Die dpa berichtet, dass der Bundestag im Zusammenhang mit Wikileaks wohl nicht von Russland, sondern von einem eigenen Mitarbeiter geschädigt wurde. Die Erkenntnis wäre peinlich für viele Kalte Krieger, die in den vergangenen Wochen Russland die Verantwortung zugeschoben hatten - ohne Beweise:
Als die Enthüllungsplattform Wikileaks Tausende geheime Dokumente aus dem NSA-Untersuchungsausschuss veröffentlichte, dachten viele zunächst an Hacker, eventuell sogar aus Russland. Nun aber suchen die Behörden im Bundestag selbst nach der undichten Stelle.
Berlin (dpa) - Nach der Veröffentlichung vertraulicher Akten aus dem NSA-Untersuchungsausschuss sucht die Bundestagspolizei den Täter einem «Spiegel»-Bericht zufolge im Parlament. Ermittelt werde «wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht», bestätigte ein Bundestagssprecher dem Magazin. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) habe die Ermittlungen gegen unbekannt genehmigt. Der Deutsche Bundestag ist ein eigener Polizeibezirk.
Dem Bericht nach sind Sicherheitsbehörden des Bundes überzeugt, dass nicht Hacker die Anfang Dezember von der Internetplattform Wikileaks veröffentlichten 2420 Dokumente entwendet haben. Erst recht gebe es keinen Hinweis darauf, dass das Material 2015 beim Cyberangriff auf den Bundestag gestohlen wurde, heiße es in Sicherheitskreisen.
Der «Spiegel» verwies darauf, dass das Wikileaks-Material 90 Gigabyte umfasse, aus den infiltrierten Bundestagsrechnern aber nur rund 16 Gigabyte an Daten gestohlen worden seien. Von der Cyberattacke sei dem Anschein nach auch kein Bundestagsabgeordneter oder Mitarbeiter aus dem Umfeld des NSA-Untersuchungsausschusses betroffen gewesen.
Die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» hatte vor einer Woche noch einen hohen Sicherheitsbeamten mit den Worten zitiert, es gebe eine «hohe Plausibilität» dafür, dass die von Wikileaks veröffentlichten Geheimakten beim Cyberangriff auf den Bundestag erbeutet wurden. Für den Angriff machen Sicherheitskreise russische Hacker verantwortlich. Auch der Ausschuss-Vorsitzende Patrick Sensburg (CDU) hatte unmittelbar nach der Veröffentlichung der Unterlagen einen ausländischen Hackerangriff nicht ausgeschlossen.
Laut Wikileaks stammen die rund 2400 Dokumente aus verschiedenen Bundesbehörden wie dem Bundesnachrichtendienst und den Bundesämtern für Verfassungsschutz und Sicherheit in der Informationstechnik. Unter den Dokumenten soll es demnach Beweise geben, die die Zusammenarbeit zwischen der amerikanischen National Security Agency (NSA) und dem BND belegen.
Der Ausschuss befasst sich seit April 2014 mit der scheinbar allumfassenden Datenspionage der Geheimdienste, vor allem der NSA. Zahlreiche Unterlagen sind als vertraulich eingestuft. Oft tagt der Ausschuss unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Denn es geht auch um die Zusammenarbeit der Geheimdienste bei der Terrorabwehr oder um die dem zugrundeliegenden, ebenfalls vertraulichen Vereinbarungen zwischen Regierungen. Im Fokus steht auch die Arbeit des Bundesnachrichtendienstes.