Erstmals begaben am Dienstag zwei Unternehmen ohne Staatsbeteiligung Papiere mit einer Rendite von unter null Prozent. Neben dem deutschen Kosmetik- und Waschmittelunternehmen Henkel hatte auch der französische Pharmakonzern Sanofi Anleihen ausgegeben, deren Nennwert er nicht zur Gänze zurückzahlen muss.
Henkel bot nach Informationen der Thomson Reuters-Tochter IFR Anleihen im Volumen von 500 Millionen Euro und einer Laufzeit bis 2018 an. Die doppelt so schwere Offerte von Sanofi umfasste Titel, die erst im Jahr 2020 auslaufen. Die Rendite beider Anleihen sahen Experten bei minus 0,05 Prozent. Damit müssen Anleger die Firmen dafür bezahlen, ihnen Geld leihen zu dürfen. Das Wall Street Journal schreibt, dass „diese Finanzierungsrunde ein weiterer Beweis dafür ist, wie sehr die expansive Geldpolitik der EZB die traditionelle Investment-Theorie auf den Kopf gestellt hat.“
Im Juli hatte mit der Deutschen Bahn erstmals ein Unternehmen einen Bond mit einer negativen Rendite - minus 0,006 Prozent - begeben. Da der Bahnbetreiber aber komplett dem Bund gehört, gelten dessen Papiere als Quasi-Staatsanleihen. Der Henkel-Rivale Unilever und der früher als GDF Suez firmierende französische Versorger Engie emittierten Nullkupon-Titel mit einer Rendite von knapp über Null.
Mit der Ausweitung ihrer Anleihekäufe auf Schuldtitel von Unternehmen hat die Europäische Zentralbank (EZB) auch die Renditen dieser Papiere in den vergangenen Monaten kräftig gedrückt, weil sie einen Käufer im Markt darstellt, der theoretisch unbegrenzt und zu jedem Preis kaufen könnte. Mehr als 27 Prozent aller Titel aus diesem Bereich, die mit dem Gütesiegel „Investment Grade“ ausgezeichnet sind, sind für Anleger bereits ein Verlustgeschäft. Der Gesamtumfang dieser Papiere beträgt offenbar über 700 Milliarden Euro, schreibt der Finanzblog Zerohedge. Jeden Monat kauft die EZB Bonds im Volumen von 80 Milliarden Euro auf.
Zwar sind die Mechanismen des EZB-Einflusses auf den Markt für Unternehmensanleihen klar, die Situation stellt jedoch ein Novum dar. „Wir versuchen die Konsequenzen dessen, was gerade passiert, zu verstehen“, wird ein Beobachter vom Wall Street Journal zitiert. „Es ist bizarr, ein Unternehmen zu bitten, sich um das eingesetzte Geld gut zu kümmern, nur um in zwei oder drei Jahren weniger zurückzubekommen.“