Politik

Widerstand gegen Merkel: CDU streitet über Flüchtlingspolitik

In der CDU-Spitze formiert sich der Widerstand gegen Angela Merkels Politik der offenen Grenzen. Doch solange die CDU die wichtigste Fluchtursache - den Krieg in Syrien - nicht beim Namen nennt, sind diese Forderungen nur der Versuch, der AfD im Bereich der Ressentiments das Wasser abzugraben.
19.09.2016 13:22
Lesezeit: 2 min

In der CDU-Spitze wird nach dem schlechten Abschneiden der Partei bei den Wahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern eine klarere Ansage von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingspolitik gefordert. CDU-Parteivize Julia Klöckner kritisierte am Montag vor einer Präsidiumssitzung Kommunikationsprobleme. Anschließend wurde die Forderung nach einer deutlicheren Sprache Merkels nach Angaben von Teilnehmern auch in der Sitzung erhoben. Dies habe die Parteichefin auch zugesagt, hieß es. Zudem wurde in der CDU aber auch Kritik an der CSU laut. Der Berliner Bundestagsabgeordnete Karl-Georg Wellmann warf CSU-Chef Horst Seehofer im Deutschlandfunk vor, dieser habe "nichts unversucht gelassen, die CDU schlechtzureden". Ähnliche Kritik gab es nach Teilnehmerangaben auch im Präsidium.

Die CDU war sowohl bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern als auch am Sonntag in Berlin unter 20 Prozent gelandet. Klöckner machte Kommunikationsfehler auch der Bundesebene verantwortlich und kündigte an, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel sich deutlicher zur Flüchtlingspolitik äußern werde. Klöckner kritisierte, die Bürger bekämen offenbar nicht mit, was es an großen Erfolgen der Politik bereits gebe. "De facto hat sich die Politik massiv verändert, aber vielleicht ist die Kommunikation in der Tat nicht hinterhergekommen", sagte die rheinland-pfälzischen CDU-Landesvorsitzende. "An der ein oder anderen Stelle ist ein klares Wort der Kanzlerin - was sie auch vorhat - gut." Es sei aber zu einfach, einer einzelnen Person die Verantwortung zuzuschieben.

Diese Argumentation hatten schon die CDU-Wahlverlierer in Berlin wortgleich vorgetragen, weshalb man annehmen kann, dass es sich um eine vorab formulierte Aussage handelt, die die Partie ihren Mandataren vorgegeben hat. Tatsächlich verlangen die CDU-Rebellen nicht bloß eine bessere Erklärung der Flüchtlingspolitik, sondern eine Abkehr der Politik der offenen Grenzen, die bis zum heutigen Tag gilt und vor der Merkel bis zum heutigen Tag nicht abgewichen ist. Allerdings kommen die Merkel-Kritiker nicht über das Niveau der AfD-Ressentiments hinaus.

Ein Ende des vom Westen angezettelten Kriegs in Syrien als Hauptursache der Flucht hat nämlich noch kein CDU-Politiker gefordert. Es ist allerdings evident, dass die islamistischen Söldner bei ihren Terror-Aktionen von den offenen Grenzen profitieren, weil sie die syrische Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen und es im Ende auf deren Vertreibung in geopolitisch relevanten Landstrichen abgesehen haben.

Merkel selbst hat lediglich Versäumnisse der Regierung im Umgang mit der Flüchtlingskrise 2015 eingeräumt. Wenn sie könnte, würde sie die Zeit zurückdrehen, damit Deutschland besser auf die Entwicklungen vorbereitet gewesen wäre, sagte Merkel am Montag in Berlin. Sie werde dafür kämpfen, dass eine solche Krise nicht mehr passieren könne. "Die Wiederholung der Situation will niemand, auch ich nicht." Es müsse aber auch gesehen werden, dass immer weniger Flüchtlinge nach Deutschland kämen.

Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sihet keinen Konflikt mit Merkel und sprach laut Reuters von einem "sehr landestypischen Ergebnis". Die Wähler seien unzufrieden mit der Arbeit des rot-schwarzen Senats gewesen.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer positionierte sich mit einer Aussage auf dem AfD-Niveau, indem er nach Angaben der "Mittelbayerischen Zeitung" gesagt hat, dass es sehr schwer sei, nach drei Jahren einen fußballspielenden, ministrierenden Senegalesen wieder abzuschieben. Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter twitterte, man könne Scheuer einen "widerlichen Rassisten" nennen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Neue Biomüll-Verordnung ab Mai: Bis zu 2.500 Euro Strafe bei falscher Mülltrennung
30.04.2025

Ökologische Pflicht zur Mülltrennung: Ab dem 1. Mai 2025 tritt die neue Bioabfallverordnung (BioAbfV) in Deutschland in Kraft. Dann...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Die Tech-Giganten blasen zum Angriff: Neue Funktionen und digitale Machtverschiebung im Frühjahr 2025
30.04.2025

Die digitale Elite schläft nicht – sie beschleunigt. Im Frühjahr 2025 liefern die großen US-Tech-Konzerne ein beispielloses Arsenal an...

DWN
Politik
Politik Rohstoffdeal Ukraine steht kurz bevor: USA sichern sich Zugriff auf ukrainische Ressourcen
30.04.2025

Ein Durchbruch im Schatten des Krieges: Nach zähen Verhandlungen stehen die USA und die Ukraine offenbar kurz davor, ein weitreichendes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Fall Pirelli: Beginn einer europäischen Gegenoffensive gegen Chinas Wirtschaftsmacht?
30.04.2025

Der Entzug chinesischer Kontrolle bei Pirelli markiert einen Wendepunkt: Europa ringt um Souveränität – zwischen amerikanischem Druck...

DWN
Politik
Politik Wie Trump den grünen Wandel ausbremst – Chronik eines klimapolitischen Rückschritts
30.04.2025

Während Europa sich zunehmend in grüne Bürokratie verstrickt und Milliarden für Klima-Versprechen mobilisiert, marschiert der ehemalige...

DWN
Panorama
Panorama Inflationsrate sinkt auf 2,1 Prozent – Lebensmittelpreise steigen aber weiter
30.04.2025

Die Inflation in Deutschland geht leicht zurück – doch die Entlastung kommt nicht überall an. Während Energie günstiger wird, ziehen...

DWN
Technologie
Technologie Im Moment gewinnen wir gegen die künstliche Intelligenz – noch
30.04.2025

Im Wettrennen zwischen Mensch und Maschine scheint die Entscheidung längst gefallen: Algorithmen rechnen schneller, analysieren...

DWN
Politik
Politik 100 Tage Präsident: Trump gibt sich Bestnoten
30.04.2025

Donald Trump hat seine ersten einhundert Tage der neuen Amtszeit zum Triumphzug erklärt – mit scharfen Angriffen auf Joe Biden, Justiz,...