Das vom russischen Staatskonzern Gazprom vorangetriebene Pipeline-Projekt Nord Stream 2-Projekt meldet einen wichtigen Zwischenschritt: Die Nord Stream 2 AG hat mit ENGIE, OMV, Shell, Uniper und Wintershall Finanzierungsvereinbarungen für das Nord Stream 2-Pipeline-Projekt unterzeichnet.
Diese fünf europäischen Energieunternehmen haben sich verpflichtet, eine langfristige Finanzierung in Höhe von 50 Prozent der Gesamtkosten des Projekts – die derzeit auf 9,5 Milliarden Euro geschätzt werden – zu ermöglichen. Jedes der europäischen Unternehmen wird einen Anteil von bis zu 950 Millionen Euro finanzieren. Gazprom ist und bleibt alleiniger Gesellschafter der Projektgesellschaft Nord Stream 2 AG.
Das Projekt hatte im August einen Rückschlag erlitten, als die polnische Wettbewerbsbehörde Einspruch gegen den Zusammenschluss mehrerer europäischer Unternehmen mit Gazprom einlegte. Die beteiligten Unternehmen gaben daraufhin den Plan zur Schaffung des Joint Venture auf, nicht jedoch den Plan zur Bau der Pipeline.
Nord Stream 2 zur Finanzierungszusage: „Das finanzielle Engagement der europäischen Unternehmen unterstreicht die strategische Bedeutung des Nord Stream 2-Projekts für den europäischen Gasmarkt und trägt sowohl zur Wettbewerbsfähigkeit als auch zur mittel- und langfristigen Energiesicherheit vor allem vor dem Hintergrund der erwarteten rückläufigen europäischen Produktion bei.“
Die 1,220 Kilometer lange Nord Stream 2-Gaspipeline mit einer Gesamtkapazität von 55 Milliarden Kubikmetern pro Jahr wird eine direkte Verbindung zwischen den zuverlässigen russischen Gasreserven und europäischen Gasverbrauchern von der Küste Russlands über die Ostsee bis Lubmin bei Greifswald darstellen. Die Bauarbeiten werden im Jahr 2018 beginnen und bis Ende 2019 abgeschlossen sein.
Allerdings hat sich in den vergangenen Wochen der Widerstand gegen das Projekt massiert: Polen ist kategorisch dagegen. Frankreich, Italien, Griechenland und die EU wollen lieber ein Pipeline-Projekt aus Israel realisieren.
Besonders kritisch könnte die neue Haltung Dänemarks werden: Die Dänen haben vor einigen Tagen eine Gesetzesänderung beschlossen, die es der Regierung erlaubt, ein Pipeline-Projekt nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus sicherheitspolitischen Gründen abzulehnen.
Die Nord Stream 2 verläuft Unterwasser von Russland, Finnland, Schweden, Dänemark und Deutschland. Daher ist eine Genehmigung für den Bau und den Betrieb der Pipeline von jedem dieser Länder erforderlich. Schweden hat die Erlaubnis bereits erteilt, in Dänemark wurden die Bauanträge erst Anfang April eingereicht.
In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass Dänemark eine besonders harte Haltung gegen Russland einnimmt: So hat der dänische Verteidigungsminister Claus Hjort Frederiksen Russland am Montag ein "sehr aggressives" Verhalten beim Hacken von E-Mails vorgeworfen. In diesem Bereich gebe es einen "anhaltenden Krieg der russischen Seite", erklärte Frederiksen am Montag unter Bezug auf einen am Vortag veröffentlichten Bericht des Zentrums für Cyber-Sicherheit laut AFP.
In dem Bericht wird das Vorgehen der Hacker-Gruppe APT28 geschildert. Diese Gruppe soll Verbindungen zur russischen Regierung haben und wird von der US-Bundespolizei FBI bezichtigt, hinter "schädlichen Cyber-Aktivitäten" gegen US-Websites zu stecken.
Dem Bericht des dänischen Zentrums für Cyber-Sicherheit zufolge gelang es den Hackern, in den Jahren 2015 und 2016 E-Mails von Mitarbeitern des Verteidigungsministeriums zu hacken. Die Mails enthielten "keine militärischen Geheimnisse", erklärte Frederiksen. Die Vorgänge seien aber "selbstverständlich gravierend".
Wenn sich die dänische Position weiter verhärtet, könnte das Projekt Nord Stream 2 noch vor seinem Start wieder beerdigt werden. Die EU hätte dann über Dänemark die rechtliche Handhabe. Die Finanzierungszusage der Konzerne ist in diesem Kontext eher als Solidaritätsadresse an den Projektbetreiber zu verstehen. Allerdings ist nicht klar, ob das dänische Gesetz rückwirkend Anwendung finden kann und ob sich die Konzerne in diesem Fall über Investmentschutzklauseln bei den dänischen Steuerzahlern schadlos halten können.