Finanzen

Schwelende Euro-Krise: Kapitalflucht aus Südeuropa?

Die Verbindlichkeiten südeuropäischer Staaten gegenüber dem gesamten Eurosystem sind im August weiter angestiegen. Hauptzielland der Kapitalströme und größter Gläubiger ist Deutschland.
06.10.2016 01:55
Lesezeit: 1 min

Im August haben sich die Verbindlichkeiten südeuropäischer Länder gegenüber dem gesamten Eurosystem verstärkt, wie aus den aktuellen Target-Salden der Europäischen Zentralbank hervorgeht. Die Target-Salden bilden Kapitalströme und Forderungen sowie Verbindlichkeiten zwischen den einzelnen Zentralbanken der Eurozone ab.

Das Target 2-Saldo Italiens fiel im August auf minus 326 Milliarden Euro, im Juli waren es noch minus 292 Milliarden Euro. Der spanische Saldo belief sich auf minus 313 Milliarden Euro – ebenfalls ein deutlicher Anstieg gegenüber Juli, als noch minus 293 Milliarden Euro verzeichnet worden waren.

Der mit Abstand größte Gläubiger ist Deutschland, dessen Saldo zwischen Juli und August von 660 Milliarden Euro auf 667 Milliarden Euro gestiegen ist. Auch die Niederlande, Finnland und Luxemburg verzeichnen einen positiven Saldo.

Die negativen Salden der südeuropäischen Länder kommen zustande, indem beispielsweise Spanien Produkte aus Deutschland einführt, im Gegenzug aber Waren in geringerem Wert nach Deutschland ausführt. In diesem Fall kommt es zu einem Forderungsüberhang deutscher Banken gegenüber spanischen Banken, welche sich in der Target-Statistik der EZB niederschlägt.

Der spanische Finanz-Thinktank AFI weist jedoch darauf hin, dass die negativen Salden Spaniens und anderer südeuropäischer Länder vor allem auf die langfristigen Refinanzierungsoperationen im Eurosystem (TLTROs) sowie auf Käufe von Staatsanleihen durch die jeweiligen Zentralbanken zurückzuführen sind. Diese beiden Faktoren hätten zu den hohen Verbindlichkeiten der Zentralbanken gegenüber der EZB maßgeblich beigetragen, haben mit dem Verhalten privater Investoren jedoch nichts zu tun und können deswegen auch nicht als Anzeichen einer Kapitalflucht gedeutet werden.

Bei den langfristigen TLTROs können Geschäftsbanken bei der EZB Kredite bis zu vier Jahren Laufzeit zum jeweiligen aktuellen Leitzins der Eurozone – derzeit null Prozent – aufnehmen. Dafür muss sich ihre Kreditvergabe an die Realwirtschaft in einem bestimmten Zeitraum besser entwickeln als in der Vergangenheit. Es reicht aus, wenn sich der Rückgang der Kreditvergabe einer Bank verringert. Auch der Ankauf von Staatsanleihen durch die Zentralbanken der jeweiligen Länder führt dazu, dass sich die Verpflichtungen gegenüber dem Eurosystem erhöhen, was die Target2-Salden in den negativen Bereich drückt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama 100 Jahre Rolltreppe: Aufstieg in 30 Sekunden
13.07.2025

Die Rolltreppe ist allgegenwärtig – und doch übersehen wir oft ihre faszinierende Geschichte. Seit 100 Jahren bewegt sie Menschen durch...

DWN
Technologie
Technologie The bright, bright future ahead (AI): Bringt künstliche Intelligenz uns eine bessere Zukunft?
13.07.2025

Es geht Schlag auf Schlag. Bald, so hört man, haben wir die AGI (artificial general intelligence) und danach kommt die Superintelligence....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Geschäftsideen schützen: Mehr Umsatz für Unternehmen mit Patenten und Marken
13.07.2025

Mehr als 50-Prozent mehr Umsatz für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationen schützen – warum cleverer Schutz der...

DWN
Politik
Politik Patient Pflegeversicherung: Es fehlen Milliarden in den Kassen
13.07.2025

Immer mehr Pflegebedürftige in Deutschland – und die Finanzierungslücke wächst. Der Bundesrechnungshof warnt und spricht von über 12...

DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kaffeepause statt Burn-out: Warum Müßiggang die beste Investition ist
12.07.2025

Wer glaubt, dass mehr Tempo automatisch mehr Erfolg bringt, steuert sein Unternehmen direkt in den Abgrund. Überdrehte Chefs,...