Politik

Österreich: Regierungspartei SPÖ lehnt CETA ab

Die Mitglieder der regierenden SPÖ haben das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada abgelehnt und fordern Nachverhandlungen. Diese sind jedoch nach Aussage der EU ausgeschlossen. Bundeskanzler Kern könnte nun in einen ernsten Konflikt geraten.
20.09.2016 22:01
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die österreichischen Sozialdemokraten (SPÖ) haben bei einer Befragung das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada klar abgelehnt, wenn es EU-Standards gefährdet. Das belastete ihre Koalition mit der konservativen ÖVP, die kein Problem mit Ceta hat. Die EU-Kommission will das Abkommen, über das die EU-Handelsminister Ende der Woche noch einmal sprechen sollen, so schnell wie möglich in Kraft setzen.

Die SPÖ teilte am Dienstag mit, fast 90 Prozent aller Befragten hätten erklärt, dass Österreich der vorläufigen Anwendung von Ceta auf EU-Ebene nicht zustimmen solle. Das heißt aber nicht zwingend, dass Ceta an Österreich scheitert. Der Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern fordert Nachbesserungen. Zuerst müsse geklärt werden, welche Änderungen in dem ausverhandelten Text möglich seien. «Dann werden wir überlegen, ob die Veränderungen groß genug sind, ob wir zustimmen können», sagte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler dem ORF-Radio.

Die ÖVP bezeichnete Ceta als faires Abkommen und will den Vertrag unterzeichnen. Die Regierungslinie müsse «in den nächsten Wochen» festgelegt werden, sagte Koalitionskoordinator Thomas Drozda (SPÖ).

Die deutsche SPD hatte bei ihrem Konvent am Montag mehrheitlich grünes Licht für Ceta gegeben. Unionsfraktionschef Volker Kauder äußerte deshalb die Hoffnung, dass die Koalitionsfraktionen noch in dieser Woche eine gemeinsame Haltung dazu hinbekommen. Die SPD-Linke hält sich aber ein Nein zu Ceta weiter offen. Wenn bestimmte Veränderungen nicht in das Abkommen aufgenommen würden, «werde ich als Parlamentarier dem nicht zustimmen», sagte der Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD, Matthias Miersch, im ARD-«Morgenmagazin».

Ceta soll Barrieren im Handel der EU mit Kanada abbauen und gilt auch als Vorbild für das umstrittene Handelsabkommen TTIP mit den USA. Nach Einschätzung der slowakischen EU-Ratspräsidentschaft wird Ceta wie geplant im Oktober unterzeichnet werden. Bei einem Ministertreffen am Dienstag sei man sich aber einig gewesen, dass die verbleibende Zeit für letzte «Vorbereitungen» genutzt werden müsse, sagte der slowakische Staatssekretär Ivan Korcok.

Umweltorganisationen riefen die SPÖ auf, sich an das Ergebnis der Befragung zu halten und ein Veto in Brüssel einzulegen. Die Industriellenvereinigung (IV) erklärte hingegen, die Teilnahme von nicht einmal 24 000 Personen an der Befragung biete keine fundierte Grundlage für das Vorgehen der Regierung. Die rechtspopulistische österreichische FPÖ setzt sich für eine Volksabstimmung ein.

Bundeskanzler Kern hatte im Vorfeld erklärt: «Wir werden uns natürlich an die Ergebnisse dieser Befragung gebunden fühlen.» Er plädiert für eine breite Diskussion und Nachbesserungen. Als heikel sieht Kern Regulierungsfragen, die Privatisierung kommunaler Dienstleistungen, die Wahrung von sozial- und umweltpolitischen Standards und den Investorenschutz.

Am Rande des UN-Flüchtlingsgipfels in New York sprach Kern mit Kanadas Premierminister Justin Trudeau über Wiens Vorbehalte. Trudeau habe für Wiens Position Verständnis gezeigt, sagte Kerns Sprecherin.

An der Online-Befragung der SPÖ konnten auch Nichtmitglieder teilnehmen. Über 23 700 Personen, davon mehr als 14 300 SPÖ-Mitglieder, antworteten auf fünf Fragen zu dem Thema. 7,5 Prozent der Parteimitglieder nahmen an der Befragung teil.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Wirtschaft holt auf: Thüringen und Sachsen mit Spitzenplätzen
20.05.2025

Einer neuen ifo-Studie zufolge hat Ostdeutschland wirtschaftlich gegenüber dem Westen deutlich aufgeholt. Der Thüringer Industrieanteil...

DWN
Politik
Politik Wenn Europa falsch reagiert, wird Trump zur echten Gefahr für die NATO
20.05.2025

Donald Trump ist zurück – und mit ihm die Zweifel an der Zukunft der NATO. Ex-Sicherheitsberater John Bolton warnt: Nicht Trump allein...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Amazons Geheimwaffe aus Israel: Wie ein unbekanntes Start-up den KI-Krieg entscheidet
20.05.2025

Ein unbekanntes Start-up aus Israel liefert den Treibstoff für Amazons KI-Vormarsch. Mit Annapurna Labs sichert sich der Tech-Gigant die...

DWN
Finanzen
Finanzen 30.000 Dollar für Gold – und der Westen ist bankrott
20.05.2025

Gold steigt, wenn das Vertrauen fällt. Für Hedgefonds-Manager David Einhorn wäre ein Kurs von 30.000 Dollar kein Triumph – sondern ein...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Krise am Bau: Wohnungsmarkt steckt fest – Bauindustrie warnt vor Investitionsstau
20.05.2025

Die deutsche Bauwirtschaft steckt weiterhin tief in der Krise. Der Wohnungsbau schwächelt, Neubauten stagnieren – und aus Sicht der...

DWN
Politik
Politik BKA: Politisch motivierte Kriminalität steigt um 40 Prozent– Beratungsstellen schlagen Alarm
20.05.2025

Schon die erste Kriminalitätsstatistik, die Dobrindt vorstellt, zeigt, dass er ein schwieriges Amt übernommen hat. Bei Straftaten mit...

DWN
Finanzen
Finanzen BYD-Aktie auf Rekordjagd: Neue Technologie und Europa-Strategie beflügeln den Kurs
20.05.2025

Die BYD-Aktie bricht Rekorde, während Konkurrent Tesla schwächelt. Neue Technologien und Strategien sorgen für Aufsehen – doch wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Russland unter Druck: EU verschärft Sanktionen gegen Kreml
20.05.2025

Trotz der Bemühungen von US-Präsident Donald Trump ist ein Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine weiterhin nicht in Sicht....