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13.10.2016 14:15
Thailands König Bhumibol Adulyadej ist tot. Der dienstälteste Monarch der Welt starb am Donnerstag in der Hauptstadt Bangkok. Sein Tod könnte das Land in den Grundfesten erschüttern.

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Thailands König Bhumibol Adulyadej ist tot. Nach Angaben des Palastes starb der 88-Jährige am Donnerstag im Siriraj-Krankenhaus in Bangkok, wie AFP berichtet. Das Land hatte bereits seit Tagen um den schwer kranken Monarchen gebangt. Seit Tagen beteten täglich hunderte Thailänder vor dem behandelnden Krankenhaus in Bangkok. Das Parlament berief für Donnerstagabend eine Sondersitzung ein.

Bhumibol war seit fast einem Jahr nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen worden. Im Juni hatte er sich einer Herzoperation unterziehen müssen. Am Sonntag hatte der Palast erklärt, der Gesundheitszustand des Königs sei „instabil“ - verbunden mit dem Hinweis, die Ärzte rieten davon ab, dass er weiter seinen Amtspflichten nachkomme. Zuletzt war er nach Angaben vom Mittwoch an ein Atemgerät angeschlossen und bekam eine Nierenersatztherapie.

In Thailand wurde der König mit nahezu religiöser Hingabe verehrt. Bhumibol war der dienstälteste Monarch der Welt, er wurde 1946 zum König ausgerufen und wurde im Mai 1950 offiziell gekrönt.

Die dpa schreibt in einem Portrait über den König:

Mehr als 70 Jahre war König Bhumibol über alle Krisen, Militärputsche und politischen Gräben hinweg die einende Kraft Thailands. Eine Ära, die vier Generationen prägte, ist zu Ende.

König Bhumibol Adulyadej, seit Jahren schwerkrank, war in Thailand schon lange nicht mehr öffentlich aufgetreten. Trotzdem war er allgegenwärtig: Riesige Poster mit seinem Konterfei hängen am Flughafen, auf meterhohen Fotos blickt er von Wolkenkratzerwänden ernst auf das Volk hinab, in Einkaufszentren und an Straßenecken stehen Tausende altarähnliche Podeste mit seinem Konterfei.

Am Donnerstag ist Bhumibol im Alter von 88 Jahren gestorben. Er war seit gut 70 Jahren auf dem Thron und damit der am längsten amtierende Monarch der Welt. Kaum ein Thailänder hat einen anderen König auf dem Thron erlebt. Sein Tod könnte das Land in den Grundfesten erschüttern.

Bhumibol war weit mehr als ein König nach modernem europäischem Vorbild. Thailands Monarchen haben zwar seit der Abschaffung der absoluten Monarchie 1932 auf dem Papier keine politische Macht mehr. Aber Generationen von Kindern haben ihm in der Schule täglich die Treue geschworen. Jede Veranstaltung, jeder Kinofilm startete mit der Königshymne, bei der das Publikum aufsteht und ihm Respekt zu erweisen hatte. Bhumibol war in Zeiten der oft wackligen Demokratie ein Garant für Kontinuität und eine moralische Instanz.

Nun wird das Land aber seit mehr als zehn Jahren von tiefen politischen Spannungen mit blutigen Straßenschlachten erschüttert. Zweimal putschte das Militär, zuletzt im Mai 2014. Respekt für den König und die Unterdrückung der Meinungs- und Pressefreiheit, unter anderem durch das drakonische Gesetz gegen Majestätsbeleidigung, haben das Volk in Zaum gehalten. Fraglich ist aber, inwieweit die Verehrung auf seinen Sohn übergeht. Der 64-jährige Thronfolger Maha Vajiralongkorn mit sieben Kindern aus drei Ehen ist geschieden und wird längst nicht so verehrt wie sein Vater.

Staatskrisen, Militärputsche, politische Grabenkämpfe: Bhumibol war jahrelang zur Stelle, um das Land zu einen, sei es, in dem er hinter den Kulissen die Strippen zog oder Streithähne öffentlich zur Ordnung rief. Stets kehrte Ruhe ein, wenn der in den USA und Europa aufgewachsene Monarch seinen Willen kundgetan hatte. Die 70 Millionen Thailänder verehrten ihn wie einen Gottvater, als «Seele der Nation».

Nach dem 60. Thronjubiläum wurde es aber still um ihn. Jahrelang siechte er im Krankenhaus mit Herz- und anderen Gesundheitsproblemen. Er zeigte sich nur noch selten in der Öffentlichkeit, meist ernst und hölzern. «Der König lacht nie», so heißt die schonungslose Biografie eines ehemaligen Reporters in Bangkok, Paul Handley aus dem Jahr 2006. Sie ist in Thailand verboten. Ein drakonisches Gesetz gegen Majestätsbeleidigung schützt den König, seine Frau Sirikit und den Thronfolger vor jeder Kritik.

Bhumibol Aduljadej wurde am 5. Dezember 1927 in den USA geboren. Er wuchs unter anderem in Lausanne in der Schweiz auf. Er war der Neffe des Königs und für den Thron gar nicht vorgesehen. Doch sein Vater starb früh, der König dankte kinderlos ab, und sein älterer Bruder wurde mit 20 Jahren plötzlich erschossen in Bangkok m Palast gefunden. Bhumibol bestieg den Thron 1946.

Er setzte zunächst seine Studien in der Schweiz fort. Bei einem Autounfall verlor er ein Auge. 1950 heiratete er die noch nicht ganz 18-jährige Sirikit, eine Tochter aus gutem Hause. Sirikit brachte vier Kinder zur Welt. Das Königspaar wurde zur festen Größe im europäischen Adels-Jetset, beide waren Stammgäste auf royalen Partys. Der König sprach Englisch und Französisch, war begeisterter Fotograf und spielte leidenschaftlich Saxofon.

Zurück in Thailand wandelte er sich zum engagierten Landesvater. Landauf, landab startete er Initiativen, um das Los der armen Bauern zu verbessern. Er probierte und forschte und erhielt zahlreiche Patente, zum Beispiel auf ein Verfahren, um Wolken zum Regnen zu bringen. Zwei Dutzend Regierungen kamen und gingen, 20 mal putschte das Militär - Bhumibol stand als staatstragendes Symbol über allem.

Die Krone ist auch steinreich, mit riesigem Landbesitz im ganzen Land. Das Vermögen des Königs wurde auf 30 Milliarden US-Dollar geschätzt. Bhumibol bestieg den Thron der Chakri-Dynastie als Rama IX (der Neunte). Eine alte Weissagung sagt, die Chakri-Dynastie bringe nur neun Monarchen hervor.


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