Politik

Neue Werte: Massive Erhöhung der Grundsteuer droht

Der Bundesrat plant die Neubewertung der rund 35 Millionen Grundstücke in Deutschland. Es ist zu erwarten, dass die Folge eine saftige Erhöhung der Grundsteuer sein dürfte. Der Verwaltungsaufwand für die staatliche Geldbeschaffungsmaßnahme ist erheblich.
23.09.2016 12:22
Lesezeit: 2 min

In der Länderkammer zeichnete sich am Freitag in Berlin eine deutliche Mehrheit für die Reform der Grundsteuer ab. Zwei von Hessen und Niedersachsen vorgestellten Gesetzentwürfe sehen vor, die für die Steuererhebung maßgebliche Wertermittlung anzupassen. Grund ist, dass derzeit die Wertermittlung auf überholten Daten beruht, die zum Teil auf das Jahr 1935 zurückgehen. Die Wertverhältnisse hätten sich teilweise dramatisch verändert, sagte Niedersachsens Finanzminister Peter-Jürgen Schneider (SPD). Schneide kleidet das Ziel der Maßnahme laut Reuters in die freundlich klingende Einschätzung, dass "anche Hausbesitzer zahlten deswegen zuviel Grundsteuer, andere zu wenig".

Der Bundesrat überwies die Gesetzentwürfe zur Beratung in die zuständigen Ausschüsse. In Bundesratskreisen hieß es, bis auf Bayern und Hamburg würden alle Länder das Reformvorhaben unterstützen.

Mit dem Reformvorstoß wollen die Länder einem drohenden Verfassungsgerichtsurteil zuvorkommen. Denn der für Steuersachen zuständige Bundesfinanzhof hält die veraltete Berechnung für nicht rechtmäßig und hat deshalb bereits das oberste Gericht eingeschaltet.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass in einem ersten Schritt, der sich allerdings jahrelang hinziehen wird, alle rund 35 Millionen Grundstücke sowie land- und forstwirtschaftlichen Betriebe neu bewertet werden. Dabei wird stärker als bisher auf Pauschalwerte gesetzt. Auf Basis der aktualisierten Werte wird dann die Steuer festgesetzt, wobei die Länder und Gemeinden Ermessensspielräume bekommen.

Wie sehr der Staat am Ende bestimmen kann, welchen "Wert" ein Grundstück oder ein anderes zu besteuerndes Objekt hat, kann man ausgerechnet an der Erbschaftssteuer erkennen: Janine von Wolfersdorff, Geschäftsführerin des Instituts Finanzen und Steuern in Berlin, stellt in einer betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Analyse des Bewertungsrechts fest, dass die heutige Bewertung von Unternehmensanteilen durch die mangelnde Berücksichtigung von Verfügungsbeschränkungen regelmäßig zu überhöhten Wertansätzen beim Betriebsvermögen von Familienunternehmen führt. Das geltende Bewertungsrecht und seine Auslegung durch die Finanzverwaltung erfüllen nach ihrer Auffassung nicht durchgängig die strengen verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Bewertung. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Berücksichtigung gesellschaftsvertraglicher Verfügungsbeschränkungen, die nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht wertmindernd im gemeinen Wert (d. h. Verkehrswert) des Anteils berücksichtigt werden dürfen.

„Eine Bewertung, die gesellschaftsvertragliche Verfügungsbeschränkungen nicht ausreichend berücksichtigt, führt dazu, dass der Staat dort zulangt, wo sich Gesellschafter selbst vertraglich beschränken, um Unternehmensvermögen zu erhalten und zu schützen“, kommentiert von Wolfersdorff. So wie bei der Ermittlung des gemeinen Werts heute betriebswirtschaftliche Aspekte werterhöhend berücksichtigt würden, müsse dies in der Konsequenz auch für betriebswirtschaftliche Aspekte gelten, die wertmindernd wirkten.

Der Vergleich mit der Unternehmensbewertung könnte auch für die Neubewertung der Grundsteuer Hinweise geben, zumal bei Grundstückswertungen auch um viele weiche Faktoren ins Treffen geführt werden können. Außerdem erscheint eine Neubewertung in einer Phase von historischen Negativzinsen, in denen die Anleger geradezu in Grund und Boden getrieben wurden, darauf abzuzielen, die künstlich in die Höhe getriebenen Immobilienpreise zu nutzen, um den Kassen der Länder auf Hinaus hohe Einnahmen zu sichern.

DWN
Finanzen
Finanzen Unser neues Magazin ist da: Kapital und Kontrolle – wem gehört Deutschland?
19.07.2025

Deutschland ist reich – doch nicht alle profitieren. Kapital, Einfluss und Eigentum konzentrieren sich zunehmend. Wer bestimmt wirklich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung: Wann Verspätungszuschläge unzulässig sind
19.07.2025

Viele Steuerzahler ärgern sich über Verspätungszuschläge, wenn sie ihre Steuererklärung zu spät abgeben. Doch nicht immer ist die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...