Politik

USA verschärfen Gangart: Erste Unruhen gegen Regierung im Iran

Lesezeit: 4 min
20.02.2017 23:59
Im Iran ist es zu ersten Unruhen gegen die Regierung gekommen. Der Anlass ist ein offenbar auf Sabotage zurückzuführender Ausfall der Strom- und Wasserversorgung. Die USA und die arabischen Verbündeten haben den Iran nach der Wahl der Regierung Trump ins Visier genommen.

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Die USA wollen eine breite Allianz gegen den Iran mobilisieren, um die Gangart zu verschärfen. Die ersten Gespräche haben dazu stattgefunden. Die Allianz soll von Israel bis Saudi-Arabien reichen. Vor allem die Saudis sind begeistert: Sie waren auf Barack Obama schlecht zu sprechen, weil dieser den Atom-Deal mit dem Iran geschlossen hatte und außerdem der Kongress die Möglichkeit eröffnet hatte, dass die Saudis wegen 9/11 in den USA vor Gericht gebracht werden könnten. Nun preisen die Saudis die neue US-Regierung in den höchsten Tönen.  Auch die Türkei will sich stärker gegen den Iran positionieren.

Allerdings ist nicht klar, ob nicht in den Finanzkreisen schon seit längerem klar ist, dass die USA sind stärker mit den Saudis verbünden könnten: Trotz verheerender Wirtschaftsdaten fanden Saudi-Bonds vor einigen Monaten reißenden Absatz. Das war noch vor der Wahl. Es ist denkbar, dass einige Investoren hier einen guter Riecher hatten. Mittlerweile sitzen zahlreiche Goldman-Banker in der US-Regierung.

Der Iran ist für die republikanische Regierung in Washington der Hauptfeind. Das hat Präsident Donald Trump von allem Anfang erklärt. So waren auch Staatsangehörige des Iran vom Einreisestopp betroffen, der Iran wollen seinerseits mit einem Einreisestopp für US-Bürger kontern - das sind klassische Kriegsvorbereitungen.

Die Fokussierung der neuen US-Regierung auf den Iran kommt zu einem für das Kand gefährlichen Zeitpunkt: In der vergangenen Woche sind in der Hauptstadt der iranischen Region Khusestan, Ahwaz, die an den Süden des Iraks grenzt, Unruhen ausgebrochen. Es gab massive Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Auslöser der Zusammenstöße soll ein Ausfall bei der Strom- und Wasserversorgung in der Region Ahwaz gewesen sein. Die türkische Zeitung Sabah berichtet, dass bei den Auseinandersetzungen bisher ein Demonstrant ums Leben gekommen sein soll.

In den sozialen Medien riefen „Aktivisten“ unter dem Motto „Auf die Straße für die Revolution in Ahwaz“ die Menschen dazu auf, sich den Demonstrationen anzuschließen. Die Provinz Khusestan liefert 35 Prozent der Strom- und Wasserversorgung des Iran. Zudem befinden sich 80 Prozent aller Öl- und Gasressourcen in dieser Region, so Sabah. Wer hinter den Protesten steckt ist unklar. Sie scheinen allerdings relativ gut organisiert zu sein, wie man an den identisch gestalteten Spruchtafeln erkennen kann, die auf einem Video von Radio Free Europe zu sehen sind (am Anfang des Artikels).

Die New York Times berichtet, dass Ahwaz mehrheitlich von Arabern bewohnt wird. Die Arbeitslosenquote soll besonders hoch sein. Der Iran erhofft sich seit der Aufhebung der Sanktionen ausländische Investitionen, um die Stadt Ahwaz aufzubauen. Die angekurbelte Öl- und Gasproduktion habe zu einer massiven Umweltverschmutzung geführt, womit die Einwohner unzufrieden seien.

Die türkische regierungsnahe Zeitung Yeni Safak titelt „ Iran erlebt Anti-Regime-Proteste“. Teheran habe die Revolutionsgarden ausgesendet, um die Proteste zu unterdrücken, so das Blatt.

Der iranische Präsident Hassan Rouhani hat am Montag eine Krisensitzung einberufen, so die Stargazete. Das Internet in der Stadt Ahwaz wurde abgestellt.

Das israelische Militärportal DEBKAfile bestätigt, dass Teheran die Revolutionsgarden aus Zentral-Iran in die Stadt Falahiyah im Süden von Ahwaz entsendet hat. Das Portal die angebliche Hauptursache für die gewaltsamen Proteste: „Heftige Ausschreitungen brachen dort aus, nachdem Sicherheitskräfte einen jungen Mann per Kopfschuss getötet hatten und das Feuer auf zwei Motorradfahrer eröffnet hatten. Die beiden Motorradfahrer hatten scheinbar versucht, einen Kontrollpunkt zu rammen. Die Randalierer setzten Polizeistationen und die Fahrzeuge von lokalen Beamten in Brand.“

In der Region ist die Ahwaz Liberation Organization (ALO), die im Jahr aus Arabern im Iran gegründet wurde, aktiv. Das Terrorism Research & Analysis Consortium (TRAC) berichtet: „Obwohl die überwiegende Mehrheit der Ahwazis Schiiten sind, sagen manche, dass sie mit den vorwiegend sunnitischen Rebellen, die den vom Iran unterstützten syrischen Präsidenten Baschar al-Assad bekämpfen, sympathisieren.“ Die ALO zielt vor allem darauf ab, Anschläge auf iranische Pipelines auszuführen.

Der Guardian berichtet, dass insbesondere Saudi-Arabien und die Golf-Staaten auf die „Unterdrückung“ der sunnitischen Araber in Ahwaz durch die Regierung in Teheran aufmerksam machen. Ahwaz wird als durch den Iran besetzte Region eingestuft.

Nach einer Analyse des Senders Al Arabiya, der seinen Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten hat, heißt die iranische Region Khusestan in ihrer Originalbeschreibung „Arabistan“. Die Menschenrechte der Araber in „Arabistan“ würden mit Füßen getreten werden. „Ihre Identität läuft Gefahr, ausgelöscht zu werden. „Die iranische Politik der ethnischen Diskriminierung in Verbindung mit ihren persischen Umsiedlungsbemühungen hat dazu geführt, dass die Ahwazi-Araber in eine wirtschaftliche und soziale Unterschicht verwandelt wurden (…)Araber und Perser haben wenig gemeinsam, und wie Sir Arnold Wilson, ein britischer Kolonialverwalter, einmal sagte: ,Arabistan ist ein Land, das sich von Persien so unterscheidet wir Spanien von Deutschland‘.“

Bereits am 15. April 2005 brachen Unruhen in Ahwaz aus. Amnesty International (AI) wörtlich: „Etwa 1000 Demonstranten sollen sich versammelt haben, um gegen den Inhalt eines Schreibens zu protestieren, über das seit dem 9. April 2005 Gerüchte kursierten. Dieses Schreiben soll 1999 von einem Berater des iranischen Staatspräsidenten verfasst worden sein und einen politischen Maßnahmenkatalog zur Reduzierung der arabischen Bevölkerung in der Provinz Khuzestan enthalten. Dies solle unter anderem mittels der Umsiedlung von Arabern in andere Regionen des Landes, der Ansiedlung nicht-arabischer Bevölkerungsteile in der Provinz und der Umbenennung arabischer durch persische Ortsnamen erreicht werden. Die Regierung, darunter auch der angebliche Verfasser des Schreibens, haben die Echtheit des Dokuments nachdrücklich dementiert.“

Im Jahr 2011 hatte es ebenfalls Unruhen in der gesamten Region Khusestan gegeben. 27 Menschen kamen dabei ums Leben. Fünf Personen, denen vorgeworfen wurde, einen Polizeibeamten getötet zu haben, wurden zum Tode verurteilt, berichtet der Guardian.

Der US-Informationsdienst Stratfor schreibt in einer Analyse über das Unruhepotenzial im Iran: „Die iranische Provinz Khuzestan, die an den Irak grenzt, ist ein weiterer Punkt der Anfälligkeit. Die Region macht etwa 80-90 Prozent des iranischen Öls aus, und es wird erwartet, dass es einen erheblichen Anteil an Investitionen für Energie-Upgrades erhält. Aber auch dort, wo die arabische Minderheit als Ahvazi bekannt ist, wurden sporadische Angriffe auf die Sicherheitskräfte und die Energieinfrastruktur eingesetzt, um die iranische Regierung zu untergraben.“

Nach Informationen des Jerusalem Center for Public Affairs (JCPA) finden im Iran seit Juni 2016 Terrorattacken durch „ethnische Oppositions-Elemente“ statt. Angriffe auf die iranische Erdölinfrastruktur in Ahwaz sollen eine Reaktion auf die fortgesetzte „Repressionspolitik des Irans gegen die arabische Minderheit in Ahwaz“ sein „Die arabisch-sunnitischen Kämpfer könnten – wenn sie an Dynamik gewinnen – ein Problem für den Iran darstellen, gerade weil der Iran versucht, nach Aufhebung der Sanktionen seine Ölexporte wieder aufzunehmen. Angriffe auf die Energieinfrastruktur für Gas und Öl könnten zu einem unsicheren und instabilen Umfeld für internationale Energieunternehmen führen“, so das JCPA.

Der Iran hat am Montag den türkischen Botschafter in Teheran wegen Vorwürfen des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu einbestellt, die Islamische Republik sei eine Gefahr für die Stabilität des Nahen Ostens. Cavusoglu hatte laut der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Sonntag auf der Münchner Sicherheitskonferenz erklärt, der schiitische Iran strebe für die Schiiten die Dominanz auch in Syrien und im Irak an. Die Türkei sei gegen jegliches Sektierertum im Nahen Osten, habe der Minister erklärt. Der Iran solle aufhören, die Stabilität und Sicherheit der Region zu gefährden.

Ein Sprecher des iranischen Außenministeriums sagte, sein Land sei sehr geduldig mit der Türkei. "Aber unsere Geduld hat auch Grenzen", sagte er der Nachrichtenagentur Mehr zufolge. Der stellvertretende türkische Ministerpräsident Numan Kurtulmus spielte den Vorfall herunter. Der Iran und die Türkei seien befreundete Nationen. Da könne es auch mal unterschiedliche Ansichten geben. "Aber wegen einiger Bemerkungen kann keine Feindschaft entstehen", sagte er vor Journalisten nach einer Kabinettssitzung. Die politischen Differenzen mit dem Iran sollten nicht künstlich aufgeblasen werden.


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