Politik

Russland und Syrien drängen Söldner in Aleppo in die Defensive

Die vom Westen und den Golf-Staaten unterstützten Söldner geraten in Aleppo in erhebliche Bedrängnis. Saudi-Arabien, engster Verbündeter Deutschlands in der Region, will jedoch aus Syrien ein zweites Afghanistan machen.
09.10.2016 14:54
Lesezeit: 3 min

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Die syrische Nachrichtenagentur Sana und al-Masdar News melden den Vorstoß der syrischen Armee in weitere Viertel im Osten Aleppos. Der Osten war von islamistischen und internationalen Söldnern überfallen worden. Seit Wochen versucht die syrische Regierung mit Unterstützung Russlands, die Söldner aus der Stadt zu vertrieben. Die Operation ist kompliziert, weil die die Islamisten anführende al-Nusra-Front Zivilisten als menschliche Schutzschilde einsetzt und selbst in einem verzweigten Tunnelsystem Schutz sucht.

Trotzdem ist die Befreiung Aleppos nur noch eine Frage der Zeit. Jene, die die al-Nusra-Front unterstützen, sprechen vom "Fall Aleppos", wie Reuters eine entsprechende Meldung übertitelt: "Aleppo wird langsam fallen, vielleicht in einem Jahr", sagt der ehemalige US-Botschafter in Syrien, Robert Ford, der heute am Nahost-Institut in Washington arbeitet. "Aleppo ist nicht der Wendepunkt, noch nicht."

Ein "Fall Aleppos" wäre für die Rebellen allerdings verheerend, weil es für ihren Nachschub wichtig ist, sagt Rolf Holmboe. Der ehemalige dänische Botschafter im Libanon, in Syrien und Jordanien ist heute am kanadischen Global Affairs Institute beschäftigt. "Die Rebellen werden in Enklaven isoliert sein. Ohne Schwierigkeiten wird dann das Regime eine nach der anderen einnehmen." Assad werde alle großen Städte kontrollieren und "in der Lage sein, eine Friedenslösung nach seinem Wunsch zu diktieren".

Dänische Kampfjets waren nach Aussage am irrtümlichen Luftschlag gegen die syrische Armee beteiligt, bestätigte das Pentagon vor einigen Tagen. Der Luftschlag hatte dem IS eine Gegenoffensive ermöglicht.

"Vielleicht wird es fünf Jahre dauern, vielleicht zehn - aber Assad wird der Herrscher über ein zersplittertes Land sein", sagt Ford der Agentur Reuters.

Der Grund für die Fortsetzung des Krieges ist nicht die angebliche Mordlust der syrischen Regierung. Reuters liefert in einem Gespräch mit einem arabischen Journalisten die Erkenntnis, dass der Überfall auf Syrien Teil einer langfristigen Strategie der Golf-Staaten ist: Sarkis Naoum verweist auf die Golfstaaten, die hinter den Söldnern stehen und in den nächsten Jahren verhindern werden, dass sich der Krieg zu Assads Gunsten wendet. "Für die Golfstaaten ist das der Krieg des Jahrhunderts. Sie sind bereit für ein zweites Afghanistan." Dort tobte in den 1980er Jahren ein Krieg zwischen der Regierung und den Mudschaheddin. Während die Sowjetunion die Regierungstruppen unterstützte, half Saudi-Arabien den islamistischen Rebellen mit Waffen. Obwohl die afghanische Armee weit überlegen war und sämtliche großen Städte kontrollierte, konnte sie den Widerstand der Mudschaheddin nicht brechen. Die Sowjetunion zog sich schließlich zurück.

Holmboe sagte Reuters, es werde für die Türkei und den Westen sehr schwierig werden, die internationalen und islamistischen Söldner in Aleppo zu versorgen. "Vorausgesetzt sie wollen das überhaupt." Wie groß die Bereitschaft der Söldner im Kampf gegen Assad überhaupt noch ist, ist fraglich. Reuters vermutte, dass die "die Präsenz der Rebellen-Unterstützer" schwanke.

Interessant: Wie in Afghanistan unterstützt Russland die legitime Regierung, während die Kampfhandlungen aller Söldner-Truppen eindeutig gegen das Völkerrecht verstoßen.

Der Kampf gegen Syrien ist Teil eines größeren Plans: So führen die Golfstaaten, die die syrischen Rebellen finanziell und mit Waffen unterstützen, zugleich einen klar völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Huthi-Rebellen im Jemen. Der Iran unterstützt die Huthi. Jordanien hat laut Ford eine Versorgungsroute für die südliche Front der Söldner-Miliz "Freie Syrische Armee" gekappt. Die türkischen Truppen konzentrieren ihre Kräfte nicht mehr länger auf Aleppo, sondern versuchen, die Kurdenmilizen aus dem syrischen Dscharablus zu vertreiben. Und auch die USA scheinen unter der endenden Präsidentschaft von Barack Obama vor allem ein Ziel zu haben: Den IS aus seinen Hochburgen Rakka in Syrien und Mossul im Irak zu vertreiben.

Erst am Samstag haben sich die Saudis in Jemen zu Wort gemeldet: Nach Angaben der UN hat von ihnen geführte Koalition im Jemen eine Trauerfeier für Ali al-Rawschan, der Vater des aktuellen Innenministers, bombardiert. Bei dem Angriff in der Hauptstadt Sanaa starben 140 Menschen. Mindestens 525 weitere Personen wurden verletzt, berichtet der Guardian.

Zuletzt hat die US-Regierung offen darüber diskutiert, einen Angriff gegen Syrien zu starten - was jedoch unter Obama nicht möglich ist, weil sich der Präsident zum Ende seiner Amtszeit gegen die Söldner-Kriege ausgesprochen hat.

Russland hat laut TASS in vier weiteren Siedlungen einen Waffenstillstand mit den dort kämpfenden Söldnern geschlossen. Die TASS meldet, dass Russland auch mit einzelnen Söldner-Truppen in Aleppo über einen Abzug verhandelt. Einen Abzug unter dem Geleit der UN haben die Söldner abgelehnt.

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