöscht hat und Staatsanleihen in unbeschränktem Ausmass kauft.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Bundeswehr: Rüstung auf dem Papier – Defizite auf dem Feld
29.06.2025

Die Bundeswehr bleibt trotz 100-Milliarden-Sondervermögen kaum einsatzfähig. Es fehlt an Ausrüstung, Personal und Struktur. Ist das...

DWN
Politik
Politik Experte fürchtet politischen Schock in Europa: „Es ist tatsächlich beängstigend“
28.06.2025

Europa taumelt: Rechte Parteien sind auf dem Vormarsch, Frankreich droht der Machtwechsel. Experte Rahman warnt: Das „Trump-Moment“...

DWN
Technologie
Technologie Neue Technologien am Körper: Gehirnimplantate, künstliche Intelligenz, elektronische Tattoos
28.06.2025

Hightech greift immer direkter in den menschlichen Körper ein. Ob Gehirnimplantate, elektronische Tattoos oder künstliche Intelligenz...

DWN
Politik
Politik Machtverlust oder Wendepunkt? Irans Zukunft nach dem Konflikt
28.06.2025

Nach dem militärischen Schlagabtausch mit Israel steht der Iran politisch und gesellschaftlich unter Druck. Zwischen Machtkonsolidierung,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen So gelingt der Einstieg: KI im Personalwesen mit System etablieren
28.06.2025

Künstliche Intelligenz erobert Schritt für Schritt das Personalwesen. Deutschland liegt im europäischen Vergleich weit vorne – doch...

DWN
Politik
Politik Familienkonzern Trump: Wie der Präsidenten-Clan Milliarden scheffelt
28.06.2025

Die Trump-Familie vermischt Politik und Profit wie nie: Während Donald Trump das Weiße Haus beherrscht, expandieren seine Söhne mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Börsenausblick 2025: Drohen jetzt heftige Kursbeben?
28.06.2025

Die Sommermonate bringen traditionell Unruhe an den Finanzmärkten. Mit Trump im Weißen Haus steigen die Risiken zusätzlich. Erfahren Sie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden für heiße Luft: Ex-OpenAI-Chefin kassiert ohne Produkt
28.06.2025

Ein Start-up ohne Produkt, eine Gründerin mit OpenAI-Vergangenheit – und Investoren, die Milliarden hinterherwerfen. Der KI-Hype kennt...